Das Leben dahinter (German Edition)
Raster.
„Unbekannt“, antwortete das Bordnetz. Es klang etwas kleinlauter als sonst. „Der letzte bekannte Aufenthaltsort war der Backbordknoten Delta fünf, Interface neun. Der Zugriff wurde Frank Pauli gestattet.“
„Und was hat er da gemacht?“
Dieses Mal reagierte das Bordnetz überhaupt nicht. Johannson wartete mehrere Sekunden.
„Hallo?“, fragte er dann.
„Wie kann ich dienlich sein?“
„Willst du mich veralbern?“
„Bitte?“
„Ich hatte dir eine Frage gestellt!“
„Ich habe diese Frage nicht verstanden.“
„Was hat Frank Pauli am Backbordknoten Delta fünf, Interface neun gemacht?“
Wieder k eine Antwort vom Bordnetz. Johannson ließ es jetzt bleiben. Würde er noch einmal fragen, würde das Spielchen mit Sicherheit von vorn losgehen.
Irgendetwas stimmt da nicht…
„Ich will mit Lisa Stein sprechen.“ Er klang ein wenig ungehalten, zu sehr für seinen Geschmack. Ein kurzes Pfeifen erklang und sagte ihm, dass er zu Lisa durchgestellt war.
„Lisa“, begann er.
„Jahaaa“, antwortete sie in Form einer gedehnten Frage. Sie schien offenbar bester Laune zu sein. Vielleicht erwartete sie etwas anderes von ihm, aber dazu war er momentan ganz und gar nicht aufgelegt.
„Es gibt ein Problem“ , sagte er ernst.
„Wieso? Bist du schwanger?“
Sehr witzig! Offenbar war sie gerade allein. Johannson ignorierte das.
„Frank ist verschwunden und das Bordnetz hat Gedächtnisschwund, wenn man es nach ihm fragt. Kannst Du rauskriegen, wo er ist? Letzter bekannter Aufenthaltsort war Backbordknoten Delta fünf, Interface neun. Ich mach mir etwas Sorgen um ihn. Seine Laune war in letzter Zeit… sagen wir nicht die Beste .“
„Ich meld mich gleich wieder bei dir, Mikael.“
Damit war die Verbindung unterbrochen.
Was hatte Pauli bei einem der Hauptdatenknoten zu suchen gehabt? Johannson ließ sich kraftlos auf sein eigenes Bett fallen und betrachtete nachdenklich die Plasmabälle an der Decke. Er hatte ein ganz schlechtes Gefühl! Wenn er Franks Laune der letzten Tage Revue passieren ließ, jagte sie ihm noch immer einen kalten Schauer über den Rücken. Sein leerer Blick! Wie der von einem Fisch mit Bart. Und die verkrampfte Sitzhaltung! Wie die von einer dieser billigen, hölzernen Denkerfiguren, die sie Johannson vor gefühlten hundert Jahren mal in einem Fischerdorf an der Ostküste verkauft hatten. Irgendwie fühlte sich Johannson dafür verantwortlich und auch für Pauli selbst. Er hatte ihm Alka Singh genommen und war jetzt in seiner schwersten Zeit, da er alles verloren hatte, nicht für ihn dagewesen, hatte sich von seinen Trieben ablenken lassen, anstatt sich um den Jungen zu kümmern.
Du bist ein ziemlich mieser Freund, was?
Nein ! Das stimmte jedenfalls nur zum Teil. Erstens konnte Johannson nichts für das Geschehene, höchstens für das Verschwinden von Alka Singh. Zweitens hatte Johannson nicht nur einmal erfolglos versucht, zu ihm vorzudringen, und drittens war Frank Pauli kein Kind mehr. Er traf mündige Entscheidungen und war für sich selbst verantwortlich.
Red ‘ dir das nur weiter ein, Mikael… Aber wenn du Pech hast, hast du jetzt auch ihn auf dem Gewissen. Genauso wie Alka. Gut, dass Du kein Vater bist!
Johannson wurde wütend über seine eigenen Gedanken und wollte sich gerade mit sich selbst anlegen, als Steins Stimme erklang:
„ Mikael.“ Sie klang diesmal ernster.
„Ja?“
„Frank hat irgendwas mit dem Verfolgungscluster angestellt. Ich lasse Cameron und sein Team nach ihm suchen, aber die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er sich nicht mehr an Bord befindet.“
„Was?“
„Ein Shuttle fehlt.“
Johannson war fassungslos.
„Und das ist niemandem bis jetzt aufgefallen?“, bellte er Stein jetzt an.
„Wie gesagt“, beschwichtigte sie. „er hat am Bordnetz rumgespielt. Und er wusste offensichtlich, was er tat. Den Shuttlehangar hat seit einer Woche niemand mehr betreten, außer ihm, und die Meldecluster im Shuttle hat er offenbar auch unbrauchbar gemacht. Die Argo ist im Moment mehr organisch als technisch und immer noch in einem verwirrten psychischen Zustand, wie du weißt. Da kann es passieren, dass Dinge an Bord verloren gehen, Mikael.“
„ Dinge , ja!“ Seine Stimme war kraftloser, als er sie gerade gern gehabt hätte. „Aber doch nicht einen Menschen und ein siebzehn Meter langes und fünf Meter breites Raumschiff mit einem Gewicht von fünf Tonnen!“
„Ich komme zu dir“, antwortete Stein schlicht und beendete die
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