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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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wie mir der Anblick von zu vielen unglücklichen
Sklaven Unbehagen.«
    Noch immer ins Leere
starrend, klopfte der alte Mann in der Ecke mit seinem Becher auf
den Tisch. Der Wirt watschelte durch den Raum. Die winzigste
Anstrengung ließ ihn keuchen und nach Luft
schnappen.
    »Dann machst du
dir Sorgen wegen der entlaufenen Sklaven?« fragte
ich.
    »Nun, das kommt
schon vor. Oh, ich meine, nicht so sehr in dieser Stadt, aber ich
habe eine Schwester, die weiter im Norden einen Bauern geheiratet
hat. Lebt völlig einsam. Natürlich haben sie ihre eigenen
Haussklaven und ein paar Freigelassene zum Schutz. Aber trotzdem,
nur ein Narr würde seine Türe nachts unverschlossen
lassen. Ich sag dir, eines Tages werden es mehr als nur zwei oder
drei entlaufene Sklaven sein. Stell dir mal vor, es wären
zwanzig - oder hundert und einige von ihnen professionelle
Mörder. Knapp dreißig Meilen weiter nördlich von
hier gibt es ein Anwesen, wo Sklaven hingeschickt werden, um als
Gladiatoren ausgebildet zu werden. Stell dir mal vor, hundert von
diesen Ungeheuern entkommen aus ihren Käfigen und haben nichts
mehr zu verlieren.«
    »Ach, du bist
ein Narr!« bellte der alte Mann. Er hob seinen Becher und
leerte ihn in einem Zug. Der Rotwein sickerte aus seinen
Mundwinkeln und tropfte sein ergrautes Kinn hinab. Er knallte den
Becher auf den Tisch und starrte weiter stur geradeaus.
»Narr!« sagte er noch einmal. »Nichts zu
verlieren, sagst du? Man würde sie kreuzigen und ihnen die
Eingeweide herausreißen! Meinst du, Sulla und der Senat
würden es zulassen, daß eine Hundertschaft Gladiatoren
mordend und ihre Frauen vergewaltigend durch die Lande zieht?
Selbst ein Sklave wird nicht gern an einen Baum genagelt. Keine
Sorge, die Not begehrt nicht auf, solange es genug Angst gibt, um
sie in Schach zu halten.«
    Der alte Mann schob
sein Kinn nach vorn und lächelte ein gräßliches
Lächeln. Endlich wurde mir klar, daß er blind
war.
    »Natürlich,
Vater«, säuselte der fette Etrusker und machte eine
Verbeugung, die der Alte unmöglich sehen konnte.
    Ich beugte mich vor
und spielte mit dem Becher in meiner Hand. »Angst vor Sklaven
oder nicht, heutzutage scheint ein Mann manchmal selbst in seinem
eigenen Haus nicht mehr sicher zu sein. Ein Vater ist
möglicherweise vor seinem eigenen Sohn nicht sicher. Diesmal
nur Wasser, bitte.« Ich hielt meinen Becher hoch. Der Wirt
kam hurtig herbeigewatschelt.
    »Was willst du
damit sagen?« Seine Hände zitterten, als er mir
eingoß. Er sah sich nervös über die Schulter nach
dem Alten um.
    »Ich dachte nur
an eine Klatschgeschichte, die ich gestern in Rom gehört habe.
Ich habe einigen Bekannten auf dem Forum von meiner Reise
erzählt und sie gefragt, ob sie irgend etwas über Ameria
wüßten. Naja, die meisten hatten noch nie davon
gehört.«
    Ich nahm einen
großen Schluck und verfiel in Schweigen. Der Wirt kniff die
Brauen zusammen, und eine Menge plumper Falten zog auf seiner Stirn
auf. Auch der alte Mann bewegte sich zum ersten Mal und neigte
seinen Kopf in meine Richtung. Der kleine Raum war auf einmal so
still wie eine Grabkammer.
    Der Etrusker atmete
pfeifend. »Und?«
    »Und was?«
sagte ich.
    »Die
Klatschgeschichte!« Es war der Alte. Er zog eine
verächtliche Miene und wandte sich ab, als würde ihn das
Ganze tatsächlich oder vorgeblich nicht mehr interessieren.
»Das kleine Ferkel lebt nur für Klatsch. Schlimmer als
seine Mutter je war.«
    Der Wirt sah mich an
und zog eine hilflose Grimasse.
    Ich zuckte müde
mit den Schultern, als lohnte es sich kaum, die Geschichte zu
erzählen. »Nur irgendwas über einen Prozeß,
der demnächst in Rom stattfinden soll, bei dem es um einen
Mann aus Ameria geht. Er heißt Roscius, glaube ich; ja, wie
der berühmte Schauspieler. Er ist angeklagt wegen - nun ja, es
ist mir fast zu peinlich, es auszusprechen - wegen der Ermordung
seines eigenen Vaters.«
    Der Wirt nickte kaum
merklich und trat einen Schritt zurück. Er zog einen Lappen
aus seiner Tunika und wischte sich die Schweißperlen von der
Stirn, bevor er begann, den Tresen zu wienern, wobei er wieder vor
Anstrengung keuchte. »Tatsächlich?« sagte er
schließlich. »Ja, ich habe auch schon davon
gehört.«
    »Nur schon davon
gehört? Ein derartiges Verbrechen in einem so kleinen Ort ganz
in der Nähe. Ich hätte gedacht, das ganze Dorf spricht
davon.«
    »Na ja, es ist
ja nicht direkt hier passiert.«
    »Nicht?«
    »Nein. Das
Verbrechen selbst wurde in Rom begangen. Da wurde der alte

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