Das Lächeln des Cicero
waren verlassen worden, bis die Luft sich
wieder ein wenig abkühlte, die Straßen waren leer; ich
hätte genausogut der einzige Reisende auf der ganzen Welt sein
können. Als ich die Gegend von Narnia erreichte, begann sich
das Leben auf den Feldern wieder zu regen, und der Verkehr wurde
langsam dichter. Narnia selbst ist eine geschäftige
Marktstadt. Die Einfallstraßen werden von Grabsteinen und
Tempeln gesäumt. Im Zentrum stieß ich auf einen breiten
Platz, der im Schatten einiger Bäume lag und von kleinen
Läden und Ställen umgeben war. Der süße Duft
von Stroh und die strengen Gerüche von Ochsen, Kühen und
Schafen lagen schwer in der erhitzten
Luft.
An einer Ecke des
Platzes befand sich eine kleine Taverne. In die offene Holztür
war eine Lehmfliese eingelassen, die einen jungen Hirten zeigte,
der sich ein Lamm über die Schulter geworfen hatte; ein
Holzschild unter dem Sturz hieß den Gast in der Taverne Zum
blökenden Lamm willkommen. Das Innere des Lokals machte einen
düsteren und finsteren Eindruck, aber es war kühl. Der
einzige andere Gast war ein abgemagerter alter Mann, der an einem
Tisch in der Ecke saß und ausdruckslos ins Leere starrte. Der
Wirt war ein unglaublich fetter Etrusker mit dunkelgelben
Zähnen; er war so riesig, daß er den winzigen Raum fast
alleine füllte. Er war glücklich, mir einen Becher des
hiesigen Weins bringen zu dürfen.
»Wie weit ist es
von hier bis Ameria?« fragte ich ihn.
Er zuckte mit den
Schultern. »Wie frisch ist dein Pferd?«
Ich sah mich um und
entdeckte in einem versilberten Wasserkrug auf dem Tresen mein
Spiegelbild. Mein Gesicht war rot und
schweißüberströmt, mein Haar zerzaust und mit Staub
bedeckt. »Nicht frischer als ich.«
Er zuckte erneut mit
den Schultern. »Eine Stunde, wenn man sich beeilt.
Länger, wenn du sichergehen willst, daß deinem Pferd
nicht das Herz in der Brust zerspringt. Von woher kommst du denn
jetzt?«
»Aus Rom.«
Die Worte waren mir herausgerutscht, bevor ich sie
zurückhalten konnte. Den ganzen Tag hatte ich mich gemahnt,
die Gefahren des Landlebens im Auge zu behalten, aber wenige
Augenblicke in einer urigen Taverne hatten meine Zunge schon
gelöst.
»Aus Rom? Die
ganze Strecke an einem einzigen Tag? Da mußt du aber
früh aufgebrochen sein. Nimm noch einen Becher. Keine Sorge,
ich werde ihn mit reichlich Wasser verlängern. Rom, sagst du.
Ich habe einen Sohn in Rom oder vielmehr, ich hatte einen Sohn. Hat
in den Kriegen für Sulla gekämpft. Sollte angeblich ein
Stück Land dafür bekommen. Vielleicht hat er das ja auch.
Ich habe schon seit Monaten kein Wort mehr von ihm gehört. Die
ganze Strecke seit heute morgen? Hast du Familie in
Ameria?«
Irgendwie ist es
leichter, einem fetten als einem hageren Gesicht zu trauen. Auf
einem hageren Gesicht zeichnet sich Hinterhältigkeit ab wie
eine Narbe, während sie sich hinter plumper, einfältiger
Leere gut zu verbergen weiß. Aber Augen können nicht
lügen, und in seinen erkannte ich keine Spur von
Verschlagenheit. Mein Gastgeber war lediglich neugierig,
geschwätzig und gelangweilt.
»Nein«,
sagte ich. »Keine Familie. Geschäfte.« -
»Ah. Muß ja sehr wichtig für dich sein, wenn du
dafür einen so langen und beschwerlichen Ritt in Kauf
nimmst.«
Arglist oder nicht,
ich beschloß ihm nur soviel von der Wahrheit anzuvertrauen,
wie ich unbedingt mußte. »Mein Patron ist ein
ungeduldiger Mann«, sagte ich. »So ungeduldig wie
reich. Es gibt ein Stück Ackerland in der Gegend von Ameria,
für das er sich interessiert. Ich bin gekommen, um es für
ihn zu begutachten.«
»Ah, das
passiert ständig. Als ich noch ein kleiner Junge war, gab es
in dieser Gegend nur Kleinbauern, Einheimische, die das Land vom
Vater auf den Sohn weitervererbten. Jetzt kommen ständig
Fremde aus Rom hier hoch und kaufen alles auf. Keiner weiß
mehr, wem die Hälfte des Landes eigentlich gehört.
Jedenfalls nie deinem Nachbarn, sondern immer irgendeinem reichen
Mann in Rom, der zweimal im Jahr hochkommt, um Bauer zu
spielen.« Er lachte, dann verdüsterte sich sein Gesicht.
»Und je größer die Güter, desto mehr Sklaven
schaffen sie her. Früher haben sie sie quer über diesen
Platz getrieben oder in Wagen durchgekarrt, bis wir dem einen
Riegel vorgeschoben haben und ihre Route von der
Hauptverkehrsstraße auf kleinere Wege umgeleitet haben. Es
ist nicht gut für einen Mann in Ketten, hier durchzukommen und
einen Hauch von Freiheit zu schnuppern. Außerdem bereitet
einem Mann
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