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Das Landmädchen und der Lord

Das Landmädchen und der Lord

Titel: Das Landmädchen und der Lord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ANNE HERRIES
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akzeptierte sie seine Entschuldigung. Er warf einen Blick zu Susannah hinüber und runzelte die Stirn, bevor er sich wieder zu seiner Gastgeberin wandte.
    In solchen Situationen hatte er Susannah früher zugelächelt und den Kopf geneigt. Dass er es diesmal versäumte, erzeugte einen sonderbaren, unerwarteten Schmerz in ihrer Brust. Hastig schaute sie weg, was er, in ein Gespräch mit der Duchess vertieft, anscheinend nicht bemerkte.
    Als Lord Pendleton erneut in ihre Richtung blickte, kehrte Northaven zurück, reichte ihr ein Glas Champagner. Da Susannah unverhohlene Missbilligung in Lord Pendletons Augen las, dachte sie voller Unbehagen an seine Warnung. Auch Mama und Amelia hatten sie ermahnt, sie möge sich vor dem Marquess in Acht nehmen. Vielleicht war es unklug gewesen, seine Gesellschaft beim Souper zu gestatten. Aber was konnte es schon schaden?
    „Essen Sie nichts, Sir?“, fragte sie, weil er außer ihrer Weinschaumcreme nur ein Tablett mit einer Flasche Champagner und ein zweites Glas auf den Tisch stellte.
    „Wenn ich einen Ball besuche, esse ich nur selten etwas“, erwiderte er und füllte sein Glas. „Probieren Sie den Champagner, Miss Hampton.“ Sie prosteten einander zu und leerten die Kelche. „Wie ich sehe, wissen Sie dieses Getränk zu schätzen. Also haben Sie einen ausgezeichneten Geschmack, denn das ist der König aller Weine.“
    „Früher musste ich kichern, wenn die Bläschen in meine Nase stiegen“, gestand sie. „Und nun habe ich mich daran gewöhnt. Ja, ich trinke sehr gern Champagner.“ Meistens begnügte sie sich mit einem Glas. Doch der Alkohol erwärmte sie, hob ihre Stimmung. Deshalb protestierte sie nicht, als der Marquess ihr noch etwas einschenkte. Nach den nächsten Schlucken wurde ihr etwas zu warm, und sie schwenkte ihren Fächer. „Hier ist es ziemlich heiß, nicht wahr?“
    „Da haben Sie recht. Möchten Sie einen Spaziergang auf der Terrasse unternehmen, Miss Hampton?“, schlug Northaven vor. „Vielleicht brauchen Sie eine Abkühlung, bevor Sie wieder tanzen.“
    „O ja“, stimmte sie zu. Sie sehnte sich tatsächlich nach frischer Luft. Inzwischen war die leichte Beklemmung vergessen, die sie vorhin bei der Berührung seiner Hand empfunden hatte. Ihr war ein bisschen schwindlig, und sie vermochte nicht klar zu denken. Sie stand auf und betrat die Terrasse, ohne festzustellen, ob der Marquess ihr folgte.
    Obwohl sie erwartet hatte, im Freien würde sie sich besser fühlen, wurde ihr plötzlich übel. Sie stieg drei Stufen hinab, die in den Garten führten, und ging zu einigen Büschen. Dort konnte sie sich notfalls übergeben.
    An den Marquess dachte sie erst wieder, als sie eine Hand auf ihrer Schulter spürte. Verwirrt starrte sie ihn an. Ihr Magen drehte sich um. Warum erzielten zwei Gläser Champagner eine so starke Wirkung? Das verstand sie nicht.
    Vor ihren Augen verschwamm Northavens Gesicht, und sie blinzelte voller Angst, die Sinne würden ihr schwinden.
    „Mein schöner Liebling …“ So seltsam klang seine Stimme – wahrscheinlich weil ihr der Kopf schwirrte. „Wie klug von Ihnen, ein Plätzchen aufzusuchen, wo wir allein sind! Das wünsche ich mir, seit ich Sie zum ersten Mal sah.“
    Als er sie an sich zog, murmelte sie einen schwachen Protest. Ein Kuss in diesem Moment – das Letzte, was sie wollte …
    Abwehrend hob sie die Hände. „Nein, nein, Sie dürfen nicht … Bitte, nicht!“
    Doch ihr Widerstand war zwecklos. Gierig presste er seinen Mund auf ihren, seine Zunge drängte sie, die Lippen zu öffnen. Dann glitten seine Hände über ihre Brüste, unter die Seide des teuren Ballkleids, auf die nackte Haut. Und da war sie endlich wieder zu klaren Gedanken fähig und bot ihre ganze Kraft auf. Schreiend stieß sie den Marquess von sich.
    „Seien Sie still, kleine Närrin!“, flüsterte er. Schmerzhaft umklammerte er ihre Arme.
    Sie versuchte sich loszureißen. Doch sie fühlte sich so elend und schwindlig. Hilflos war sie ihm ausgeliefert. Plötzlich wurde an seiner Schulter gezerrt – und trotzdem hielt er sie eisern fest. Die Augen verschleiert, beobachtete sie die erstaunliche Szene, die sich nun abspielte.
    „Rühr Miss Hampton nicht an, Northaven! Sie ist kein Landmädchen, das du ungestraft missbrauchen kannst, sondern eine unschuldige junge Dame.“
    „Offenbar verkennst du die Situation, Pendleton“, erwiderte der Marquess gedehnt. „Die kleine Unschuld führte mich sogar hierher. Zunächst ging sie bereitwillig auf meine

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