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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Kugeln.
    Schatten regte sich. »He, Junge, he…« Ich brachte die Worte kaum heraus. Meine Kehle war geschwollen, mein Mund trocken, mein Kopf pochte. Jeder Muskel schmerzte. Schlimmer noch, ich wusste nicht, was ich als Nächstes tun sollte. Wo war ich? Würde Tom Jenkins zurückkehren, und wenn ja, würde er die wilden Soldaten mitbringen? Wenn der Junghäuptling eine Belohnung auf den Mann ausgesetzt hatte, der vier seiner Soldaten getötet hatte…
    Der Gedanke war wie ein heißes Schwert zwischen den Rippen. Sofort kroch ich aus der Höhle, blinzelte ins Sonnenlicht und wollte so schnell wie möglich fort. Tom Jenkins marschierte auf mich zu, allein, und ließ einen vollen Wasserschlauch baumeln.
    »Guten Morgen, Peter! Wie geht es dir heute?«
    Wie es mir ging? Keine einfache Antwort wollte sich einstellen, aber Tom wartete ohnehin nicht darauf.
    »Ich habe Wasser und Nahrung. Ab, zurück in die Höhle– du kannst nicht herauskommen, bis es Nacht ist. In Almsburg wimmelt es von Wilden. Pfeffer mir einer den Arsch, aber die sehen vielleicht grimmig aus! Hier, am besten isst du was.«
    Er war so fröhlich, als würde er von einem vormittäglichen Gartenspaziergang zurückkehren. Da ich nicht sicher war, was ich sonst tun sollte, ging ich zurück in die Höhle. Wenn Tom den Soldaten den Weg hierher gezeigt hatte, war er bestens ausgestattet, mich hier festzuhalten, bis sie kamen. Ich hatte nur mein kleines Rasiermesser, das in etwa so gefährlich war wie die Nähnadel einer Frau. Die Wilden hatten sich nicht einmal die Mühe gemacht, es mir abzunehmen. Also setzte ich mich in der feuchten Düsternis der Höhle mit Tom hin und trank das frische Wasser, das er in seinem Wasserschlauch gebracht hatte, aß das gute Brot und den Käse und hörte ihm zu, wie er plauderte, während er sein eigenes Frühstück verschlang.
    »Das Brot habe ich von Agnes Coldwater. Sie steigt mir schon seit über einem Monat nach, damit ich mit ihr ins Bett gehe. Zu hässlich, obwohl es schade ist, denn sie bäckt das beste Brot und die besten Pasteten und Kuchen in Almsburg. Gut, was? Ich werde heute mit dir hier in der Höhle bleiben müssen, weißt du. Bald wird mich mein Vater vermissen, der alte Bastard! Wir haben hier gespielt, als ich noch ein Junge war, ich und John Crenshaw. John ist vor drei Jahren an der Pest gestorben. Wir haben so getan, als wären wir Räuber und… Hier, Hund, magst du ein Stück Käse, Junge? Dann gib Pfote!«
    Schatten gab nicht Pfote. Sein Blick richtete sich starr auf den Käse, und er wurde ganz still, als könnte er den Käse oder Tom behexen oder auch beide.
    »Er gibt nicht Pfote? Nun, das kann man ändern, nicht wahr? Hier, Junge, sitz!«
    Schatten saß bereits. Tom fing an, ihm beizubringen, wie man Pfote gab, indem er Käsestücke benutzte, und unterdessen unentwegt redete. Toms Energie war grenzenlos. Ich wurde müde davon, da ich schon erschöpft war von Schmerz und Angst. Das gute Essen spannte meinen Bauch so prall wie eine Trommel. Ich war gerade erst aufgewacht, aber die Schläfrigkeit überkam mich, und gegen meinen Willen schlief ich wieder ein.
    Der Traum kam. Nicht der Traum mit der gekrönten Gestalt, die sich durchs Land der Toten bewegte. Dieser war schlimmer, ein Traum, den ich vor zwei Jahren gehabt und von dem ich gehofft hatte, ihn nie wieder zu träumen, ein Traum von meiner Mutter:
    Sie saß in ihrem lavendelblauen Kleid da und hatte ein Kind auf dem Schoß. Ich war sowohl der Zuschauer als auch das Kind, sicher und warm in den Armen meiner Mutter. Sie sang mir leise vor, ein Lied, in dem ich zuerst keine Worte verstand. Dann wurden die Worte deutlicher, und Roger dem Zuschauer gefror das Blut in den Adern: »Stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines, stirb, stirb …« Aber Roger das Kind lauschte dem ungeheuren Lied und schmiegte sich enger an, ein Lächeln auf dem kleinen Gesicht und die schöne Melodie in den Ohren. »Stirb, mein Kind, stirb, stirb, mein Kleines, stirb, stirb …«
    Ich erwachte mit einem lauten Schrei. Schatten brach durch das Unterholz und stürmte in die Höhle auf der Suche nach dem, was mich angriff. Einen Augenblick später streckte Tom den Kopf herein.
    »Peter, was ist los? Ein Bär?«
    »Nein. Ich… ich…«
    »Kein Bär?« Er kroch in die Höhle. Er trug das Gewehr des Wilden. Dieser Anblick vertrieb den Rest des schrecklichen Traumes.
    »Tom, du kannst das Ding hier draußen nicht abfeuern. Es macht großen Krach– die Soldaten würden aus

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