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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Tiro ignorierten sie.
    Cicero räusperte
sich. »Caecilia, heute ist ein wirklich heißer Tag.
Wenn wir uns jetzt lange genug mit der bedauernswerten Verletzung
deines Heiligtums beschäftigt haben, könnten wir
vielleicht zu irdischeren Angelegenheiten kommen.«
    »Aber
natürlich, Cicero. Du bist wegen des armen Sextus
hier.«
    »Ja. Gordianus
kann uns vielleicht bei der Klärung der Tatumstände
behilflich sein, während ich die Verteidigung
vorbereite.«
    »Die
Verteidigung. O ja. Oje. Vermutlich stehen sie immer noch
draußen, oder nicht, diese schrecklichen Wachen. Ihr
müßt sie doch bemerkt haben.«
    »Ich
fürchte, ja.«
    »Es ist mir ja
so peinlich. Am Tag ihrer Ankunft habe ich ihnen geradeheraus
erklärt, daß ich das nicht hinnehmen würde. Aber
das hat natürlich nichts genützt. Anordnung des Gerichts,
so sagen sie. Wenn Sextus Roscius sich hier aufhalten würde,
müsse er unter Hausarrest gestellt werden, mit Soldaten vor
jeder Tür, Tag und Nacht. >Arrest?< sagte ich. >Wie
im Gefängnis, wie ein gefangener Soldat oder ein entflohener
Sklave? Ich kenne das römische Recht ziemlich gut, und es gibt
kein Gesetz, das es erlauben würde, einen römischen
Bürger in seinem eigenen Haus oder in dem seiner Patronin
festzuhalten.< So ist es schon immer gewesen: Ein Bürger,
der eines Verbrechens angeklagt ist, hat stets die Möglichkeit
zur Flucht gehabt, wenn er sich dem Prozeß nicht stellen
wollte und bereit war, seinen Besitz
zurückzulassen.
    Also haben sie einen
Delegierten des Gerichts zu mir geschickt, der mir alles ganz
elegant erklären konnte - aus deinem Mund hätte es nicht
geschliffener klingen können, Cicero. >Sie haben
völlig recht< sagt er, >außer in bestimmten
Fällen. Bei Kapitalverbrechens Und was sollte das
heißen, wollte ich wissen. >Kapital<, sagte er, >wie
in capito, das Haupt - also sämtliche Verbrechen, auf die
Enthauptung oder die Entfernung anderer lebenswichtiger Organe mit
Todesfolge als Höchststrafe steht. <«
    Caecilia Metella
lehnte sich zurück und fächerte sich Luft zu. Rufus
beugte sich vor und legte seine Hand sanft auf ihren
Arm.
    »Da ist mir erst
klar geworden, wie schrecklich das Ganze ist. Der arme junge
Sextus, der einzig überlebende Sohn meines lieben Freundes,
der nach dem Verlust seines Vaters jetzt auch noch Gefahr
läuft, seinen Kopf zu verlieren. Und schlimmer noch! Dieser
kleine Beamte, diese Person, dieser Delegierte erklärt mir in
allen Einzelheiten, was das Wort kapital bedeutet, wenn man des
Vatermordes für schuldig befunden wird. Oh! Ich hätte es
nie geglaubt, wenn du mir es nicht persönlich bestätigt
hättest, Cicero, Wort für Wort. Einfach zu schrecklich,
zu schrecklich, um es auszusprechen!«
    Caecilia wedelte sich
wie wild Luft zu. Ihre Augenlider, schwer von ägyptischem
Antimon, flatterten wie Mottenflügel. Sie schien kurz vor
einer Ohnmacht zu stehen.
    Rufus griff nach einem
Becher Wasser. Sie winkte ab. »Ich gebe nicht vor, diesen
jungen Mann zu kennen; es war sein Vater, den ich als sehr, sehr
guten Freund liebte und verehrte. Aber er ist der Sohn von Sextus
Roscius, und ich habe ihm in meinem Haus Zuflucht gewährt. Und
die Prozedur, die dieser Mann, dieser Delegierte, diese
abscheuliche Person mir beschrieben hat, sollte nur den
erbärmlichsten, übelsten und niedrigsten Mördern
widerfahren.«
    Sie klimperte mit den
Wimpern und streckte dann aufs Geratewohl den Arm aus. Rufus
tastete einen Moment hektisch umher, bis er einen Becher fand und
in ihre Hand drückte. Sie nahm einen Schluck und gab ihm den
Becher zurück.
    »Also habe ich
diese Kreatur, diesen Delegierten meines Erachtens höflich
gefragt, ob es zuviel Mühe bereiten würde, diese Soldaten
zumindest in einem gewissen Abstand von meinem Haus zu postieren,
anstatt sie direkt neben der Tür herumlungern zu lassen. Es
ist demütigend! Ich weiß doch, wie gern meine Nachbarn
klatschen. Jeden Morgen kommen Klienten und andere Schützlinge
an meine Pforte, um kleine Gefälligkeiten zu erbitten - und
die Soldaten schrecken sie ab. Meine Nichten und Neffen haben schon
Angst herzukommen. Oh, diese Soldaten haben gelernt, ihren Mund zu
halten, aber ihr solltet sehen, wie sie die jungen Mädchen
anstieren! Kannst du nicht etwas dagegen unternehmen,
Rufus?«
    »Ich?«
    »Natürlich
du. Du mußt doch einen gewissen Einfluß haben... bei
Sulla. Sulla hat die Gerichtshöfe eingerichtet. Und er ist mit
deiner Schwester Valeria verheiratet.«
    »Ja, aber das
heißt nicht...« Rufus

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