Das Landmädchen und der Lord
einen Teil seiner Ländereien verkaufen, um die Spielschulden seines Sohnes zu begleichen.“
Eine Zeit lang hatten Harry und der General gemeinsam im Halbinselkrieg gedient, und Toby wusste, wie sehr sein Onkel den Mann mochte, dessen Grundbesitz an das Pendleton-Landgut grenzte. „Würdest du ihm gegebenenfalls ein paar Morgen abkaufen?“
„Wenn er das wirklich will … Vielleicht sollte ich erst einmal mit General Harlow reden und ihm das Geld leihen. An seiner Stelle würde ich die Schulden des jungen Idioten nicht bezahlen, das ermutigt ihn nur zu neuen Risiken am Spieltisch. Aber ich möchte seinem Vater helfen.“
Damit hatte Toby gerechnet und deshalb die Probleme des jungen Harlow erwähnt. Wie er wusste, gehörte sein Onkel zu den reichsten Männern Englands, nicht zuletzt wegen kluger Investitionen. Eines Tages, wenn er sich die Hörner abgestoßen hatte und ein seriöses Leben führen wollte, würde er seinen Onkel um geschäftliche Ratschläge bitten. Aber jetzt verfolgte er andere Interessen. „Hast du mit Ravenshead über meine Mitgliedschaft im Four-in-Hand gesprochen?“
„Das wäre der Sinn unserer Fahrt heute Morgen gewesen. Die holen wir bald nach. Heute Nachmittag verlasse ich London, und in zwei oder drei Tagen komme ich zurück. Ich glaube, Ravenshead bleibt noch eine ganze Weile hier. Zu Beginn der Saison hat er alle Einladungen abgelehnt. Aber er hat angekündigt, nächste Woche einen Ball zu besuchen. Dann werde ich ihn über dein Anliegen informieren – falls du mich von deinen Fähigkeiten überzeugst.“
Susannah stand vor der Salontür. Soeben war sie früher als erwartet von einem Spaziergang zurückgekehrt, und nun zögerte sie, einzutreten und Amelia beim Tee Gesellschaft zu leisten, weil sie Stimmen hörte.
„Freut mich, dich wiederzusehen, John“, begrüßte Amelia ihren Neffen. „Soll ich Wein oder Tee servieren lassen? Vorerst bin ich allein, meine Freundinnen sind unterwegs.“
„Vater war schrecklich wütend, als er erfuhr, du hättest die beiden nach London eingeladen“, erklärte John Royston freimütig. „Wie ich gestehen muss, finde ich Miss Hampton sehr charmant. Wenn sie über eine Mitgift von fünfzigtausend verfügte, würde ich mit all den anderen hoffnungsvollen Bewerbern Schlange stehen. Aber sie könnte sich einen Ehemann wie mich wohl kaum leisten.“
„Glücklicherweise ist Susannah zu vernünftig, um den Antrag eines Mannes anzunehmen, der sie nur wegen ihres Geldes heiraten würde. Sie ist nämlich keineswegs mittellos. Steckst du wieder einmal in finanziellen Schwierigkeiten, John?“
„Großer Gott, nein! Gestern Abend habe ich Carstairs tausend Pfund abgewonnen. Die würden mich im nächsten Vierteljahr über Wasser halten, wenn ich sparsam wäre – was ich natürlich nicht bin. Würdest du bei Vater ein gutes Wort für mich einlegen, Tante Amelia?“
„Leider übe ich keinen Einfluss auf meinen Bruder aus. Wenn du keine Schulden hast – worin liegt das Problem?“
„Ich habe Vater gebeten, ein Offizierspatent für mich zu kaufen. Er meint, ich sollte mich lieber um das Landgut kümmern. Das würde er hassen. Wann immer ich einen Vorschlag mache, würde er sagen, ich soll mich aus seinen Angelegenheiten raushalten. Aber er behauptet, wenn ich zum Militär gehe, könnte er mich nicht unterstützen.“
„Interessierst du dich wirklich für die Armee?“
„Sicher wird Vater noch viele Jahre lang leben. Ich besitze nichts außer meinem Taschengeld, und das würde kaum reichen, wenn ich in London bleibe. Entweder suche ich mir eine Erbin, oder ich verschwinde für ein paar Jahre bei der Armee, was ich vorziehen würde.“
„Falls ich dir ein Patent kaufe und dir – sagen wir – zweitausend pro Jahr gebe, würdest du damit zurechtkommen?“
In diesem Moment entschied Susannah, nun dürfte sie nicht länger lauschen oder sie müsste an die Tür klopfen. Während sie überlegte, was sie tun sollte, erschien ihre Mutter auf dem Treppenabsatz des ersten Stockwerks und rief nach ihr. „Wartest du auf mich, Liebes? Geh nur hinein. Gleich wird Amelia den Tee bestellen.“
Da Susannah keine Wahl hatte, klopfte sie an. Als sie den Salon betrat, sah sie, wie John Royston die Wange seiner Tante küsste und etwas in die Brusttasche seines Jacketts steckte.
„Ah, Miss Hampton!“ Er eilte ihr entgegen, verneigte sich formvollendet und küsste die Hand, die sie ihm reichte. „Soeben erklärte ich meiner Tante, Sie wären die Sensation
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