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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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vorstellen.«
    »Im letzten Jahr
haben wir dabei einen Sklaven verloren. Er hat geholfen, den Wagen
bei der Talfahrt abzubremsen und ist unter ein Rad gekommen. Auf
der anderen Seite nach Ameria runter ist es nicht halb so
steil.«
    »Aber es geht
trotzdem bergab. Das wird meinem Pferd gefallen.«
    »Ein
wunderschönes Tier.« Er betrachtete Vespa mit der
Bewunderung eines
Bauernjungen.      
    »Und«,
sagte ich, »kommst du aus Ameria?«
    »Nicht direkt.
Ich lebe außerhalb der Stadt am Fuß des
Hügels.«
    »Vielleicht
kannst du mir sagen, wie ich das Haus von Sextus Roscius
finde.«
    »Das kann ich
schon. Es ist nur so, daß Sextus Roscius nicht mehr dort
lebt.«
    »Du meinst den
Alten?«
    »Oh, den man
ermordet hat? Wenn du den suchst, wirst du seine Überreste in
der Familiengruft finden. Er hat nie in Ameria gelebt, soweit ich
weiß, jedenfalls nicht seit meiner Geburt.«
    »Nein, nicht den
alten Mann; den Sohn.«
    »Er hat ganz in
der Nähe vom Haus meines Vaters gelebt, wenn du den mit den
beiden Töchtern meinst.«
    »Ja, er hat eine
Tochter etwa in deinem Alter; ein sehr hübsches
Mädchen.«
    Der Bursche grinste.
»Sehr hübsch. Und sehr freundlich.« Er zog die
Brauen hoch, was wohl welterfahren wirken sollte. Das Bild von
Roscias nacktem Körper blitzte in meinem Kopf auf. Ich sah sie
gegen die Wand gedrückt, matt vor Befriedigung, mit dem vor
ihr knienden Tiro. Vielleicht war er nicht der erste
gewesen.
    »Erklär mir
den Weg zu seinem Haus«, sagte ich. Er zuckte die Schultern.
»Ich kann dir erklären, wie man dort hinkommt, aber wie
gesagt, es ist nicht mehr sein Haus. Man hat Sextus Roscius
vertrieben.«
    »Wann?«
    »Vor
ungefähr zwei Monaten.«
    »Und
warum?«
    »Per Gesetz,
verfügt von Rom. Sein Vater war geächtet worden.
Weißt du, was das heißt?«
    »Nur zu
gut.«
    Er fuhr sich mit dem
Finger über die Kehle. »Und dann nehmen sie einem das
ganze Land und alles Geld ab. Sie lassen der Familie nichts. Unten
in Rom hat es irgendeine Auktion gegeben. Mein Vater sagte, er
hätte nichts dagegen, bei einigen Grundstücken
mitzubieten, vor allem bei solchen, die an unser Land grenzen. Aber
er meinte, es wäre sinnlos. Die Auktionen sind immer
manipuliert. Man muß ein Freund eines Freundes von Sulla sein
oder den richtigen Mann kennen, den man bestechen
kann.«
    Das war bereits das
zweite Mal, daß ich diese Proskriptionsgeschichte hörte.
Sie ergab keinen Sinn, aber wenn sie stimmte, war es denkbar
einfach zu beweisen, daß Sextus Roscius am Tod seines Vaters
unschuldig war.
    »Und wer wohnt
jetzt dort?«
    »Der alte
Capito. Hat den Familiensitz und ein paar der besten
Ackergrundstücke gekauft. Mein Vater hat auf den Boden
gespuckt, als er hörte, wer unser neuer Nachbar werden
würde. Den ganzen Winter hindurch hat Capito Sextus und seiner
Familie erlaubt, in dem Haus wohnen zu bleiben. Die Menschen hier
haben es nur für recht und billig gehalten, daß Capito
Mitleid mit ihnen hatte. Dann hat er sie endgültig
rausgeworfen.«
    »Und hat niemand
sie bei sich aufgenommen? Sextus Roscius muß doch Freunde
gehabt haben, die ihm irgendwie verpflichtet
waren.«
    »Du wärst
überrascht, wie schnell ein Mann seine Freunde verlieren kann,
wenn es Ärger aus Rom gibt, sagt mein Vater immer.
Außerdem war Roscius ein Einzelgänger; ich kann nicht
sagen, daß er viele Freunde gehabt hätte. Mein Vater war
vermutlich am ehesten so etwas wie sein Freund, wo wir doch
Nachbarn waren. Nachdem Capito ihn rausgeworfen hatte, hat er ein
paar Nächte unter unserem Dach gewohnt. Er und seine Frau und
die Töchter.« Die Stimme des Jungen verlor sich, und an
seinen Augen erkannte ich, daß er an Roscia dachte.
»Aber er ist nicht lange in Ameria geblieben, sondern hat
sich gleich auf den Weg nach Rom gemacht. Man sagt, der Alte
hätte dort eine einflußreiche Patronin gehabt, die
Sextus um Hilfe bitten wollte.«
    Wir ritten eine Weile
schweigend weiter. Die Räder des Ochsenkarrens quietschten und
klapperten über die holperige Straße. Die Sklaven
trotteten nebenher. »Du hast gesagt, der alte Herr sei
geächtet worden«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Und als das
verkündet wurde, hat da niemand protestiert?«
    »Oh doch. Man
hat eine Delegation zu Sulla geschickt. Aber wenn du das wirklich
genau wissen willst, müßtest du mit meinem Vater
reden.«
    »Wie heißt
dein Vater?«
    »Titus Megarus.
Ich bin Lucius Megarus.«
    »Und mein Name
ist Gordianus. Ja, ich würde sehr gern mit deinem Vater
sprechen. Sag mal,

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