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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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lebendigen Leibes in den Tiber
geworfen zu werden.
    Irgendwann war das
Wiegenlied zu Ende und ging in ein anderes Lied über, das ich
schon oft gehört hatte, ohne die Worte je verstanden zu haben.
Es war eines der Lieder, die Bethesda sang, um mich zu erregen, und
während sie sang, spürte ich an den Bewegungen ihres
Körpers, daß sie ihr Gewand abgelegt hatte, und ich roch
den starken Moschusduft ihrer nackten Haut. Sie erhob sich, stieg
über mich und legte sich dann eng neben mich auf das Sofa. Sie
schob meine Tunika bis zu den Hüften hoch, genau wie die
Tochter von Sextus Roscius es bei Tiro getan hatte. Ich hielt meine
Augen die ganze Zeit geschlossen, selbst als sie sich nach unten
beugte und mich in den Mund nahm, selbst als ich sie wieder nach
oben zog, auf sie rollte und in sie drang. Ich umarmte Bethesdas
Körper, aber hinter meinen geschlossenen Augen sah ich das
Mädchen, das nackt und vom Samen eines Sklaven besudelt vor
mir stand.
    Wir blieben lange Zeit
regungslos liegen, die Körper von Hitze und Schweiß
vereint, als ob unser Fleisch schmelzen und ineinanderfließen
könnte. Bast, die irgendwann geflohen war, kehrte zurück
und bettete sich schnurrend auf unsere miteinander verflochtenen
Beine. Ich hörte ein Donnergrollen und glaubte, nur
geträumt zu haben, bis einige Spritzer warmen Regens, der vom
Garten hereingeweht war, auf meine Haut fielen. Die Fackel
flackerte und verlosch. Erneut donnerte es, Bethesda kuschelte sich
enger an mich und murmelte irgend etwas in ihrer Geheimsprache. Der
Regen fiel in fetten Tropfen gerade vom Himmel, platschte auf
Dachziegel und Pflastersteine, ein langer, stetiger Guß,
kräftig genug, die übelriechendsten Abflüsse und
Straßen Roms sauberzuspülen, läuternder Regen, der,
wie die Poeten und Priester beschwören, von den Göttern
gesandt wird, um Väter wie Söhne von ihren Sünden
reinzuwaschen.

9
    Am nächsten
Morgen stand ich früh auf und wusch mich in dem Brunnen im
Garten. Der ausgetrocknete Boden war vom Regen der Nacht
aufgeweicht und feucht. Dicker Tau überzog die Pflanzen. Der
Himmel glänzte matt wie eine milchige Perle mit einem Tupfer
Koralle und schimmerte wie das Innere einer Muschel. Ich
beobachtete, wie die farbige Glasur sich in Dunst auflöste und
die Farbe des Himmels unmerklich in ein richtiges Blau
überging, wolkenlos in gleißendes Licht getaucht, ein
Vorbote der heraufziehenden Hitze. Ich zog meine leichte Tunika und
meine sauberste Toga an und aß einen Happen Brot. Ich
ließ Bethesda auf dem Sofa schlafen. Sie hatte sich zum
Schutz gegen den noch immer kühlen Morgen in ihr Gewand
gewickelt, und Bast hatte sich um ihren Hals gelegt wie ein Kragen
aus schwarzem Fell.
    Schnellen Schritts
ging ich zu Ciceros Haus. Wir hatten am Abend zuvor verabredet,
daß ich auf meinem Weg zum Schauplatz des Mordes an Sextus
Roscius bei ihm vorbeischauen würde. Aber als ich bei Cicero
eintraf, ließ er mir durch Tiro mitteilen, daß er nicht
vor Mittag aufstehen würde. Er litt unter akuten
Verdauungsstörungen und machte eine Backpflaume, die er
entgegen seiner strengen Diät bei Caecilia Metella gegessen
hatte, für seine vorübergehende Unpäßlichkeit
verantwortlich. Freundlicherweise bot er mir Tiros Dienste für
den Tag an.
    Die Straße
glänzte nach dem Regenguß, und die Luft roch sauber und
wie frisch gewaschen, als wir aufbrachen. Nachdem wir den Fuß
des Kapitolinischen Hügels erreicht, die Porta Fontinalis
passiert und das Viertel des Circus Flaminius betreten hatten,
machte die Hitze des Tages bereits wieder erste Ansprüche auf
die Macht über die Stadt geltend. Die Pflastersteine begannen
zu dampfen. Die Mauern fingen an zu schwitzen und Feuchtigkeit
abzusondern. Der frische Morgen wurde langsam schwül und
stickig.
    Ich wischte mir mit
dem Saum meiner Toga die Stirn und verfluchte die Hitze. Ich warf
einen Seitenblick auf Tiro und sah, daß er lächelte und
mit einem dümmlichen Blick stur geradeaus stierte. Ich konnte
mir vorstellen, warum er so gut gelaunt war, sagte aber
nichts.
    Um den gesamten Circus
Flaminius herum spannt sich ein Netz labyrinthartiger
Straßen. In der Nähe des Circus, vor allem direkt
gegenüber dem langgezogenen Gebäude, wo der meiste
Verkehr durchkommt, wimmelt es von Geschäften, Tavernen,
Bordellen und Gasthäusern. Die Straßenzüge, die den
Rand des Viertels markieren, sind mit zwei- und dreistöckigen
Gebäuden zugebaut, von denen viele die engen Straßen
überragen und das Sonnenlicht

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