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Das lange Lied eines Lebens

Das lange Lied eines Lebens

Titel: Das lange Lied eines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Levy
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Kopf. Sie und ihr Mann Cornet, der mit dem Maultierkarren auf die Felder fuhr, hatten vor langer Zeit geglaubt, wenn die Freiheit käme, könnten sie Amity verlassen, um ihre Tochter zu suchen, die von dem verstorbenen Massa auf eine weit, weit entfernte Plantage in Westmoreland verkauft worden war.
    Peggy sagte zu Mary Ellis, der letzte Aufseher, John Lord, sei ein guter Bakkra gewesen, alle Kinder seien ihm gefolgt, um ihm in die Nasenlöcher zu starren, aus denen so viele Haare sprossen. Mary verrenkte sich den Hals, um einen kurzen Blick auf den neuen Aufseher zu erhaschen, und sagte: »Der da is’ kein großer Mann nich’. Ohne ’nen Hut auf ’m Kopf oder ’n Fass untern Füßen geht er verloren in der Blutroten Fingerhirse.«
    Mary, die mit Peggy in der ersten Arbeitskolonne arbeitete, hatte sich allzu lange ein Haus mit Peggy und Cornet teilen müssen; denn in jener schrecklichen Nacht des Aufstands war ihr eigenes Zuhause von Hufen und Flammen zerstört und bis jetzt nicht instand gesetzt worden. Nur zwei Pfähle waren übrig geblieben – zu nichts nutze außer als grausiges Mahnmal und zum Anbinden der Ziege. Marys Sonntagsgebet lautete: nie wieder elendes Zuckerrohr setzen, düngen und von Blättern säubern müssen. Falls sie aber Peggys und Cornets Haus haben könnte, wenn die sich erst einmal nach Westmoreland abgesetzt hatten und Cornets Schnarchen sie nicht mehr um jedes bisschen Schlummer brachte, dann fände sie unter seinem festen Dach einen gesegneten Schlaf.

    Und da war James Richards. Jedes Wort, das der neue Aufseher von sich gäbe, würde ihn ärgern, dabei hatte der Weiße noch nicht einmal den Mund aufgemacht. »Nie wieder Sklave nich’. Bin ’n freier Mann«, beschwerte sich der Zimmermann bei jedem, der es hören wollte. »Brauch’ keinem Bakkra nich’ zuzuhören.«
    »Wahr, wahr«, sagte Dublin Hilton, der Sudmeister. Dublin dachte nicht daran, irgendwohin zu gehen. Er war zu alt, und jetzt, da man das Verlies geschlossen hatte, war es gar nicht mehr so schlimm hier. Viele, viele Orte waren viel schlimmer. Und Elizabeth Millar, die von ihrem Versorgungsfeld kam und noch die Hacke über der Schulter trug, sagte laut zu James, die Königin habe befohlen, die Neger müssten in ihren Häusern bleiben und ihr Land bestellen.
    Samuel Lewis zischte ihr zu, still zu sein, damit er zuhören könne. Mit seinem Fischfang und seinem Land verdiente er eine Menge Geld. Er war jetzt Geschäftsmann und musste mit dem Bakkra zu einer kleinen Übereinkunft kommen, damit er in der Nähe des Flusses bleiben konnte.
    Währenddessen saßen Bessy und Tilly in einem Streifen Schatten auf dem Boden. Seit in der Mühle zwei ihrer Finger zerquetscht worden waren, hatte man Bessy leichtere Arbeit zugeteilt. Sie gedachte zu bleiben, aber sie hatte gehört, dass der Bakkra eine Arbeitskolonne von Unity kommen lassen müsse, und mit Niggern von Unity würde sie nicht zusammenarbeiten. O nein. Denn die waren schmutzig, verschlagen und faul. Und Tilly starrte nur auf die scharlachrote Schleife am Strohhut der Missus und wünschte sich, auch sie wäre eine weiße Frau …
    Doch alle, die Robert Goodwin sahen – der seinen braunen Cutaway-Rock und einen auffälligen Panamahut auf dem Kopf trug –, hatten nicht den geringsten Zweifel, dass der neue Aufseher Sohn eines Predigers war; denn seine Rede hatte das Feuer einer Predigt des Gotteswortes.Volltönend und deutlich
hob er an: »Euch allen einen guten Morgen. Eure Herrin, Mrs Mortimer, die hier neben mir sitzt, hat euch durch die Gnade Gottes und das Gesetz Englands die Freiheit geschenkt. Niemand kann euch zwingen, weiterhin für sie zu arbeiten.«
    Aus der Menschenmenge vor ihm erscholl ein brausendes Hurra. Der Aufseher musste die Hände heben, um wieder Ruhe zu gebieten. »Aber da ist etwas, das jeder von euch sich merken muss. Also hört mir gut zu: Die Häuser, in denen ihr wohnt, und die Ländereien, auf denen ihr arbeitet – sie gehören euch nicht. Sie sind Eigentum eurer Herrin. Ganz gleich, wie lange ihr in einem Haus gewohnt habt, wie viel Mühe ihr aufgewandt habt, um es zu reparieren, oder wie viel Arbeit ihr in eure Gärten und Versorgungsfelder gesteckt habt, sie gehören noch immer voll und ganz eurer Herrin. Nun gebt gut acht, jeder von euch:Wenn ihr nicht für eure Herrin arbeiten wollt wie zuvor, könnt ihr nicht erwarten, in euren Häusern wohnen zu bleiben. Wenn ihr nicht hart für sie arbeitet, könnt ihr nicht erwarten, weiterhin eure

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