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Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann
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etwas darauf sagen konnte, klopfte Phillip an die Tür.
    Knars fragte sich nun instinktiv, ob nun nicht etwa auch noch Herr Trietz irgendein Gemälde aus dem Louvre in seinem Büro hängen hatte. Nach dem einen nackten jungen Mann am Meer bei Frau Professor Wechselberger und den zwei nackten jungen Frauen im Bad , die ganz offenbar Herrn Rechenbergs Dienstzimmer verschönerten, war er nun schon auf einiges gefasst. Vielleicht vier nackte Jünglinge im Segelboot oder so was in der Art?
    Man konnte gespannt sein. Durchaus.
    »Herein«, tönte es gelangweilt heraus.
    Herr Trietz saß an seinem Schreibtisch und blätterte in einem Bund zusammengehefteter Papiere.
    »Ich bringe ihnen hier den Neuen«, sagte Phillip dann.
    Herr Trietz blickte leicht auf. »Ah. Konstantin, nicht wahr. Wir hatten eigentlich schon heute Nachmittag mit dir gerechnet.«
    Dann drehte er sich zu Phillip. »Er soll auf jeden Fall gleich nachher noch am Abendessen teilnehmen, auch wenn er vielleicht müde und erschöpft ist. Unser Einzelgespräch mit ihm führen wir dann irgendwann in der kommenden Woche.«
    Knars nickte folgsam mit dem Kopf und wartete bis ihm Herr Trietz seine Hand hinstreckte. Er war dann auch gleich irgendwie erleichtert. Keine Gemäldereproduktionen aus dem Louvre hier in Herrn Trietz’ Büro. Nur ein großformatiger Fotodruck mit einer Stadtansicht des Ortes Basel in der Schweiz.
    »Wenn du ein Mobiltelefon, Laptop, iPad, iPod, iPhone, mp3Player, Walkman, Diskman oder irgend so etwas in dieser Art dabei hast, bitte am besten gleich hier alles abgeben«, wurde Knars nun offiziell belehrt.
    Vor etwa einem Jahr waren die Regeln diesbezüglich auch hier oben im Schloss verschärft worden. Musste man die entsprechenden Geräte bis dahin am Abend eine Stunde vor dem Lichtlöschen abgeben und konnte sie sich am nächsten Morgen wieder abholen, so blieben diese nun zumindest während der Trimester vollständig aus dem Leben der Mulder im Schloss verbannt.
    Der Idee der Gründerväter von Lohenmuld – raus aus den Industriegebieten, einfaches, naturnahes Leben, fern von der Reizüberflutung und den Belastungen der Großstädte, ganzheitliches Lernen im Zusammenspiel von Kopf, Herz und Hand – fühlte man sich hier gerade im Angesicht der völligen Informationsüberflutung und dem Unterhaltungsoverkill durch die vielfältigen technischen Neuerungen der letzten Jahre auf eine ganz neue, man könnte durchaus sogar sagen, in ihrer Konsequenz letztlich auch radikale Weise verpflichtet.
    Manch ein neuer Schüler in Lohemuld musste erst neu oder erst wieder lernen, das Wichtigste einer Unterrichtsstunde mit einem Stift auf einem Blatt Papier niederzuschreiben oder in einem Buch oder Text eine bestimmte Stelle, einen ganz bestimmten Ausdruck ohne die Verwendung der Suchen und Ersetzten Funktion eines Textverarbeitungsprogramms wieder zu finden. Vom allseits beliebten Paste Copy einmal ganz zu schweigen.
    Knars schüttelte den Kopf. Er hatte sein iPhone, und seinen Laptop vorausschauend gleich ganz zu Hause gelassen.
    »Irgendwelche Kreditkarten? Bargeld?« fragte Herr Trietz dann.
    Knars kramte aus seiner blauen Jacke seine Brieftasche heraus. Ausweis, Bankkarte, eine Kreditkarte mit stark eingeschränktem Verfügungsrahmen, Krankenversicherungskarte, ein paar Geldscheine und Münzen.
    Herr Trietz packte alles in einen braunen Umschlag. Die Farbe des Umschlags stand jedoch in keinerlei Zusammenhang mit seiner politischen Gesinnung. »Hast du denn schon eine Telefonkarte?« fragte er dann. »Das ist für euch Schüler im Prinzip das Wichtigste hier.«
    Knars schüttelte den Kopf. Draußen am Parkplatz vor dem Schloss gab es für speziell für die Schüler eine Telefonzelle mit Kartentelefon, während der laufenden Trimester neben dem traditionellen Briefeschreiben, das auch die meisten der Schüler hier wieder völlig neu lernen mussten, oft der einzige Draht zur Außenwelt. Dementsprechend stark war dort auch oft der Andrang insbesondere von heimwehgeplagten jüngeren Mittelstufenschülern vom unteren Gutshof.
    Herr Trietz nahm daraufhin einen Zwanziger wieder aus dem Umschlag heraus und überreichte Knars eine Telefonkarte des selbigen Wertes. Dann klebte er den Umschlag zu, beschriftete ihn und legte ihn in einen Wandtresor zu zahlreichen anderen braunen Umschlägen. Knars würde den Inhalt seiner Brieftasche natürlich wieder ausgehändigt bekommen. Wenn er in den Weihnachtsferien nach Hause fahren oder an einem freien Wochenende

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