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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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lief tiefrot an.
    »Na, komm
schon.« Caecilias Stimme nahm einen verschwörerischen
Klang an. »Du bist doch ein recht gutaussehender Junge,
allemal so schön wie Valeria. Und wir wissen doch, daß
Sulla auf beiden Ufern des Flusses grast.«
    »Caecilia!« Ciceros
Augen flammten wütend auf, aber seine Stimme blieb
fest.
    »Ich will ja gar
nichts Unschickliches vorschlagen. Nur ein bißchen Charme,
Cicero. Eine Geste, ein Blick. Natürlich soll Rufus nicht
wirklich etwas machen. Ich meine, Sulla ist alt genug, um sein
Großvater zu sein. Noch ein Grund mehr, warum er sich zu
einer kleinen Gefälligkeit für einen so bezaubernden
Jungen herablassen
könnte.«      
    »Sulla findet
mich nicht bezaubernd«, sagte Rufus.
    »Und warum
nicht? Er hat doch Valeria wegen ihres Aussehens geheiratet, oder
nicht? Und du siehst ihr so ähnlich, daß du ihr Bruder
sein könntest.«
    Man hörte ein
seltsam prustendes Geräusch. Es war der hinter dem Stuhl
seines Herrn stehende Tiro, der die Lippen aufeinanderpreßte,
um ein Lachen zu unterdrücken. Cicero überdeckte es mit
einem lauten Räuspern.
    »Wenn wir
vielleicht auf einen Punkt zurückkommen könnten, der vor
einer Weile erwähnt wurde«, sagte ich. Drei Augenpaare
wanderten zu mir. Cicero sah erleichtert aus, Tiro aufmerksam und
Caecilia verwirrt. Rufus starrte auf den Boden und war noch immer
knallrot.
    »Du sprachst von
der Strafe, die auf das Verbrechen des Vatermordes steht. Damit
kenne ich mich nicht aus. Vielleicht könntest du mir das noch
einmal erläutern, Cicero.«
    Die Stimmung wurde
plötzlich düster, als ob eine Wolke die Sonne verdunkelt
hätte. Caecilia wandte sich ab und versteckte sich hinter
ihrem Fächer. Rufus wechselte unbehagliche Blicke mit
Tiro.
    Cicero füllte
seinen Becher und trank einen großen Schluck Wasser.
»Kein Wunder, daß dir das Thema unvertraut ist,
Gordianus. Vatermord ist unter Römern ein sehr seltenes
Verbrechen. Die letzte Verurteilung datiert aus der Zeit, als mein
Großvater noch ein junger Mann war.
    Traditionell wird die
Todesstrafe durch Enthauptung exekutiert, für einen Sklaven
durch Kreuzigung. Im Fall eines Vatermords jedoch kennt das Gesetz
eine uralte und sehr strenge Strafe, die vor Jahrhunderten nicht
von Juristen, sondern von Priestern festgeschrieben worden ist, um
den Zorn des Vaters Jupiter gegen jeden Sohn auszudrücken, der
es wagen sollte, den Träger des nämlichen Samens
niederzustrecken, der ihn erschaffen hat.«
    »Bitte,
Cicero.« Caecilia linste über ihren Fächer und
ließ ihre bemalten Lider klimpern. »Es einmal zu
hören reicht völlig. Es verursacht mir
Alpträume.«
    »Aber Gordianus
sollte es erfahren. Zu wissen, daß es um das Leben eines
Menschen geht, ist eine Sache; aber zu wissen, wie er sterben wird,
wieder eine ganz andere. Das Gesetz schreibt folgendes vor: Der
verurteilte Vatermörder ist direkt im Anschluß an seine
Verurteilung auf das Marsfeld außerhalb der Stadtmauern
unweit des Tibers zu führen. Die Bevölkerung soll mit
Fanfaren und Zimbelklängen aufgefordert werden, Zeuge der
Hinrichtung zu sein.
    Wenn das Volk
versammelt ist, soll der Vatermörder nackt ausgezogen werden
wie am Tag seiner Geburt. Zwei kniehohe Podeste sollen in einigem
Abstand voneinander aufgestellt werden. Der Vatermörder soll
jedes mit einem Fuß betreten und sich, die Flände hinter
dem Rücken mit Ketten gefesselt, hinhocken. Auf diese Weise
ist jede Stelle seines Körpers den Henkersknechten
zugänglich, die, so schreibt es das Gesetz vor, den Täter
mit geknoteten Peitschen zu schlagen haben, bis das Blut wie Wasser
aus seinem Körper rinnt. Wenn der Delinquent von seinem Sitz
fällt, muß er ihn wieder besteigen. Die Peitschen sollen
ihn an jeder Stelle seines Körpers treffen, selbst unter
seinen Füßen und am Unterleib zwischen den Beinen. Das
Blut, das von seinem Körper tropft, ist dasselbe Blut, das in
den Adern seines Vaters rann und ihm sein Leben geschenkt hat.
Während er es aus seinen eigenen Wunden quellen sieht, kann er
über die Verschwendung nachdenken.« 
    Cicero blickte
unbestimmt in die Ferne, während er sprach. Caecilia starrte
ihn an, die Augen hinter ihrem Fächer konzentriert
zusammengekniffen.
    »Ein Sack ist
vorzubereiten, groß genug, einen Menschen aufzunehmen, aus
Fellen und so dicht genäht, daß er wasser-und luftdicht
ist. Wenn die Auspeitscher ihr Werk vollendet haben - das
heißt, wenn der Vatermörder von oben bis unten mit Blut
bedeckt ist, daß man nicht

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