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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Geräusche zu hören sind, wenn
die Luft noch still und kühl ist. Dann hab ich ihn gesehen, in
einem leichten, von zwei Pferden gezogenen Wagen, so schnell,
daß ich fast ins Haus gegangen wäre, um mich zu
verstecken. Statt dessen hielt ich die Stellung, und als er
herankam, wurde er langsamer und blieb stehen. Er nahm seine
Lederkappe ab, und ich erkannte, daß es Mallius Glaucia
war.«
    »Ein
Freund?«
    Der Wirt rümpfte
die Nase. »Vielleicht hat er einen Freund, jedenfalls nicht
mich. War früher Sklave, und selbst damals war er schon
unverschämt und arrogant. Sklaven schlagen nach ihren Herren,
und das gilt ganz besonders für Mallius Glaucia.
    Auf der anderen Seite
des Hügels in Ameria wirst du zwei verschiedene Zweige der
Familie Roscius antreffen«, fuhr er fort. »Sextus
Roscius, Vater und Sohn, die Ehrbaren, die das Gut aufgebaut und
sich ein Vermögen erarbeitet haben; und diese beiden Vettern,
Magnus und Capito und ihre Familie. Üble Typen, würde ich
sagen, obwohl ich nicht behaupten kann, je viel mit ihnen zu tun
gehabt zu haben, außer daß ich hin und wieder ein Glas
Wein an sie ausgeschenkt habe. Aber manchen Menschen sieht man es
einfach an, daß sie gefährlich sind. Und solche Typen
sind Magnus und der alte Capito. Mallius Glaucia, der Mann, der an
jenem Morgen aus dem Süden herangedonnert kam, war von Geburt
an Magnus’ Sklave, bis der ihn freigelassen hat. Zweifelsohne
als Belohnung für irgendein entsetzliches Verbrechen. Glaucia
blieb weiter in Magnus’ Diensten, und daran hat sich bis
heute nichts geändert. Sobald ich sah, daß er der Mann
auf dem Wagen war, wünschte ich, ich wäre hinter der
Tür verschwunden, bevor er mich sehen
konnte.«
    »Ein
großer Mann, dieser Mallius Glaucia?«
    »Die Götter
selbst können nicht größer sein.«
    »Hübsch
anzusehen?«
    »Er hat
vielleicht hübsches blondes Haar, aber sonst ist er
häßlich wie ein Säugling. Mit derselben knallroten
Gesichtsfarbe. Wie dem auch sei, er kommt also mit seinem Wagen
angebraust. >Du hast aber früh auf<, sagt er. Ich hab
ihm erklärt, daß ich keineswegs schon geöffnet
hätte, und machte Anstalten, nach drinnen zu verschwinden. Ich
wollte gerade die Tür zuschlagen, als er seinen Fuß
dazwischen klemmte. Ich erklärte ihm noch mal, daß das
Lokal noch nicht geöffnet wäre, und versuchte, die
Tür zu schließen. Aber er hielt seinen Fuß eisern
dagegen. Dann stieß er mit einem Dolch in den offenen Spalt.
Und als ob das allein nicht schon schlimm genug gewesen wäre,
war der Dolch nicht glänzend und sauber - o nein. Die Klinge
war blutverschmiert.«
    »Rot oder
schwarz?«
    »Nicht mehr
allzu frisch, aber auch noch nicht uralt. Das meiste Blut auf der
Klinge war schon getrocknet, aber in der Mitte, wo es am dicksten
war, war es noch ein wenig feucht und rot. So sehr ich mich auch
anstrengte, ich kriegte die Tür nicht zu. Ich wollte laut um
Hilfe rufen, aber meine Frau ist ängstlich, mein Sohn ist weg,
meine Sklaven hätten keine Chance gegen Glaucia, und von wem
sollte ich Hilfe erwarten...« Er warf einen
schuldbewußten Blick zu dem alten Mann in der Ecke.
»Also hab ich ihn reingelassen. Er wollte Wein pur, ohne
Wasser. Ich brachte ihm einen Becher; er kippte ihn in einem Zug
weg, warf ihn auf den Boden und verlangte eine ganze Flasche. Er
saß genau da, wo du jetzt sitzt, und trank die ganze Flasche
leer. Ich versuchte ein paarmal, den Raum zu verlassen, aber
jedesmal wenn ich gehen wollte, fing er an, mit lauter Stimme mit
mir zu reden, in einer Art und einem Ton, daß ich
wußte, er wollte, daß ich blieb und ihm
zuhörte.
    Er hat gesagt, er
käme direkt aus Rom und wäre erst nach Einbruch der
Dunkelheit losgefahren. Er hat gesagt, er habe schreckliche
Neuigkeiten. Und dann hat er mir erzählt, daß Sextus
Roscius tot war. Ich hab mir nicht viel dabei gedacht. >Ein
alter Mann<, sagte ich zu ihm, >War es das Herz?< Und
Glaucia lachte. >Etwas in der Richtung<, sagte er. >Ein
Messer im Herz, wenn du es genau wissen willst. < Und dann stach
er mit der blutigen Klinge in diesen Tisch.«
    Mit seinem kurzen,
pummeligen Arm zeigte der Wirt auf die Stelle. Ich blickte nach
unten und sah neben meinem Becher eine tiefe Kerbe in dem rauhen
Holz.
    »Na ja, ich
nehme an, er hat meinen Gesichtsausdruck bemerkt. Er lachte erneut
- das muß der Wein gewesen sein. >Nun mach dir mal nicht
in die Hose, Wirt<, sagte er. >Ich war es nicht. Sehe ich
aus, als könnte ich einen Menschen töten? Aber das ist
die Klinge, mit

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