Das Leben dahinter (German Edition)
Dauer entzweien.“
Der Käpt’n blieb diesmal nicht einfach vor seinen Zuhörern stehen, sondern schritt durch das Auditorium, das im Gemeinschaftsgebäude im Parterre angelegt worden war. Es wirkte, als wäre er ein Entertainer, der seinen Schabernack mit den Gästen treiben wollte.
Sie saßen in e inem großen Saal mit ausladenden Fensterfronten, die jetzt das Tageslicht als lange, leuchtende Teppiche auf den glatten Boden und die Versammlung ausbreiteten. Platz hatten hier vielleicht zweihundert Personen, doch so viele waren es heute nicht ansatzweise. Scheinbar war nicht jeder an dieser Versammlung interessiert gewesen oder schlichtweg nicht eingeladen worden.
Der Käpt‘n schritt an ihnen vorbei, ein harter Blick streifte Johannson und Lisa.
„Ich will eine Legislative etablieren“, meinte er dann wieder an die restliche Zuhörerschaft gerichtet. „Wir brauchen eine Regierung. Ihr Sitz soll zunächst die Argo sein.“
Er wartete auf Reaktionen, doch die meisten sahen ihn mit regungslosem Gesicht an, war es schließlich ein völlig logischer Vorschlag. Doch Johannson wusste bereits, was folgen musste.
„ Wir brauchen eine demokratisch gewählte Führerschaft. Für unsere Gemeinde wird zunächst eine Person reichen.“
Jetzt kommt’s!
„Ich stelle mich selbst zur Wahl und hoffe, Sie sind damit einverstanden.“
Wen auch sons t , dachte er müde und wandte sich zu Lisa um.
„Scheint, als hatte er doch vor, eine ganze Weile hier zu bleiben“, flüsterte er ironisch. Sofort stand der Käpt’n wieder neben ihm.
„Das habe ich vor, ja.“
Johannson war einigermaßen erschrocken. Dieser Kerl hatte Ohren wie ein Luchs, wie ein altes Idiom sagte. Doch das schüchterte ihn nicht ein.
„Und Sie wollen unser Anführer sein“, sagte er zum Käpt’n und sah sich theatralisch um. „Warum sind wir heute eigentlich so wenige und soll die Abstimmung jetzt sofort stattfinden? Nicht besonders demokratisch, finde ich.“
Offensichtliche Feindschaft stand jetzt in Jasons Augen. In den letzten Minuten war er immer wieder zwischen den Ausdrücken seines Gesichts umher gesprungen, doch nun verharrte er neben Johannson mit gespitzten Lippen und heruntergezogenen Augenbrauen. Seine Wangen schienen an Röte zugenommen zu haben, doch das war unter dem dichten schwarzen Bart nur zu erahnen, und seine Zähne schienen zu mahlen.
„ Jeder“, sagte er dann in einem erstaunlich ruhigen Ton. „der etwas dagegen einzuwenden hat, kann eine akzeptablere Alternative anbieten.“
Das hab ich doch schon mal gehört…
„Dies hier ist kein geheimes Treffen. Und ich finde, ich sollte den Job einfach übernehmen, weil ich die meisten Erfahrungen bei der Führung von Menschen habe.“
„Jawohl, mein Führer“, murmelte Johannson leise, als der Käpt’n sich gerade wieder von ihm abwenden wollte. Doch er hatte das hervorragende Gehör vergessen. Der große Mann wirbelte sofort zu ihm zurück. Der Blick wollte ihn erdolchen. Nicht hinterrücks, nicht ungesehen, sondern auf einem Schafott vor hunderten Schaulustigen.
Die anderen Zuhörer verfolgten gespannt die Konversation.
„Wie bitte?“ Die Stimme des Käpt’n dröhnte ihm entgegen als war sie künstlich verstärkt worden.
Lisa stieß Johannson erbost in die Seite. Er grinste trotzdem, war amüsiert über die Durchschaubarkeit des Käpt’n. Und er hatte perversen Spaß daran, ihn hochzubringen.
„ Also machen wir eine Wahl“, sagte sie hastig. „jetzt und hier. Wie haben Sie sich das vorgestellt, Käpt‘n?“
Der Käpt’n blickte sie kurz irritiert an, dann Johannson strafend.
„Wir haben das Bordnetz auf die gesamte Kolonie ausgeweitet. Das heißt, jeder kann dieses Gespräch verfolgen. Und das heißt auch, dass jeder eine Abstimmung augenblicklich zeichnen kann. Also wenn Sie wollen…“
Die Leute nickten vorsichtig und Käpt’n Jason hob eine Hand, worauf gleich eine Schar Drohnen im Raum erschien. Sie schwebten durch die Fensterfronten herein. Geräuschlos verteilten sie sich so schnell um die Leute, dass Johannson erschrak. Er dachte zuallererst an die Uthrii-Insekten, doch es waren nur Hausbaudrohnen – grau, rund und etwa zehn Zentimeter im Durchmesser. Nach einem kurzen chaotischen Flug, fächerten sich die runden Diener in ordentliche Reihen auf und positionierten sich einzeln vor jedem Menschen im Raum.
„Sie können alle sofort zeichnen, wenn Sie wollen. Lesen Sie sich die Abstimmungsvorlage vorher gern durch !“
Über jeder Drohne
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