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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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Sklaven. Datum und Ort der
Versteigerung wurden offiziell bekanntgegeben, irgendwo in
Rom.«
    »Und wie hat der
junge Sextus darauf reagiert?«
    »Das weiß
keiner. Er hat sich in seine Villa zurückgezogen und sich
geweigert, das Haus zu verlassen oder Besucher zu empfangen. Das
mag ja für einen in Trauer befindlichen Mann durchaus
angemessen gewesen sein, aber Sextus lief Gefahr, alles zu
verlieren. Die Leute begannen sich zu erzählen, daß es
möglicherweise stimmte, daß sein Vater zum Staatsfeind
erklärt worden war. Wer weiß, was der alte Herr in Rom
getrieben hatte? Vielleicht war er ein marianischer Spion,
vielleicht hatte man ihn bei einer Verschwörung zur Ermordung
Sullas erwischt.«
    »Aber die
Proskriptionen waren offiziell am ersten Juni beendet. Roscius
wurde im September ermordet.«
    Titus zuckte die
Schultern. »Du redest wie ein Anwalt. Wenn Sulla den Mann tot
sehen wollte, warum soll es dann nicht legal sein, wenn der
Diktator es für legal erklärt?«
    »Herrschte
großes Interesse an der Auktion?«
    »Es weiß
doch jeder, daß sie vorher abgesprochen sind. Warum sich also
die Mühe machen? Irgendwelche Freunde von Sulla erhalten am
Ende für einen Spottpreis den Zuschlag, und jeder, der sonst
noch mitbieten will, wird aus dem Saal geführt. Glaub mir, wir
waren alle überrascht, als Magnus und eine Schlägertruppe
aus Rom mit irgendeinem offiziellen Schriftstück vor
Roscius’ Tür auftauchten und ihm erklärten, er
solle auf der Stelle seinen gesamten Besitz
aufgeben.«
    »Also hat er
sich einfach so beiseite drängen lassen?«
    »Niemand hat
mitbekommen, was genau geschehen ist, mit Ausnahme der Sklaven
natürlich. Die Leute schmücken so was immer gerne aus.
Manche sagen, Magnus habe Roscius angetroffen, wie er gerade Myrrhe
am Grab seines Vaters verbrannte, ihm das Rauchgefäß aus
der Hand geschlagen und ihn mit vorgehaltenem Speer von dem Grabmal
vertrieben. Andere behaupten, er habe Sextus die Kleider vom Leib
gerissen, ihn nackt auf die Straße gejagt und ihm die Hunde
auf den Hals gehetzt. Sextus hat mir keine der beiden Geschichten
bestätigt; er weigerte sich, überhaupt darüber zu
sprechen, und ich wollte ihn nicht dazu zwingen.
    Sextus und seine
Familie haben jedenfalls eine Nacht im Haus eines befreundeten
Händlers in Ameria verbracht, und am nächsten Morgen zog
Capito in die Villa ein. Man kann sich vorstellen, daß es
deswegen eine Menge Stirnrunzeln gab. Natürlich haben es nicht
alle ungern gesehen; Sextus hat seine Feinde und Capito seine
Freunde in diesem Tal. Sextus begab sich also direkt zu Capito; und
wieder gab es keine Zeugen. Schließlich erlaubte Capito
Sextus die Rückkehr auf den Hof und ließ ihn in ein
kleines Haus am Rande des Anwesens ziehen, wo normalerweise zur
Erntezeit die Saisonarbeiter untergebracht
werden.«
    »Und das war das
Ende der Geschichte?« 
    »Nicht ganz. Ich
habe ein Treffen des Gemeinderates von Ameria einberufen und
erklärt, daß wir etwas unternehmen müßten. Es
hat mich einige Überredungskunst gekostet, die alten Knochen
dazu zu bewegen, eine Entscheidung zu treffen. Und die ganze Zeit
hat mich Capito wütend über den Tisch angestarrt - o ja,
Capito sitzt auch in unserem ehrenwerten Gemeinderat.
Schließlich wurde beschlossen, daß wir gegen die
Proskription von Sextus Roscius protestieren und versuchen sollten,
seinen Namen von jeder Schuld freizusprechen und dafür zu
sorgen, daß sein Besitz wieder an seinen Sohn
zurückgegeben wurde. Capito war mit allem einverstanden. Sulla
lagerte noch immer in Volaterrae; also wurde eine zehnköpfige
Delegation ausgesandt, um den Fall vorzutragen - ich, Capito und
acht weitere Männer.«
    »Und was hat
Sulla gesagt?«
    »Wir haben ihn
gar nicht zu Gesicht bekommen. Zuerst ließ man uns warten.
Fünf Tage lang, als ob wir Barbaren wären, die um einen
Gefallen bettelten, und nicht römische Bürger, die
gegenüber dem Staat eine Petition einbrachten. Alle waren
ungeduldig und mürrisch; sie hätten das Ganze am liebsten
gleich gelassen und wären direkt wieder nach Hause marschiert,
wenn ich ihnen nicht ins Gewissen geredet hätte, die Sache
durchzustehen. Schließlich wurden wir vorgelassen, nicht zu
Sulla, sondern zu Sullas Stellvertreter, einem Ägypter namens
Chrysogonus. Hast du schon mal von ihm gehört?« fragte
Titus, als er den Ausdruck sah, der über mein Gesicht
huschte.
    »O ja. Ein
junger Mann, so sagt man, von natürlichem Charme und
blendendem Aussehen, mit genug Intelligenz

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