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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Susannah.
    »Klef«, sagte mein Wächter vom Zelteingang her.
    »Weg mit dir, du Barbar!«, fuhr ihn Susannah an.
    Er ging nicht weg. Als ich nicht kleff te, kamen er und ein weiterer Soldat ins Zelt und schleiften mich hinaus. »Lasst sie nicht träumen!«, schrie ich Susannah verzweifelt zu, die mich anschaute, als hätten mich alle gute Geister verlassen. »Es ist lebenswichtig. Weckt die Prinzessin, wenn sie zu träumen beginnt. Bleibt wach und…«
    »Klef!« Ich wurde hinausgeschleift.
    Susannah verstand es nicht, genauso wenig wie Tom etwas Derartiges verstehen konnte. Sie würde schlafen, und sie würde Stephanie schlafen lassen, und meine Schwester würde in Stephanies Träume eindringen. Und was dann? Ich wusste es nicht. Aber es konnte nicht gut sein. Nicht für Stephanie, nicht für irgendjemanden von uns.
    Die Wilden ließen mich an meinem Feuer liegen. Es war sehr spät, und nur noch Glut war übrig. Tom schlief, aber Jee war nicht da. Mein Wächter kauerte sich neben mich. In der Dunkelheit der Nacht konnte ich sein Gesicht nicht sehen, aber seine ruckartigen Bewegungen zeigten mir, wie unruhig er war.
    Nicht so beunruhigt wie ich.
    Die Sterne leuchteten hoch oben und kalt zwischen den Wolkenfetzen. Ich starrte auf die vertrauten Sternbilder, den Bogen und den Ochsen und die Weinende Frau, und wartete. Worauf, das wusste ich nicht. Aber es würde geschehen, was immer es war. Ein ganzer Kreis von Toten war vor meinen Augen verschwunden. Zwei Frauen, ermordet durch eine Macht, die sich auf obszöne Weise eines unschuldigen Kindes bediente. In jenem anderen Reich wandelte meine Schwester, wahnsinnig und mordgierig. Hisafs und Frauen, die zum Netz gehörten, begingen Taten, die ich nicht verstand, an Orten, an die ich nicht gehen konnte. Etwas würde geschehen, einer von ihnen würde etwas herbeiführen.
    Aber stattdessen war es Jee, ein schmutziger und verliebter Zehnjähriger, der alles bis zu einem Punkt brachte, an dem es kein Zurück mehr gab.

45
    »Peter«, sagte Tom und schüttelte mich. »Wach auf!«
    Ich fuhr hoch und erwartete, Soldaten der Wilden zu sehen, deren Gewehre auf mich gerichtet waren, ein Gemetzel oder einen Aufstand. Stattdessen war es Tom, der sich über mich beugte. Neben dem Feuer von gestern Abend saß mein Nachtwächter im Schneidersitz und beobachtete uns. Die Armee war noch nicht für den Tagesmarsch geweckt worden.
    »Was ist los?«
    »Alysse ist nicht im Lager.«
    »Du hast mich geweckt, um mir das zu sagen? Was erwartest du von mir?« Als ich schließlich eingeschlafen war, war mein Schlaf tief und traumlos gewesen, der Tiefschlaf der vollkommenen Erschöpfung. Ich wollte mehr davon.
    »Du verstehst es nicht«, sagte Tom. »Alysse ist nirgendwo. Ich habe Jee losgeschickt, um nach ihr zu suchen, aber er hat sie nicht gefunden. Die Wilden haben ihr etwas angetan oder sie getötet. Ich weiß es! Sie kann das Lager nicht ganz allein verlassen haben!«
    Doch, das konnte sie. Aber ich konnte es Tom gegenüber nicht erwähnen. Also sagte ich stattdessen lahm: »Hat Jee überall nachgesehen?«
    »Ja! Das hat er mir zumindest gesagt.«
    »Wo ist Jee jetzt?«
    Tom blickte sich unaufmerksam um, als würde ihm erst jetzt auffallen, dass Jee wieder fort war. Seine Sorge um Alysse war echt, das wusste ich, aber vorübergehend. Genauso hatte er Fia nachgetrauert– eine Woche lang. Dann hatte er sich in seinem flatterhaften Verstand zusammengereimt, dass sie den Kummer nicht wert war, weil sie ihn verlassen hatte, und so war er zu Alysse weitergewandert. So würde es auch dieses Mal sein. Bald würde es eine Sarah oder Madge oder eine Jane geben, und er würde Alysse nie wieder erwähnen.
    So würde es zumindest kommen, wenn ich uns beide am Leben erhalten konnte.
    Tom sagte: »Ich weiß nicht, wo Jee ist. Dieser Junge kommt und geht, kommt und geht, er sagt nie… aber Alysse, ein Mädchen, das sich nicht verteidigen kann! Diese Pisspötte von Wilden…« Er ballte seine großen Fäuste und starrte meinen Wächter an, der ihn nicht beachtete.
    »Wenn sie nicht so hübsch wäre«, fuhr Tom fort, »aber das ist sie! Peter, du hast das natürlich nicht gesehen, aber sie hat die herrlichsten…«
    Ich folgte seinem Blick. Der Wächter sprang auf und nahm Haltung an. Es lief mir eisig den Rücken hinab.
    Durch das schlafende Lager, geisterhaft im bleichen Licht kurz vor der Dämmerung, glitt eine Prozession auf uns zu. Sogar aus der Ferne erkannte ich den Junghäuptling an seinem Gang, in

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