Das Lächeln des Killers
das auch heute noch.«
»Okay.« Sie ließ ihren Wagen wie einen Rammbock auf die Straße schießen. »Ich fahre noch kurz bei der Klinik in der Canal Street vorbei. Aber erst will ich noch wissen, ob die Durchsuchung von Brynas Computer bereits etwas ergeben hat.«
Über das Autotelefon rief sie bei Feeney an und spürte, wie Peabody die Schultern straffte, als auf dem Bildschirm das hübsche Gesicht von Ian McNab erschien.
»He, Lieutenant.« Eve merkte, dass sein Blick zur Seite wanderte und er den Mund zu einem Lächeln verzog, das genauso steif wie die Haltung ihrer Assistentin war. »Peabody.«
»Ich muss mit dem Captain sprechen«, meinte Eve.
»Er ist gerade nicht da.«
»Dann sagen Sie ihm, wenn er wiederkommt, dass er sich bei mir melden soll.«
»Warten Sie, warten Sie.« Er beugte sich so dicht über den Bildschirm, dass man außer seinem Gesicht kaum noch etwas sah. »Hören Sie sich erst noch an, was ich Ihnen zu sagen habe. Der Captain hat mich auf die Suche nach dem Benutzerkonto dieses Typen angesetzt.«
Eve lenkte ihren Wagen auf die andere Fahrspur und gewann dadurch einen halben Block. »Ziemlich simple Arbeit für ein Genie wie Sie, finden Sie nicht auch?«
»Tja, nun, da die anderen mit der Suche nicht allzu weit gekommen sind, scheint sie meiner durchaus würdig zu sein. Ihr toller Cyber-Casanova hat sich nämlich wirklich gut versteckt. Aber als Genie habe ich einen Schutzwall nach dem anderen durchbrochen und eine Adresse ausfindig gemacht.«
»Könnten Sie die Angeberei eventuell lange genug unterbrechen, um mir zu sagen, was das für eine Adresse ist?«
»Das könnte ich natürlich tun, nur dass sie Sie ganz bestimmt nicht weiterbringen wird. Sie ist nämlich in den Karpaten.«
»Wo zum Teufel ist denn das?«
»Das ist ein Gebirge in Osteuropa. Das weiß ich«, meinte McNab, während er seinen langen, blonden Pferdeschwanz schwungvoll nach hinten warf, »weil ich nachgesehen habe. Und bevor Sie mich fragen, was zum Teufel unser Typ in einem Gebirge in Osteuropa macht, verrate ich Ihnen lieber gleich, dass er dort vermutlich niemals war. Die Adresse ist genauso falsch wie die Titten meiner Cousine Sheila.«
»Klingt für mich nicht gerade so, als ob Sie irgendeinen Schutzwall durchbrochen hätten.«
»Ich habe sogar jede Menge Schutzwälle durchbrochen. Außerdem verfolge ich die Spur der falschen Adresse noch weiter und kann Ihnen wahrscheinlich spätestens in einer Stunde sagen, von wo aus der Typ tatsächlich seine Mails verschickt.«
»Dann reden Sie am besten erst wieder mit mir, wenn Sie ihn festgenagelt haben. Und, McNab? Ein Kerl, der etwas über die Titten seiner Cousine weiß, ist eindeutig pervers.«
Unter seinem brüllenden Gelächter brach sie die Übertragung ab. »Auch wenn er einem manchmal echt auf die Nerven gehen kann«, sagte sie zu Peabody, »ist er doch richtig gut. Er wird die Adresse dieses Typen finden. Und wenn das so lange dauert, signalisiert mir das, dass der Verdächtige ein überdurchschnittlich guter Hacker ist. Er hat sich bei der Kontaktaufnahme ausgesprochen gut geschützt, was vor Gericht – um eine überstrapazierte Redewendung zu verwenden – ein weiterer Nagel zu seinem Sarg sein wird.«
Sie blickte ihre Assistentin von der Seite an. »Schmollen Sie nicht.«
»Ich schmolle nicht.«
Knurrend klappte Eve die Sonnenblende vor dem Beifahrersitz herunter, damit sich Peabody im Spiegel sehen konnte. »Gucken Sie sich bloß mal an! Soll er etwa merken, wie viel es Ihnen ausmacht, dass Sie wieder mit ihm zusammenarbeiten müssen? Haben Sie nicht wenigstens ein kleines bisschen Stolz?«
Peabody schaute in den Spiegel, merkte, wie sich ihr Schmollen bei Eves Worten in ein Beleidigt-Sein verwandelte, und klappte deshalb die Sonnenblende schnaubend wieder hoch. »Ich habe einfach nachgedacht, mehr nicht.«
Eve bog in die Canal Street und passierte unzählige Läden, in denen es jede Menge Ramsch zu kaufen gab. Hier wurde der Löwenanteil der Geschäfte schwarz getätigt, Touristen wurden regelmäßig über den Tisch gezogen und erstatteten dann gegen irgendwelche Händler, die ihre Standorte häufiger und schneller als ein Zirkus wechselten, Anzeige bei der Polizei.
Aber, dachte Eve, wenn man dumm genug war, um zu glauben, man bekäme eine Rolex für denselben Preis wie eine große Pizza, hatte man nichts anderes verdient.
Ein paar Blocks weiter wich das bunte Treiben den armseligen Papp- und Blechhütten, in denen die jämmerliche
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