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Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann
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Jetzt bloß nicht so voll angezogen einfach wegpennen. Dann kriegen wir dich nachher ja überhaupt gar nicht mehr wach«, erkannte Jan völlig richtig.
    Mühsam setzte sich Knars an der Bettkante nochmals auf, als Phillip, der Haussprecher von Haus Nummer Fünf ins Zimmer kam und zwar mit einer runden kleinen Kerze in einer Aluminiumschale in der Hand.
    »Na, Westerholdt? Immer noch fit?« wurde Knars von ihm gefragt, obwohl jeder halbwegs Nichtblinde an Knars’ müden Augen sehen konnte, dass dies eben nicht der Fall war.
    »Geht so«, antwortete Knars nicht so ganz der Wahrheit entsprechend und blickte hinüber zu Jan, der sich dort gerade ein Bild von einer jungen Frau ohne Bikinioberteil an die Pinwand über seinem Bett hängte.
    »Wir haben hier in Lohenmuld einen alten traditionellen Brauch«, begann Phillip. »Wenn jemand neu ins Schloss oder auch in den Gutshof unten kommt, so stellen wir in seiner ersten Nacht immer eine brennende Kerze in sein Zimmerfenster.«
    »Aha !?« murmelte Knars, dem jetzt hier so kurz vor dem Schlafengehen nun wirklich nicht der Sinn nach irgendwelchen weiteren Lohenmulder Insidergeschichten stand.
    »Wie du ja sicher schon irgendwo gelesen hast«, erklärte Phillip weiter, »handelt es sich hier in Lohenmuld um ein sehr altes Anwesen mit einer langen Geschichte.«
    Knars nickte gähnend.
    »Mit einer Kerze während deiner ersten Nacht im Fenster, zeigst du gewissermaßen deine Ankunft hier an. Du stellst höflich eine Nachricht ins Fenster. Auf der anderen Seite bringst du damit aber auch ein gewisses Opfer . Das ist in der heutigen Zeit nicht mehr so verständlich. Aber früher waren Kerzen ein absolutes Luxusgut und sehr, sehr teuer. Im Grunde nur für den Adel erschwinglich. Und eine eben solche Kerze eigentlich völlig zwecklos herunterbrennen zu lassen, während du schläfst und damit nun wirklich kein Licht brauchst, galt als der Gipfel der dekadenten Verschwendung und stellte für die weniger Betuchten ein echtes, wirkliches Opfer dar.«
    Okay. Knars verstand schon. Obwohl es dafür eigentlich schon viel zu spät am Abend war. Er wollte eben Jan nach seinem Feuerzeug fragen und die Kerze anzünden, damit die Sache endlich erledigt wäre, als er von Phillip dahingehend belehrt wurde, dass er, wenn dieses Lohenmulder Ritual auch wirklich funktionieren sollte, für die mitgebrachte Kerze nun schon eine, wenn auch nur symbolische Spende leisten müsse.
    »Hat Herr Trietz dir vorhin auch dein gesamtes Kleingeld abgenommen?« fragte er Knars dann, obwohl er ja heute Nachmittag höchstpersönlich dabei gewesen war.
    Knars nickte.
    »Dann muss er halt in Naturalien bezahlen«, kicherte Jan und fasste sich mit dem für ihn so typischen dreckigen Grinsen zwischen seine Beine, während er mit der anderen Hand weiter an seiner Pinwand hantierte.
    Knars verstand jetzt wirklich nicht, was sein Zimmerkamerad damit gemeint hatte. Vielleicht wollte er es aber ja auch gar nicht wirklich verstehen.
    »Aber deine Telefonkarte. Die hast du doch noch?« erkundigte sich Phillip dann. »Wenn du sie mir gibst, dann telefoniere ich morgen vom Guthaben einige Einheiten ab. Das gilt dann auch als Spende.«
    Müde kramte Knars die Karte heraus und gab sie seinem Haussprecher. Dann zündeten sie gemeinsam mit Jans Feuerzeug die kleine Kerze in ihrer Aluminiumschale an und stellten sie flackernd etwas schräg hinter dem Kopfende von Knars’ Bett auf das steinerne Fensterbrett.
    Als Phillip gegangen war, stand Jan auf und setzte sich hinüber an seinen Schreibtisch und suchte sich mühsam einige schmale Hefter für den kommenden Tag heraus.
    »Der gute Phillip. Seit ich DEN hier kenne, und das ist bestimmt schon eine ganze Weile, ist der noch nie mit seiner eigenen Telefonkarte über den kompletten Monat gekommen. Er hat immer viel zu bereden. Herzensangelegenheiten und all so Zeug halt.«
    Knars war das Ganze jetzt zwar irgendwie auch egal, aber er wollte nicht unhöflich wirken und so sagte er schlicht und kurz: »Echt?«
    »Ja klar. Was glaubst du denn?« bellte Jan dann weiter. »Der Lars kann ja schließlich nicht vor allen anderen Muldern hier im Schloss verkünden, dass ausgerechnet einer von seinen Haussprechern sich Telefonkarten ausborgt , um sie dann abzutelefonieren. Selbst wenn Phillip nicht irgendetwas gegen ihn in der Hand hätte, was ich ja eigentlich nicht glaube, ginge das nicht.«
    Sollten sie hier doch einfach wieder eigene Mobiltelefone erlauben, dann hätten sie das ganze Theater

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