Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
Vom Netzwerk:
er nach seiner Rückkehr nach Rom
persönlich einen Stilus zur Hand nehmen, den Namen Sextus
Roscius aus den Proskriptionslisten streichen und dafür sorgen
würde, daß der Besitz des alten Herrn wiederhergestellt
und auf seinen Sohn überschrieben würde. Wir
müßten natürlich geduldig sein, weil die
Mühlen der Gerechtigkeit in Rom langsam mahlten, jedoch nie
gegen den Willen des Volkes.
    Dann sah er Capito
direkt an, weil ihm klar war, daß jener sich zumindest einen
Teil des konfiszierten Besitzes angeeignet hatte, und fragte ihn,
ob er mit dieser Rechtsprechung einverstanden sei, selbst wenn sie
auf seine Kosten ginge. Und Capito nickte, lächelte unschuldig
wie ein Kind und erklärte, daß in seinem Herzen allein
der Geist römischer Gerechtigkeit wohnt, und wenn bewiesen
werden könnte, daß sein verstorbener Vetter
tatsächlich kein Feind des Staates oder unseres geliebten
Sullas gewesen sei, würde er seinen Anteil an dessen
Gütern mit Freuden an den rechtmäßigen Erben
zurückgeben und ihm nicht einmal die inzwischen vorgenommenen
Instandsetzungsarbeiten in Rechnung stellen.«
    »Und was geschah
dann?«
    »Nichts. Sulla
und seine Armee erledigten ihren Auftrag in Volaterrae und kehrten
nach Rom zurück.«
    »Und ihr habt
nichts mehr von Chrysogonus gehört?«
    »Kein
Wort.« Titus zuckte schuldbewußt die Schultern.
»Du weißt doch, wie es ist, wie man solche Sachen
schleifen läßt - ich bin ein Bauer, kein Politiker. Im
Dezember habe ich schließlich einen Brief aufgesetzt, einen
weiteren im Februar. Keine Antwort. Vielleicht wäre ja irgend
etwas geschehen, wenn Sextus Roscius sich weiter darum
gekümmert hätte, aber er zog sich noch mehr zurück
als vorher. Er und seine Familie blieben in dem kleinen Haus auf
dem Grundstück, und niemand hörte ein Wort von ihnen, als
ob sie Gefangene wären oder Capito sie zu seinen Sklaven
gemacht hätte. Na ja, wenn ein Mann sich nicht für seine
eigenen Rechte stark macht, kann er nicht erwarten, daß seine
Nachbarn ihm unter die Arme greifen.«
    »Und wie lange
ging das so?«
    »Bis April. Dann
muß irgend etwas zwischen Capito und Sextus vorgefallen sein.
Mitten in der Nacht stand Sextus auf einmal mit seiner Frau und
seinen beiden Töchtern vor meiner Tür. Sie waren in einem
gewöhnlichen Ochsenkarren unterwegs, trugen ihr Hab und Gut
mit eigenen Händen und hatten nicht einmal einen Sklaven, um
den Karren zu lenken. Er bat mich, ihn für die Nacht
aufzunehmen, was ich natürlieh getan habe. Sie sind vier oder
fünf Nächte geblieben. Ich weiß es nicht mehr genau

    »Drei«,
sagte eine leise Stimme. Es war Lucius, der Junge, dessen
Anwesenheit ich fast vergessen hatte. Er saß, die Knie an die
Brust gezogen, gegen eine niedrige Mauer gelehnt. Ein Lächeln
umspielte seinen Mundwinkel, genau wie bei der Erwähnung von
Roscius’ Tochter, als ich ihn am frühen Abend getroffen
hatte.
    »Na gut, dann
eben drei«, sagte Titus. »Vermutlich ist es mir nur
länger vorgekommen. Sextus Roscius hat seine Schwermut mit in
dieses Haus gebracht. Meine Frau hat sich ständig beschwert,
daß er uns Unglück bringen würde. Und
natürlich ist die junge Roscia...« Er senkte seine
Stimme. »Seine ältere Tochter. Nicht eben der beste
moralische Einfluß für ein Haus mit jungen
Männern.« Er warf einen Blick zu Lucius, der den Mond
betrachtete und überzeugend Taubheit simulierte.
    »Dann machte er
sich auf den Weg nach Rom. Er hat mir erzählt, sein Vater
hätte dort eine Patronin, die möglicherweise
Einfluß auf Sulla ausüben könnte. Von einem
Mordprozeß hat er nichts gesagt. Ich nahm an, er wäre
mittlerweile verzweifelt genug, diesem Chrysogonus sein Anliegen
noch einmal persönlich vorzutragen.«
    »Es wird dich
vermutlich nicht überraschen zu erfahren, daß auch
Chrysogonus von der Aufteilung von Sextus Roscius’
Gütern profitiert hat.«
    »Na, wenn das
keine schmutzige Geschichte ist. Und woher weißt du
das?«
    »Ein Sklave
namens Carus hat es mir heute nachmittag erzählt. Er
empfängt die Gäste in Capitos Villa.«
    »Dann haben die
drei von Anfang an unter einer Decke gesteckt - Capito, Magnus und
Chrysogonus.«
    »Es hat ganz den
Anschein. Wer außer Chrysogonus hätte Sextus pater
illegal auf die bereits geschlossenen Proskriptionslisten setzen
können? Und wer außer Capito und Magnus wollte den alten
Herrn tot sehen?«
    »Ja, so
muß es gewesen sein. Die drei haben die Ermordung des alten
Sextus Roscius geplant und die ganze Zeit vorgehabt, ihn

Weitere Kostenlose Bücher