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Das Land der MacKenzies

Das Land der MacKenzies

Titel: Das Land der MacKenzies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Howard
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den Abdruck genauer. „Der Mann stellt die Füße beim Laufen leicht nach innen. Er muss ungefähr fünfundsiebzig, achtzig Kilo wiegen. Er ist nicht besonders gut in Form. Als er bis hierher gekommen war, war er schon erschöpft."
    Clay fühlte sich unwohl. Manche würden diese Fähigkeiten bei der Spurensuche der Tatsache zuschreiben, dass Wolf Indianer war. Aber so simpel war es nicht. Es gab Trapper, die einem Tier in der Wildnis so leicht folgen konnten, als würden sie mit ihren Pfoten Farbstempel hinterlassen. Aber die Details, die Wolf nannte, konnte nur jemand erkennen, der darauf trainiert worden war, Menschen zu jagen. Clay zweifelte auch nicht an dem, was Wolf sagte. Er hatte andere Männer erlebt, wenn auch nicht viele, die so genau Spuren lesen konnten.
    „Sie waren in Vietnam." Clay wusste das, aber plötzlich bekam es eine andere Bedeutung.
    Wolf untersuchte immer noch den Abdruck. „Ja. Sie?"
    „Einundzwanzigste Division. Infanterie. Und Ihre Einheit?"
    Wolf sah auf, ein ungutes Lächeln umspielte seine Lippen. „Ich war ein LRRP."
    Clays ungesundes Gefühl verstärkte sich zu einem Schauder. Die LRRPs, die Männer auf Langstreckenpatrouille, hatten Wochen im Dschungel zugebracht, bei ihrer jeweiligen Mission auf sich allein gestellt. Sie hatten vom Land gelebt, waren gejagt worden und hatten gejagt. Sie überlebten nur durch ihre außergewöhnliche Intelligenz, ihre Reaktionsfähigkeit und die Fähigkeit, sich dem Dschungel anzupassen. Clay hatte sie aus dem Busch zurückkommen sehen, schmutzig und abgemagert, mit hartem Blick - und mit Nerven, die so blank lagen, dass es gefährlich war, sie unerwartet anzusprechen oder von hinten an sie heranzutreten. Ein kluger Mann bewegte sich vorsichtig um einen LRRP, der frisch von einer Mission zurück war.
    Das, was jetzt in Wolfs Blick lag, war ebenso kalt und tödlich. Eine eiskalte Wut, deren Ausmaß Clay nur vermuten, die er aber verstehen konnte.
    Wolf lächelte wieder, und fast sanft sagte er: „Er hat einen Fehler gemacht.“
    „Welchen?“
    „Er hat sich an meiner Frau vergriffen.“
    „Sie können ihn nicht jagen. Das muss das Gesetz übernehmen.“
    „Dann sollte das Gesetz besser Zusehen, dass es mit mir Schritt hält“, sagte Wolf und ging davon.
    Clay starrte ihm nach, nicht einmal überrascht, dass Wolf Mary so offen als seine Frau bezeichnete. Noch ein Schauder rann ihm über den Rücken. Die Einwohner von Ruth hatten einen schweren Fehler begangen, den Mann so falsch zu beurteilen. Aber der Vergewaltiger hatte einen noch schwerwiegenderen gemacht. Einen Fehler, der sich als tödlich für ihn erweisen könnte.
    Mary wiegelte alle Bitten und alles Flehen stoisch ab, als sie verkündete, dass sie jetzt zu sich nach Hause fahren wolle. Die Frauen meinten es gut, aber Mary würde keinen Moment länger bleiben können. Sie war nicht verletzt, und der Doktor hatte ihr versichert, dass die Kopfschmerzen bald nachlassen würden. Sie musste einfach nach Hause.
    Hinterher hätte sie nicht mehr sagen können, wie sie zurückgekommen war. Sie verspürte nur unendliche Erleichterung, als sie ihr altes, knarrendes Haus betrat. Das Gefühl war so stark, dass es sie erschreckte. Sie konnte es sich nicht erlauben, sich zu entspannen, noch nicht. Später vielleicht. Später konnte sie sich vielleicht gehen lassen.
    Woodrow scharwenzelte ihr kläglich maunzend um die Beine. Mary fütterte ihn, obwohl er schon fett und rund wie ein Ball war. Die einfache Tätigkeit laugte sie völlig aus, und so setzte sie sich an den Küchentisch, die Hände im Schoß gefaltet, und verharrte reglos und mit leerem Blick.
    So fand Wolf sie eine halbe Stunde später vor. Das Tageslicht begann gerade zu schwinden. „Warum hast du nicht auf mich gewartet?", fragte er leise von der Küchentür her.
    „Ich musste nach Hause", antwortete sie schlicht.
    „Ich hätte dich hergefahren."
    „Ich weiß."
    Er setzte sich neben sie und nahm ihre Hände in seine. Ihre Finger waren eiskalt. Sie sah ihn unbewegt an, und ein eiserner Ring legte sich um sein Herz.
    Er hätte alles dafür gegeben, um diesen Blick in ihren Augen nicht sehen zu müssen. Ihr Geist war immer so unbeugsam und unbezwingbar gewesen, die Vorstellung einer Niederlage war ihr völlig fremd. Sie hatte sich das Leben passend zurechtgeschnitten, es für selbstverständlich angesehen, dass Ladenbesitzer vor ihrem drohenden Zeigefinger erzitterten. Diese Einstellung hatte ihn irritiert, aber er hatte sie auch

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