Das Land am Feuerfluss - Roman
spät sein könnte.
Aber als sie die Gruppe erreichte und auf ihren geliebten Sohn hinabschaute, wusste sie, dass es vorbei war.
Sals bleiches Gesicht war tränenüberströmt. Sie stand auf. »Er ist tot, Gwyneth. Er ist von uns gegangen.«
Gwyneth breitete die Arme aus und drückte die schluchzende junge Frau an sich. Terence kniete neben Max und schloss ihm die Augen. Auch Gwyneth machte die Augen zu und betete, ihr Junge möge endlich den Frieden finden, nach dem er sich so gesehnt hatte.
Sie ließ sich von der weinenden Sal umklammern, und als sie das Gefühl hatte, dass der Sturm nachließ, strich sie ihr das zerzauste Haar zurück und nahm Sals Gesicht zwischen beide Hände. »Er wird immer bei uns sein, Sal«, sagte sie besänftigend, aber ihre Stimme bebte. »Max wird in unseren Herzen und in unserer Erinnerung weiterleben; er wird dich führen und dir die Kraft geben, deine wahre Bestimmung zu finden.«
Sal nickte und wischte sich die Tränen ab. »Ich weiß, aber es tut zu weh, Gwyneth. Ich kann den Gedanken nicht ertragen, nie wieder mit ihm zusammen zu sein – und ich wollte ihm noch so viel sagen – so viele Dinge –«
»Ich weiß, Sal«, flüsterte Gwyneth ihr ins Haar. »Und ich kann es verstehen. Er war mein Sohn, und ich habe ihn von Herzen geliebt – und ich bedaure, dass ich nicht die Zeit hatte, mich von ihm zu verabschieden.«
»Dein Sohn?« Sal riss die Augen weit auf. »Aber warum habt ihr mir das nie erzählt?«
Gwyneth tätschelte ihr die Wange. »Du musstest es nicht wissen, und es hätte nichts verändert, oder?«, fragte sie.
Nachdenklich schüttelte Sal den Kopf. »Ich habe ihn geliebt, Gwyneth. Es spielt keine Rolle, wer er war.«
Gwyneth hielt sie in den Armen und ließ sie weinen, und als ihr Schluchzen schließlich stockte, löste Gwyneth sich sanft aus der Umarmung und überredete Sal, die Ponys zu holen und ihre Sachen einzusammeln. Während Sal beschäftigt war, wandte sie sich an Terence. »Lag es an der Kopfwunde?«, fragte sie und betrachtete den blutgetränkten Verband.
»Ich vermute, die Verletzung hat ein Blutgerinnsel in seinem Hirn verursacht, und das war das Ende. Es dürfte sehr schnell gegangen sein, Gran. Er hat nicht gelitten. Aber mehr kann ich dir nicht sagen, bis ich eine Autopsie vorgenommen habe.«
Gwyneth schüttelte vehement den Kopf. »Das kommt gar nicht in Frage«, sagte sie vehement. »Max ist tot, und daran können wir nichts ändern. Er wird mit Würde beerdigt, in einem Stück.«
Terence neigte den Kopf. »Das entspricht nicht den Vorschriften, aber unter den Umständen spielt es vermutlich keine Rolle.«
Blind vor Tränen schaute sie auf ihren Sohn hinab und verfluchte die nutzlosen Beine, die sie davon abhielten, neben ihm niederzuknien und ihn in die Arme zu schließen. »Würdest du Max bitte zum Wagen tragen? Wir müssen ihn nach Hause bringen.«
Der Hund knurrte, als Terence Max auf die Arme hob.
»Schon gut, Brandy«, beruhigte Sal ihn. »Wir tun ihm nichts. Komm, mein Junge! Du kannst hinten bei ihm mitfahren.«
Terence bettete Max behutsam auf die Ladefläche, und sofort sprang der Hund hinauf und setzte sich neben ihn, legte eine Pfote beschützend auf Max’ Brust und knurrte weiter.
Gwyneth schaute in das bleiche, leblose Gesicht ihres Sohnes, und ihr Herz zog sich vor Kummer zusammen. Er hatte in dem schrecklichen Krieg so viel erduldet, hatte sich von allen zurückgezogen, die ihn liebten – nur Brandy hatte ihm treu Gesellschaft geleistet und Sal, die ihm vielleicht ein wenig Freude gebracht hatte. Wie passend es war, dass er hier mit den beiden an seiner Seite sterben sollte, in Frieden unter den Bäumen und mit dem Morgenkonzert der Singvögel in den Ohren, das ihn in seinem einsamen Dasein aufrecht gehalten hatte.
Sie berührte seine kalte Wange und schob eine lange, helle Haarsträhne zurück. Tränen rannen ihr über das Gesicht. »Ruhe in Frieden, mein Sohn! Du sollst wissen, dass du immer geliebt wurdest«, flüsterte sie.
In Morgan’s Reach gab es kaum eine Frau, die nicht außer sich vor Sorge war – und alle, die keinen Mann, Vater, Bruder oder Sohn hatten, die gegen das Feuer ankämpften, kannten jemanden, der dabei war. In dieser weit verstreuten Gemeinde, in der dummes Gezänk und alte Feindseligkeiten so leicht aufflackern konnten, herrschte ausnahmsweise einmal Harmonie. Denn in diesem verzweifelten Kampf ums Überleben zählte jeder Einzelne.
Amy hatte George im Isolierraum zu Bett gebracht
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