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Das Lächeln des Cicero

Das Lächeln des Cicero

Titel: Das Lächeln des Cicero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Steven Saylor
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auf die
Proskriptionslisten zu setzen, um das Land, nachdem der Staat es
konfisziert hatte, hinterher aufzukaufen. Und jeder
Außenstehende, der möglicherweise versuchen sollte,
Klarheit in die Angelegenheit zu bringen, muß sich
früher oder später mit Chrysogonus persönlich
auseinandersetzen, was bedeutet, er könnte genausogut mit
einer Wand reden. Was für eine üble Geschichte, noch
schmutziger, als ich dachte. Aber die Krönung ist doch, Sextus
Roscius des Mordes an seinem Vater zu beschuldigen - damit sind sie
auf jeden Fall zu weit gegangen, selbst wenn ein enger Freund
Sullas mitmacht. Das ist absurd, unsagbar grausam!
«
    Ich betrachtete den
Mond. Er war schon fett und weiß; in sechs Tagen, zu den
Iden, würde er voll sein, und Sextus Roscius wäre mit
seinem Schicksal konfrontiert. Träge wandte ich meinen Kopf
und blickte zu dem Fenster, das hell von Capitos Villa
herüberleuchtete. Warum waren sie noch immer wach? Magnus und
Glaucia mußten von ihrem Tagesritt genauso müde sein wie
ich. Was planten sie jetzt?
    »Trotzdem«, sagte ich
und verschluckte das Wort in einem Gähnen, »trotzdem
fehlt noch immer ein Glied in der Kette. Irgend etwas, wodurch das
ganze Rätsel einen Sinn bekäme. Etwas noch Schmutzigeres,
als du gedacht hast...«
    Ich blickte zu dem
gelben Fenster. Ich schloß meine Augen nur für einen
Augenblick und machte sie viele Stunden lang nicht wieder
auf.

19
    Ich wachte mit einem
Blinzeln auf und fand mich alleine in einem heißen, stickigen
Raum wieder. Ich hatte traumlos geschlafen, fühlte mich jedoch
erstaunlich erholt. Ich lag lange zufrieden und regungslos auf dem
Rücken und genoß das Gefühl, neues Leben in meine
Arme, Beine, Finger und Zehen fließen zu spüren. Dann
rührte ich mich schließlich doch und merkte, was
für eine harte Strafe auf einen so anstrengenden Ritt steht,
wie ich ihn tags zuvor absolviert hatte. Es gelang mir, mich
aufzurichten und meine schmerzenden Beine auf den Boden zu setzen.
Ich bemerkte wieder verblüfft, wie ausgeruht ich mich
fühlte, wenn man bedachte, daß ich bereits wach war,
während die Welt noch immer im Dunkeln lag, bis ich
plötzlich am Rand eines Vorhangs, der vor dem Fenster hing,
ein seltsam flackerndes Leuchten wahrnahm. Ich erhob mich
mühsam von dem Diwan und taumelte ungelenk zu dem Fenster. Ich
schob den Vorhang beiseite, und heißes, blendendes Licht
brannte in meinen
Augen.       
    Im selben Moment
öffnete sich die Tür zu der winzigen Kammer, und Lucius
steckte seinen Kopf herein. »Endlich«, sagte er in
jenem ärgerlichen Tonfall, mit dem Kinder ihre Eltern
parodieren. »Ich hab schon zweimal versucht, dich zu wecken,
aber ich hab dir nicht mal ein Stöhnen entlockt. Alle anderen
sind schon seit Stunden auf.«
    »Wie spät
ist es?«
    »Genau Mittag.
Deswegen bin ich hergekommen, um zu sehen, ob du inzwischen wach
bist. Ich bin eben aus der Stadt zurückgekommen und hab auf
die Sonnenuhr im Garten gesehen, und da hab ich mich gefragt, ob du
etwa noch immer schläfst.«
    Ich sah mich in dem
Zimmer um. »Aber wie bin ich hierher gekommen?« Ich
bückte mich stöhnend, um meine Tunika aufzuheben, die von
der Armlehne eines Stuhls auf den Boden gerutscht war.
    »Vater und ich
haben dich gestern abend vom Dach nach unten getragen. Kannst du
dich nicht mehr daran erinnern? Du warst schwer wie ein Sack
Ziegelsteine, und wir haben dich auch nicht dazu bringen
können, mit dem Schnarchen aufzuhören.«
    »Ich schnarche
nie.« Das hatte Bethesda mir erzählt. Oder hatte sie
gelogen, um meiner Eitelkeit zu schmeicheln?
    Lucius lachte.
»Man konnte dich im ganzen Haus hören! Meine Schwester
Tertia hat sich einen Spaß daraus gemacht. Sie sagte

    »Schon
gut.« Ich begann mir die Tunika überzustreifen. Das Ding
verhedderte sich, als ob es ein Eigenleben führte. Meine Arme
waren genauso steif wie meine Beine.
    »Jedenfalls hat
mein Vater gesagt, daß wir dich lieber ausziehen, weil deine
Kleider von der Reise so verschwitzt und verschmutzt waren. Er hat
der alten Naia aufgetragen, sie zu waschen, bevor sie gestern abend
zu Bett gegangen ist. Und es ist wieder so heiß heute,
daß sie bestimmt schon trocken sind.«
    Es gelang mir
schließlich, mich zu bedecken, wenn auch nicht gerade
elegant. Ich blickte erneut aus dem Fenster. Kein Windhauch
raschelte durch die Baumkronen. Sklaven arbeiteten auf den Feldern,
aber der Hof war menschenleer bis auf ein kleines Mädchen, das
mit einem Kätzchen spielte. Das Licht, das auf

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