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Das launische Eiland.

Das launische Eiland.

Titel: Das launische Eiland. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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wir wissen wirklich nicht, wie wir Ihnen entgegenkommen könnten… Wieso wenden Sie sich nicht an Don Saverio Fede? Vielleicht könnte er…«
    »Ich muß auf der Hut sein«, dachte Agatino Cultrera. Keiner hatte ihm gesagt, was gerade passierte, nur beiläufig hatte er dank eines aufgeschnappten Worts, eines unerklärlichen Lachers, eines übertrieben herzlichen Grußworts mitgekriegt, was Sache war: Die Lagerhalter wollten zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen, die Firma Barbabianca und ihn nämlich, wodurch er für all die Male büßen sollte, bei denen er ein Auge zugedrückt hatte, wenn Don Totò, und das war leider öfters der Fall, den Kopf schon in der Schlinge hatte.
      »Es ist besser, auf Nummer Sicher zu gehen«, wiederholte er und ließ sich, den Kopf in die Hände gestützt, am Schreibtisch nieder. Aber wie? Den für Don Totò gelegten Hinterhalt sah selbst ein Blinder: Mit drei Tagen Verspätung war ihm ein Telegramm zugestellt worden. Darin lag der Clou: in der Verspätung. Und genau dieses Schlüsselwort brachte ihn mit einem Schlag auf einen Gedanken. Wenn ein Telegramm von Palermo nach Vigàta drei Tage brauchte, konnte dann entsprechend ein Brief von Vigàta nach Palermo nicht sogar zehn Tage dauern? Ja, gewiß, und darüber brauchte man sich auch nicht zu wundern. Das Problem blieb das Datum – nicht das, was er auf den Briefkopf schreiben würde, sondern das des Poststempels. Ein Problem? Er mußte beinahe lachen. Mit dem Geld in der einen und dem Brief in der anderen Hand hätte der Herr Calcedonio Macaluso, seines Zeichens Postamtsleiter, auch einen Stempel mit dem Datum von vor hundert Jahren aufgedrückt. Beruhigt begann er also zu schreiben:

    Heute, am 1 5. September 1890, habe ich mich, der Unterzeichner, Agatino Cultrera, Inspektor der The Anglo-Sicilian Sulphur Company sowie der Firma Emil Jung aus Palermo, in die Geschäftsräume der angesehenen Firma Salvatore Barbabianca & Söhne begeben und mich nach dem Lagerbestand des vorgenannten Unternehmens erkundigt, das heißt nach dem Vorhandensein der verschiedenen Qualitäten und Mengen von dort lagerndem Schwefel, die gemäß des Durchschlags der bei uns eingegangenen Schwefel bestellungen aus über zwölftausend Kantar, die die Anglo Sicilian Sulphur Company bei der Firma gelagert hatte, und aus weiteren fünftausend, die von der Firma Emil Jung dort deponiert worden sind, hätten bestehen müssen. Der Herr Salvatore Barbabianca erhob Einwände ob der von uns für die Inspektion gewählten Stunde und behauptete, im Augenblick nicht über das entsprechende Personal zu verfügen, das uns zusammen mit unseren Zeugen, Giovanni Parello (den werd ich mir mit einem Gläschen Wein kaufen) und Attanasio Antonio (m it dem werde ich sowieso ein leichtes Spiel haben) durch die Lagerräume der Gesellschaft begleiten könnte. Nachdem wir seinen Widerstand hatten brechen können, war unser Staunen übergroß, als wir in den Räumen nicht die genannten Lagerbestände entdeckten. In den Lagern gab es keine erkennbare Menge, was wir durch die zwei Zeugen haben bestätigen lassen. Der Herr Salvatore Barbabianca hatte sich während der Überprüfung rasch entfernt, weshalb es mir nicht möglich war, ihn, wie es meine Pflicht und mein Recht gewesen wäre, zur Rede zu stellen und nach dem Grund einer so schwerwiegenden Nachlässigkeit zu fragen. Zwischen dem vorgenannten Barbabianca und mir bestehen alte Freundschaftsbande, unter anderem hat derselbe mein Töchterchen über die Taufe gehoben (es ist besser, daß Sie das jetzt erfahren, bevor irgendein Leichenfledderer Sie darüber in einem anonymen Schreiben aufklärt); eben deshalb sehe ich mich jetzt mit leidgeprüftem Herzen gezwungen, Ihnen über die zweifelsohne nicht ordnungsgemäße Situation der betreffenden Firma Mitteilung zu machen, doch die Überzeugung, daß die ehrliche Ausübung der eigenen Funktionen ungetrübt von Herzensregungen und Freundschaften sein müsse, war mir stets der Leitstern auf meinem Weg.

    Er unterzeichnete mit weit ausholenden Schlenkern und legte zufrieden die Feder nieder: Das Schreiben war bereit – je nachdem, ob es ein Ja oder ein Nein geben würde –, zerrissen oder abgeschickt zu werden.

    »Ist nichts zu sehen?«
    »Nichts, Don Angelino.«
      Seit vierzig Jahren wartete er auf diesen Augenblick und war dabei krumm wie ein Olivenbaum geworden, an manchen Tagen kam er nicht mal auf die Beine, sogar den Hintern mußten sie ihm putzen wie einem kleinen Buben;

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