Das Landmädchen und der Lord
Freund reden. Und ich werde ihr immer wieder sagen, der Earl sei sehr attraktiv.“
„In der Tat, das ist er – und Miss Royston eine bildschöne Frau. Ich habe mich oft gefragt, warum sie immer noch unverheiratet ist. Jedenfalls muss ich Sie zur Vorsicht ermahnen, Susannah. Übertreiben Sie Ihre kupplerischen Pläne nicht. Womöglich würden Sie Ihrer Freundin schaden und sie verärgern.“
„Meinen Sie das ernst? Ich will ihr doch nur helfen, weil sie mir so … traurig erscheint.“
„Ja, das habe ich auch festgestellt. Also gut, ich werde Gerard veranlassen, einige Bälle und Partys zu besuchen. Mehr kann ich nicht tun.“
„Und ich werde kein zu offenkundiges Loblied auf den Earl singen.“
„Da bin ich sehr erleichtert. Ich hatte schon Angst, Sie würden etwas Ungeheuerliches von mir verlangen. Zum Beispiel, ich soll Gerard drängen, mit Miss Royston durchzubrennen.“
Natürlich merkte Susannah, dass er sie hänselte, und sie schüttelte lachend den Kopf. „Darauf würde sie sich niemals einlassen.“
„Und mein Freund ebenso wenig. Er ist ein echter Gentleman, der großen Wert auf die Schicklichkeit legt.“
„Ist es denn so schlimm, wenn ein Liebespaar durchbrennt?“ Jetzt neckte sie ihn .
„Immerhin wäre es ein Abenteuer – falls man so etwas zu schätzen weiß …“
„Vielleicht. Aber es wäre mit gewissen Unannehmlichkeiten verbunden. Es sei denn, die Dame ist sich der Zuneigung des Gentleman sehr sicher.“
„Daran dürfte sie nicht zweifeln. Und sie müsste ihn bis zur Selbstaufgabe lieben. Dann würden ihr die Unannehmlichkeiten nichts ausmachen.“
Inzwischen war der letzte Rest ihrer Befangenheit verflogen, die sie in seiner Nähe verspürt hatte. Sie akzeptierte ihn als ihren Vertrauten und lachte fröhlich, während sie plante, wie sie die Liebenden ohne indiskrete Aktivitäten zusammenbringen könnten.
Während er ihr zuhörte und ihr ausdrucksvolles Gesicht beobachtete, erkannte Harry plötzlich, was er für sie empfand. Seine anfänglichen Bedenken schwanden endgültig dahin. In Susannahs zarten Händen lag das Glück seiner Zukunft. Und er wusste, seine Emotionen entsprangen nicht nur dem natürlichen Verlangen, das in jedem Mann erwachen würde, wenn er ein schönes Mädchen betrachtete. Gewiss, er wollte sie küssen, bis sie dahinschmolz, ihren weichen Körper unter seinem fühlen und sie die Freuden der Leidenschaft lehren. Aber noch stärker als diese erotischen Wünsche war das Bedürfnis, sie zu beschützen.
Entzückt sah er das Lächeln, das sie ihm schenkte – halb unschuldig, halb provozierend. Wie hinreißend sie war! Unentrinnbar geriet er in ihren Bann. Würde sie seine Gefühle erwidern? Immerhin machte er einige Fortschritte. Vor zwei Wochen hätte sie ihm wohl kaum ihre Gedanken und Sorgen mitgeteilt, die Miss Royston galten. Nun musste er sie nur noch überzeugen, dass er der Mann war, den sie heiraten sollte.
„Wir müssen deinen Ball organisieren, Susannah“, entschied Amelia, als sie an diesem Nachmittag Tee tranken. „Den geben wir am besten, ein paar Tage bevor wir London verlassen. Außerdem wollen wir überlegen, was danach geschehen wird. Deine Mama und ich fahren nach Bath. Dort möchte ich ein Haus kaufen. Ich habe bereits einen Makler beauftragt, eine geeignete Immobilie zu suchen. In dieser Stadt werde ich viel Zeit verbringen, und du bist mir herzlich willkommen, solange du keine anderen Pläne hast.“
Nur zu gut verstand Susannah, was die Freundin meinte – eine Heirat. Bisher hatte sie keinen einzigen Antrag vorzuweisen. Wenn sie Harry Pendleton auch mochte und glaubte, er würde sich ebenfalls zu ihr hingezogen fühlen – er hatte nicht um ihre Hand angehalten.
„Ich habe Amelia versprochen, wir würden bei ihr wohnen, bis sie eine Gesellschafterin findet“, erklärte Mrs. Hampton. „Aber wir bleiben ja noch mindestens zwei Wochen in der Stadt. Wer weiß, was passieren wird …“
„Gewiss, wir haben genug Zeit.“ Amelia wandte sich wieder zu Susannah. „Stellen wir eine Gästeliste für den Ball zusammen, Liebes. Wir laden alle ein, deren Bälle, Soirees oder Partys wir besucht haben, und unsere Freunde. Gibt es jemand Besonderen, den du auf deinem Fest sehen möchtest?“
Nach kurzem Zögern antwortete Susannah: „Wenn es dir recht ist, würde ich den Earl of Ravenshead gern einladen. Er ist mit Lord Pendleton befreundet. Und er macht einen sehr netten Eindruck.“
„Ja, die beiden sind eng befreundet …“,
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