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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Haar und sah aus wie ein
Schläger, häßlich und schwerfällig; er war so
groß, daß sein Pferd aussah wie ein überlastetes
Fohlen, und über eine Wange liefen drei schmale, parallele
rote Kratzer, die unverkennbare Spur einer Katzenpfote.
    Mein Herz pochte so
heftig, daß ich glaubte, sie müßten es deutlich
hören. Sie starrten mich kalt an, als ich vorüberritt.
Ich brachte ein Nicken und einen matten Gruß zustande. Sie
sagten nichts und wandten ihren Blick auf die Straße. Ich
beschleunigte Vespas Schritt und wagte es nach einer Weile, mich
über die Schulter umzusehen. Über die leichte Anhöhe
hinweg sah ich, wie sie den Weg zu Capitos Haus
einschlugen.

18
    »Der
Dunkelhaarige«, sagte mein Gastgeber, »ja, das
muß Magnus gewesen sein. Ja, er zieht das linke Bein nach,
und das schon seit Jahren; warum, weiß niemand so genau. Er
erzählt unterschiedliche Versionen der Geschichte. Manchmal
ist es eine verrückte Hure in Rom gewesen, dann wieder ein
eifersüchtiger Ehemann oder ein betrunken randalierender
Gladiator. Er behauptet jedenfalls, denjenigen, der ihm das angetan
hat, umgebracht zu haben, und das hat er wahrscheinlich
auch.«
    »Und der andere,
der große, häßliche Blonde?«
    »Mallius
Glaucia, ohne Zweifel. Magnus’ Ex-Sklave und jetzt seine
rechte Hand. Magnus verbringt neuerdings einen Großteil
seiner Zeit in Rom, während sein Vetter Capito vollauf damit
beschäftigt ist, die Villa umzubauen; Glaucia pendelt zwischen
den beiden hin und her wie ein Hund, der einen Knochen
apportiert.«
    Die Welt war finster
und voller Sterne. Mondlicht stand über den flachen, sanft
geschwungenen Hügeln und überzog sie mit einem silbernen
Glanz. Ich saß mit Titus Megarus auf dem Dach seines Hauses,
so daß wir einen weiten Blick nach Westen und Süden
hatten. Am Horizont erstreckte sich eine Kette höherer
Hügel, die das Tal in der Ferne begrenzten; irgendwo dahinter
verlief der Tiber. Im Vordergrund bezeichneten ein paar vereinzelte
Lichter und mondbeschienene Dächer das schlafende
Städtchen Ameria, und linker Hand, von einigen Bäumen
halb verdeckt, konnte ich das obere, kaum daumennagelgroße
Stockwerk des Hauses ausmachen, in dem Capito, Magnus und Mallius
Glaucia für den Abend versammelt waren. Ein einzelnes Fenster
sandte ein blaßgelbes Licht in die Nacht.
    Titus Megarus war kein
weltgewandter Mann, aber er war ein ausgezeichneter Gastgeber. Er
begrüßte mich persönlich an der Tür und sorgte
auch dafür, daß man Vespa einen Platz in seinem Stall
zuwies. Beim Essen weigerte er sich standhaft, irgendein heikles
Thema zu besprechen, weil das, wie er meinte, Magenverstimmungen
verursachte. Statt dessen wechselten sich seine fünf Kinder im
Laufe des Essens beim Vortrag von Liedern ab. Das Essen war
reichlich und frisch; der Wein war hervorragend. Langsam entspannte
ich mich und legte meine Furcht ab, bis ich mich schließlich
halb liegend auf einem Diwan auf dem Dachgarten des Hauses
wiederfand. In dem offenen Säulengang unter uns waren die
Frauen und Kinder des Hauses versammelt. Eine von Titus’
Töchtern sang, während eine andere die Lyra spielte. An
diesem warmen Abend stieg der Klang süß und leise zu uns
herauf wie ein vages Echo aus einem tiefen Brunnen. Auf Einladung
seines Vaters saß der Junge Lucius bei uns und hörte
schweigend zu.
    Ich war so müde
und wundgeritten, daß ich mich kaum bewegen konnte und es bei
all der Behaglichkeit auch gar nicht wollte. Ich lag, einen Becher
warmen Wein in der Hand, auf dem Diwan, kämpfte gegen den
Schlaf, ließ meinen Blick über das völlig friedlich
daliegende Tal wandern und grübelte über die
mörderischen Geheimnisse, die hier verborgen
lagen. 
    »Es war dieser
Mallius Glaucia, der gestern abend in mein Haus eingedrungen
ist«, sagte ich, »zusammen mit einem weiteren
Täter. Ich bin mir ganz sicher - die Kratzspuren auf seiner
Backe lassen daran keinen Zweifel. Derselbe Mann, der wie wild die
ganze Nacht durchgeritten ist, um Capito hier in Ameria die
Nachricht von Sextus Roscius’ Ermordung zu überbringen.
Bestimmt ist er beide Male vom selben Herrn losgeschickt
worden.«
    »Glaucia tut
nichts ohne einen Befehl von Magnus; er ist wie eine dieser
Schattenspielpuppen, die man auf Jahrmärkten
sieht.«
    Titus starrte nach
oben in den Sternenhimmel. Ich schloß meine Augen und stellte
mir vor, Bethesda läge neben mir auf dem Diwan, wärmer
als der Abendwind, weicher als die blassen, durchsichtigen Wolken,
die um den zunehmenden

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