Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Land jenseits des Waldes, Band I

Das Land jenseits des Waldes, Band I

Titel: Das Land jenseits des Waldes, Band I Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benedikt Altmann
Vom Netzwerk:
unangenehme, beißende, weiße Licht oben von der Zimmerdecke wieder ausschalten wollte. Wortlos ging er dann ins Zimmer hinein und überprüfte , ob seine beiden Jungs aus Zimmer 05002 auch wirklich noch persönlich anwesend waren. Morgendliche Lebendkontrolle , im Sprachcode der Hausvorstände. Wie in einer Jugendstrafanstalt. Danach kippte Herr Trietz das untere Fenster vor den beiden Schreibtischen. Unangenehm kühle und vor allem regelrecht giftig feuchte Luft bahnte sich so beißend Weg ins Zimmer und erschwerte ein erquickliches Weiterschlummern ganz erheblich. Auch das war gemein, denn ganz im Gegensatz zum Kippfenster unmittelbar hinter Knars’ Kopfkissen, musste man auch hier nun wirklich raus aus seinem Bett, wenn man dieses Fenster wieder schließen wollte. Herr Trietz war zwar noch nicht so lange wie manch anderer Erzieher hier im Schloss Hausvorstand aber ganz offenbar schon lange genug, um jene kleinen und gemeinen Tricks, jene fiesen Spielchen zur Genüge zu beherrschen, mit denen man frühmorgens notorisch müde Jungs aus dem Bett brachte. Dazu gehörte auch, dass er Jan seine gestern am späten Abend einbehaltene Zigarettenpackung wieder auf die Bettdecke warf. Sein Verlangen nach Nikotin würde diesen Mulder hier sehr viel schneller als manche glauben mochten, aus seinem warmen Bett hinaus zum Rauchen in den kühlen Innenhof von Haus Nummer Fünf befördern. Dessen war sich Herr Trietz ganz sicher. Er fand seine diesbezüglichen Methoden ja fast schon selbst genial.

    Ohne auch nur ein Wort gesprochen zu haben, ging er dann wieder hinaus, während er leise une chanson triste summte . Dann wiederholte sich dieselbe Prozedur im Zimmer nebenan. Raucher gab es dort allerdings keinen.
    Mit deutlich erkennbarer Mühe setzte sich Jan in seinem Bett auf. Es war zwar jeden Morgen dieselbe Quälerei, aber im Lauf all der Jahre hier hatte sich bei ihm nun doch auf irgendeine Weise darin eine gewisse Routine eingestellt, frühmorgens diesen tagtäglichen Kampf zu gewinnen und doch pünktlich aus dem Bett zu kommen. Mehr oder auch weniger mühsam. Er deponierte wie üblich zwei Zigaretten aus der zurückerhaltenen Packung als Notration in seiner oberen Nachttischschublade. Eine weitere davon stecke er sich schon mal in den Mund. Sein Körper verlange nach Rauch. Sofort. Augenblicklich.
    Knars hingegen hatte von Herrn Trietz’ Auftritt überhaupt nichts mitbekommen. So fest und so tief schlief er jetzt. Endlich. Er hätte problemlos einfach so weiter bis zum Mittagessen durchschlafen können und sich dann gelassen, fit und bestens erholt seinen neuen Herausforderungen hier im Schloss Lohenmuld stellen können . Völlig entspannt und voll von neu generierter Energie .
    Doch die Realität sah natürlich anders aus. Auf die individuellen jugendlichen Schlafbedürfnisse wurde hier in Lohenmuld genauso wenig Rücksicht genommen wie in jeder anderen Schule. Staatliche Lernfabrik oder exklusives Privatinstitut.
    Reichlich müde aber immerhin halbwegs wach humpelte Jan hinüber zum Bett seines sich immer noch im Tiefschlaf befindlichen Zimmerkameraden. Da er auf seine Worte in keinster Weise reagierte, zog er ihm mit dem Schwung eines Junkies, der jetzt unmittelbar seine nächste Zigarette benötigt, einfach die wärmende Bettdecke nach unten.
    Schlaftrunken richtete Knars sich auf. Nicht das kleinste Haar auf seiner Brust.
    »Sag mal Alter. Bist du jetzt komplett wahnsinnig geworden?« Jan war entsetzt. »Der Trietz knüpft mich höchstpersönlich da draußen am Fahnenmast vor dem Schlossparkplatz auf, wenn du jetzt Fieber bekommst.«

    »Mir war’s halt einfach zu heiß«, murmelte Knars verschwommen. »Ich hab’ ganz bestimmt nicht gefroren heut’ Nacht. Ganz bestimmt nicht. Echt.«
    Knars wollte sich bereits wieder auf die Seite drehen und so seinem dringenden Schlafbedürfnis weiter nachkommen, doch Jan schüttelte ihn erneut unsanft zurück in die diesseitige Realität.
    »Und ganz genau das ist hier der Punkt mein Freundchen!« herrschte er seinen neuen Mitbewohner lautstark an. »Du selbst nimmst diese tückische feuchte Kälte hier bei uns in den Nächten oft gar nicht so richtig bewusst wahr. Und dann wunderst du dich, warum du plötzlich fiebrig und total zugeschleimt bist.«
    Knars fielen die Augen zu. Ihm war das alles im Moment so was von völlig egal. Er wollte nur noch eins. Und zwar weiter schlafen.
    »Tut mir ja sehr Leid, dass ich kein so schönes Fell wie du direkt auf dem Körper habe«,

Weitere Kostenlose Bücher