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Das Land am Feuerfluss - Roman

Das Land am Feuerfluss - Roman

Titel: Das Land am Feuerfluss - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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wilden Honig finden.« Seine Miene wurde ernster, als die Erinnerungen hochkamen. »Er hat mir versprochen, dass wir die große Viehfarm seines Vaters drüben im Osten besuchen. Aber das war vor dem Krieg, und jetzt hat Grandpa Jackson sie verkauft und lebt bei meiner Tante in Darwin.«
    »Wenn du älter bist, fährt deine Mum vielleicht zu Besuch mit dir hin?«
    Dannys Schulterzucken erschreckte ihn.
    »Mum sagt, wir können uns eine so lange Fahrt nicht leisten«, brummte er. Sein Blick fiel auf den Schlapphut, der zwischen ihnen auf dem Höhlenboden lag, und sein Gesichtsausdruck wurde angespannt. »Das sind dieselben Rangabzeichen wie die meines Vaters. Du warst in der 8. Division, nicht wahr? Warst du auch in Malaya?«
    Ihm wurde klar, dass er diese knifflige Frage vorsichtig beantworten musste, so wahrheitsgetreu wie möglich. »Viele Männer sind nach Malaya gegangen«, wich er aus, »aber ich war nicht sehr lange da. Die meiste Zeit des Krieges war ich in Burma und Thailand.«
    »Wie ist der Dschungel denn so? Ist es wirklich heiß da, und gibt es dort Affen und so? War es aufregend?«
    Der Schmerz in seinem Bauch war wie eine mahlende Faust, aber er wollte nicht, dass Danny sah, wie er Tabletten einnahm, daher stellte er den Becher ab und griff nach der Tabakdose und dem Zigarettenpapier. »Krieg ist kein Abenteuer, Danny – er ist grausam und blutig und entsetzlich. Der Dschungel ist eine gefährliche, heiße, üble Gegend mit Sümpfen voller Blutegel und mit Spinnen, die dich auf der Stelle töten können. Die Japse kommen ohne Vorwarnung über einen, bombardieren die Lager, stellen Fallen auf und schießen auf alles, was sich bewegt. In Malaya habe ich viele gute Männer sterben sehen.«
    Danny ließ den Kopf hängen, der Tee war vergessen. »Mein Dad hat im Feldlazarett in einer Stadt namens Melaka gearbeitet, als sie angegriffen wurde. Mum hat mir den Brief von seinem Kommandeur gezeigt. Aber wie konnte er sich bei so vielen Leichen sicher sein, dass mein Dad gefallen war?«
    »Wir haben alle Erkennungsmarken getragen«, erklärte er. »Da gab es keinen Irrtum, wenn er am Stützpunkt war.«
    Danny blinzelte, um die Tränen zu unterdrücken. »Aber wenn sie sich nun doch geirrt haben? Wenn Dad gefangen genommen wurde und niemand wusste, wo er war? Und wenn er nach Hause kommen würde, aber das Gedächtnis verloren hat – und versucht, mich zu finden?«
    Er streckte eine Hand aus und zog den Jungen zu sich. »Hast du deshalb geglaubt, ich bin dein Dad, als ich dich unter dem Felsen fand?«, fragte er gerührt.
    Danny nickte. »Das habe ich mir wirklich gewünscht. Und du hast zuerst genauso ausgesehen wie er.« Er hob den Kopf und musterte ihn. »Du hast braune Augen, aber dein Gesicht hat eine andere Form und ist ganz gefurcht und runzlig – und deine Haare sind viel heller und dünner als die von Dad. Eigentlich siehst du viel zu alt aus, um mein Dad zu sein.«
    Er wagte nicht zu zeigen, wie tief die unschuldige Einschätzung des Jungen ihn verletzt hatte, daher drückte er ihn und schob ihn sanft von sich. »Trink deinen Tee, bevor er kalt wird. Bald wird es hell, und es wird Zeit, dass ich dich nach Hause bringe. Deine Ma wird schon ganz krank vor Sorge sein.«
    »Ich will nicht nach Hause«, murrte Danny. »Ich will hier bei dir bleiben und über meinen Dad und Malaya und den Krieg sprechen. Ben und Jake waren in Afrika und Europa. Und Mum weiß gar nichts, und du bist der Einzige, der mit mir nicht wie mit einem Kind spricht.«
    Er zündete sich die Zigarette an und lehnte sich an den Felsvorsprung, der sich an einer Seite der Höhle entlangzog. Der Junge war gescheit und wissbegierig und besaß eine Verwundbarkeit, die ihm ans Herz ging. Danny brauchte offensichtlich Antworten. Aber er wusste, dass er sich bei dem Jungen auf einem schmalen Grad bewegte. Ihm alles zu erzählen wäre ein Fehler und würde ihm vielleicht falsche Hoffnungen machen. Ihn anzulügen wäre jedoch Verrat.
    »John? Bitte, kann ich noch ein bisschen bei dir bleiben?«
    Er schaute dem Jungen in die Augen, sah die Sehnsucht darin und wusste, er konnte ihn nicht mit der Ungewissheit allein lassen, die ihm sichtlich zu schaffen machten. »Nur wenn du den Tee trinkst, bevor er kalt wird«, sagte er seufzend.

17  
      
    D ie Schlacht bei Blackman’s Creek war gewonnen – aber der Krieg auf Bob Freemans Wilga-Farm war noch nicht vorbei. Die Männer hatten inzwischen über achtzehn Stunden gegen das Feuer angekämpft.

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