Das Leben dahinter (German Edition)
eigentlich antworten wollte.
Im Moment wusste er gar nichts mehr. Er sah sie nur an und sah eine Frau, deren Nähe er vermisst hatte. Zumindest so viel konnte er seinem Bauch noch entnehmen. Zu mehr war das gerade entflammte Gefühlschaos jedoch nicht mehr fähig.
Ja, wahrscheinlich passten sie nicht zusammen. Wahrscheinlich würde er irgendwann bei dieser Frau durchdrehen oder sogar irgendwelche Mordgedanken entwickeln. Aber in diesem Augenblick – jetzt, da sie ihn mit ihren zweigespaltenen Augen zwischen Wut und Angst anblickte, waren diese Befürchtungen hinfällig. Er mochte sie nicht nur einfach. Und er hatte sie vermisst.
Verdammt!
Und bevor er sich Gedanken darüber machen konnte, dass er es vielleicht bereuen würde, zog er sie an sich heran und küsste sie.
Es war wunderschön!
„Das hier ist wahrscheinlich eine blöde Idee, was?“, fragte er sie lächelnd, nachdem der ewige Kuss vorbei war.
„Kann schon sein. Aber seit wann sind Gefühle denn jemals eine schlaue Idee gewesen?“ Sie klang sehr zufrieden. „Wollen wir es trotzdem probieren?“
„Ich denke, ich hab schon Dümmeres in meinem Leben angestellt.“
Nicht gerade ein Kompliment, aber es stimmte trotzdem.
Lisa sah amüsiert zu ihm auf und zog ihn fester an sich.
„Du weißt, wie sich eine Frau geschätzt fühlt, was?“
„Entschuldige“, sagte er reumütig. „Aber das hier passt eben nicht zu mir.“
Sie küsste seine Nasenspitze.
„Zu mir auch nicht.“
Dann nahm sie seine Hand und zog ihn mit sich. Mit einem süßen Lächeln, wie er es noch nie auf ihrem Gesicht gesehen hatte, drehte sie sich zu ihm um.
„Los, gehen wir zu Jason und teilen ihm die Neuigkeit mit.“ Sie überlegte kurz.
„ Also das mit den Insekten natürlich, mein Retter. Nicht das mit uns. Komm, er ist im Krankenbereich eins.“
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Seine Mutter saß einfach auf ihrer Couch und blickte zu ihm herüber, als Frank seine Tasche in die Ecke warf. Und sie lächelte, als sie ihn erkannte, stand aber nicht auf. Sie hatte ihre Freizeitklamotten an und ihre Haare zu einem bequemen, doch hübschen Zopf gebunden.
Es war, als wäre er gerade von der Schule zurück. Das Haus hatte sich, seit seiner Abreise, überhaupt nicht verändert. Selbst die Pflanze neben der Tür – diese Dieffenbachie – stand genau an der gleichen Stelle wie vorher. Auch das gerahmte Abschlusszeugnis hing noch immer schief an der Wand.
„Gutes Timing, Junge“, sagte seine Mutter. „Das Essen ist gleich fertig.“ Sie legte eines dieser neuen Holos beiseite.
Seltsam ! Bisher hatte er sie noch nie mit einem gesehen.
„S ehr schön“, antwortete Frank. „Was gibt’s denn?“
D och er wusste es bereits. Der Duft aus der Küche war unverkennbar und ihr Gulasch hatte noch nie so gut gerochen. Das Zeug auf dem Shuttle war dazu kein Vergleich gewesen. Es hatte seinen Dienst als Mahlzeit getan, doch dieser Geruch war ein Gedicht. Als verglich man den Komposthaufen aus Apfelkerngehäusen mit dem frischen Apfelkuchen auf der Fensterbank.
„Deine Leibspeise, mein Lieber“, antwortete seine Mutter und stützte sich mit dem Ellenbogen auf die Sofalehne. Frank nahm auf dem Ohrensessel gegenüber Platz und beobachtete sie über den Couchtisch hinweg. Irgendetwas war anders an ihr… Doch bevor er sich überlegen konnte, was das war, sagte sie mit einem breiten Lächeln:
„Es ist schön, dass du wieder da bist ! Wo warst du denn so lange?“
Das weiß t du doch , dachte Frank. Wir haben erst vor einem Monat miteinander gesprochen.
„Wo sind die anderen?“, fragte er zurück und blickte sich um.
„ Die sind nicht hier“, war ihre Antwort.
Ihr Lächeln wurde ihm langsam unangenehm.
„Ist klar, aber wohin sind sie gegangen?“
Er blickte seine Mutter eindringlich an, doch sie antwortete nicht, lächelte ihn nur weiter an. Irgendetwas stimmte nicht mit ihr.
Es sind ihre Haare , dachte Frank. Eigentlich sind ihre Haare doch inzwischen grau, aber jetzt sieht sie aus wie sie vor zehn Jahren ausgesehen hat.
„Magst du etwas essen?“
„Was ist hier los?“, fragte er.
„Was soll los sein?“
Je länger Frank sie ansah, desto mehr wurde sie die Frau aus seinen Kindheitserinnerungen. Das da war nicht seine Mutter!
Und erst jetzt dachte er daran, dass er momentan vielleicht wieder schlief. Seine Müdigkeit war verschwunden und auch sonst fühlte er sich extrem leicht.
„Du bist nicht meine Mutter“, sagte er. „Ich träume gerade.“
„Du bist ein kluger
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