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Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02

Titel: Das Land hinter den Nebeln - Buch der Seelen 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Kendall
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Riss in der Barriere stärker erweitert, als dir bewusst sein konnte. Es verhält sich wie bei der Befestigung rund um eine Burg: Sobald eine Bresche in die Mauer geschlagen ist, erweitert sie alles, was sich hindurchzwängt. Die Frauen der Seelenkünste scheinen nicht zu verstehen oder vielleicht auch nicht zu akzeptieren, dass es anders ist, wenn ein Hisaf durchgeht. Dass wir anders sind.«
    »Du bist anders als die anderen, weil dein Vater anders ist als andere Hisafs «, hatte Mutter Chilton gesagt. Aber sie hatte nicht das gemeint, was mein Vater jetzt meinte. Ich sagte: »Aber trotzdem hat man mir gesagt, dass…«
    »Vergiss, was man dir gesagt hat! Die Frauen der Seelenkünste und meine Hisafs kämpfen beide gegen das Seelenrankenmoor und die abtrünnigen Hisafs, aber wir kämpfen nicht gemeinsam. Die Frauen sind keine Soldaten. Sie haben ihren Nutzen, aber sie sind schlecht organisiert und ineffektiv.«
    Mutter Chilton hatte nie ineffektiv gewirkt. »Aber…«
    Er nahm mich bei den Schultern. »Roger, ich habe keine Zeit, mich mit dir zu streiten! Hörst du dieses Geräusch nicht?«
    Und nun, da er es erwähnte, hörte ich es: ein schwaches Bellen wie von königlichen Hunden auf der Hirschjagd. Aber es gab keine königlichen Jagdhunde im Land der Toten, keine Hirsche, keine Geräusche. Ich wusste nicht, was ich da hörte.
    Mein Vater kam mit dem Mund dicht an mein Ohr. »Man wird dich mit der Prinzessin über die Westlichen Berge bringen, ins Königreich des Junghäuptlings. Er will über die ›magischen Illusionen‹ verfügen, von denen er glaubt, dass du sie erschaffen hast, um seinen Vater zurückzuschlagen. Er glaubt nicht nur, dass du eine Hexe bist, sondern auch, dass du ihm beibringen kannst, es ebenfalls zu werden. Spiel bei diesem Gedanken mit. Tu, was immer du kannst, nur hole niemanden und nichts aus dem Land der Toten ins Land der Lebenden. Gib vor, den Junghäuptling zu unterrichten, denn das ist der einzige Weg, wie du am Leben bleiben kannst, bis wir dich retten können. Und ich werde dich retten; du hast mein feierliches Versprechen. Wir…«
    »Rette mich jetzt!«, sagte ich, und es war der plötzliche Aufschrei eines Kindes vor den Eltern. Sofort bedauerte ich es. Mein Gesicht wurde warm vor Scham.
    »Glaubst du nicht, ich würde es tun, wenn ich könnte? All die Jahre habe ich geglaubt, du wärst gestorben, als Katharine gestorben ist. All die Jahre habe ich auf dieser Seite des Grabes nach dir gesucht…« Das Bellen wurde lauter. Mein Vater stieß die Worte hervor. »Wir können hier nicht mehr bleiben. Kehre ins Land der Lebenden zurück, Roger. Jetzt.«
    Ein lautes Geräusch wie von einer einstürzenden Felsklippe drang heran, an einem Ort, an dem es keine Klippen gab. Ich biss mir fest auf die Zunge. Blut quoll mir in den Mund, und ich kehrte zurück.
    Im dunklen Kerker regten sich Männer. Ich hörte Lord Robert leise fluchen, und der Stallknecht vom Land stöhnte vor Schmerzen, ohne dass ich den Grund erkennen konnte. Jemand pisste in den blechernen Eimer. Aber mein Vater regte sich nicht, nicht einmal, als ich ihn fest anstieß. Er war nicht mit mir aus dem Land der Toten zurückgekehrt.
    Mein Vater.
    Selbst jetzt konnte ich es nicht glauben. Von allem, was er mir erzählt hatte, bekam ich Kopfschmerzen, als bestünde das Wissen aus groben Splittern, die mir ins Gehirn getrieben wurden. Meine Mutter und der »Krieg« mit dem Seelenrankenmoor. Uneinigkeiten zwischen Hisafs und den »Frauen der Seelenkünste«, obwohl beide behaupteten, auf derselben Seite zu kämpfen. Mein Vater hatte von einer »Bresche in den Befestigungen zwischen dem Land der Lebenden und dem Land der Toten« gesprochen, aber Mutter Chilton sprach von einem »Netz des Seins«. Ich stellte mir ein riesiges Spinnennetz vor, das sich über das Grab spannte, von den Lebenden und den Toten gemeinsam gewoben, und in der Mitte saß die Spinne. Sie zupfte an einem seidenen Faden, und das ganze Netz bebte.
    »Du gehörst nicht hierher, nicht auf diese Weise. Aber bald.«
    »Tot seit elf Jahren.«
    »Licht«, sagte Lord Roberts Stallknecht. Ein schwaches Leuchten drang durch die Gitterstäbe der Zelle, das stärker wurde. Ein Schlüssel kratzte im Loch. Es wurde noch heller, als ein Soldat der Purpurnen eine flackernde Fackel hob. Zwei Wilde marschierten in die Zelle, musterten uns alle und hievten mich auf die Beine.
    Aber nicht bevor ich, sobald ich ausreichend Licht gehabt hatte, um zu sehen, was ich tat, Lord Robert

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