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Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann
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mit den Telefonkarten überhaupt nicht, dachte sich Knars, aber er hatte jetzt echt keinen Bock mehr darauf, ausgerechnet auch noch dieses Thema heute Abend weiter mit seinem neuen Zimmerkameraden zu diskutieren.
    Etwa eine Viertelstunde vor dem Lichtlöschen kam schließlich noch Herr Trietz vorbei, um nach dem Rechten zu sehen. Jan musste ihm wie immer seine heute noch halbvolle Zigarettenpackung aushändigen. Und auch die Notration von zwei Glimmstängeln, die er in seiner oberen Nachttischschublade aufzubewahren pflegte, wurde konfisziert. Damit er erst gar nicht in Versuchung geführt wurde, sich womöglich in einem Augenblick nächtlicher Schwäche eine davon im Zimmer anzuzünden. Ein schweres Vergehen, das umgehend einen Rauchmelder und eine sofortige, wenn auch im Gegensatz zu den Drogenvergehen nur vorläufige Suspendierung für den Übeltäter auslösen würde. Im Gegenzug dafür bekam er von Herrn Triez dann aber zwei noch eingeschweißte Nikotinkaugummis überreicht, damit er notfalls auch so über die Nacht kam, ohne in der einen oder auch anderen Form auszurasten. Dieses seltsame Spiel spielten die beiden offenbar jeden Abend miteinander und es hatte fast schon rituellen Charakter.
    Dann blickte Herr Trietz noch kurz hinüber zu Knars, der auf seinem Bett hockte. Wenig freundlich. Ein Neuer mitten im Trimester. Und dann ausgerechnet auch noch in seinem Haus . Das brachte Unruhe mit sich. Außerplanmäßige Einzelgespräche. Das machte zusätzliche Arbeit, die bei einem weniger geldgierigen Stiftungsrat eigentlich leicht vermeidbar gewesen wäre.
    »Der Westerholdt soll sich heute Nacht bloß unbedingt einen möglichst dicken Schlafanzug anziehen«, sagte er dann zu Jan ohne Knars auch nur eines weiteren Blickes zu würdigen. »Wenn man frisch hierher kommt, unterschätzt man leicht die klimatischen Tücken hier in diesem Haus und auch in ganz Lohenmuld . Wir wollen ja nicht, dass er schon morgen an seinem ersten vollen Tag hier zugeschleimt flachliegt.« Denn, wenn einer seiner Jungs fiebrig den ganzen Tag in seinem Bett herum lag, machte dies für Herrn Trietz nur noch mehr zusätzliche Arbeit, die er daher so unbedingt am besten schon im vorneherein vermeiden wollte.
    Dann ging er hinaus und brummte dabei unmotiviert etwas, das vielleicht entfernt und ziemlich verschwommen, dafür aber mit nicht weniger arroganter romanistischer Inkompetenz durchsetzt wie »Bonne nuît, garçons, et bonne chance« klang und drehte von außen schwungvoll zweimal den Schlüssel im Schloss um.
    Knars blickte seinen Zimmerkameraden erstaunt mit großen Augen an.
    »Seit letztem Jahr wird auch hier bei uns im Schloss nachts wieder die Zimmertüre abgeschlossen«, wurde Knars aufgeklärt. »Unsere Vorgänger haben’s wohl einfach etwas zu wild und gar zu heftig getrieben, was unerlaubte nächtliche Ausflüge angeht und all so was. So bestand letztlich die Wahl zwischen der Installation von Überwachungskameras und dem nächtlichen Einschließen.«
    Der Stiftungsrat hatte sich also augenscheinlich in enger Absprache mit der Elternvertretung für die Schlüsselvariante entschieden. Effektiv. Preiswert und ohne den unguten Beigeschmack eines anonymen aber dafür allgegenwärtigen virtuellen Überwachungsapparates.
    Knars erhob sich von seinem Bett und ging hinüber zu den Fenstern. Den schmalen unteren Flügel konnte man zum Lüften kippen. Der große obere Flügel war jeweils mit einem Sicherheitsschloss gegen unbefugtes Öffnen gesichert.
    »Da müsstest du dich schon so klein wie ein Kaninchen machen, damit du da unten durchpasst«, witzelte Jan und Knars fand es wieder mal überhaupt nicht witzig. Die begriffliche Nähe von Internat und interniert sein wurde für ihn in genau diesem Augenblick plötzlich sehr klar, sehr transparent.
    Für absolute Notfälle gab es ein kleines funkgesteuertes Gerät, mit dem man Herrn Trietz notfalls auch Mitten in der Nacht aus dem Bett beepen konnte. Aber bislang hatte zumindest hier in Haus Nummer Fünf noch nie ein Mulder von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht. Wohl auch deswegen, weil dies für Herrn Trietz’ Launen in den dann folgenden Tagen nicht unbedingt förderlich gewesen wäre.
    Um bis zum Lichtlöschen fertig zu sein, begann Jan nun damit, sich auszuziehen und packte seinen eigentlich robusten und bestimmt sehr widerstandsfähigen Körper in einen wärmenden Schlafanzug, der unter seinem großen Kopfkissen gelegen hatte.
    Ganz im Gegensatz zu Knars, als er sich vorhin zum

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