Das Leben, das uns bleibt (German Edition)
hab’s für ihn rausgefunden.«
»Und wie?«, fragte Mom.
»Ist doch egal«, sagte ich. »Hab ich eben. Und ich hab’s ihm erzählt. Alex, Julie und ich wollen übermorgen aufbrechen. Wir wollen für den Rest unseres Lebens zusammenbleiben. Mom, er will alles für mich aufgeben.«
»Du bist diejenige, die alles aufgibt«, sagte Mom. »Du gibst dein Zuhause und deine Familie auf.«
»Nein«, sagte ich. »Du hast mich noch nicht verstanden, Mom. Alex will zwei der Passierscheine an Lisa und Gabriel weitergeben. Die beiden werden dann mit Julie zusammen in der Stadt leben, während Alex, Dad und ich irgendwo in der Nähe wohnen. Das meinte ich damit, dass er alles aufgibt, Mom. Diese Passierscheine sind eine Menge wert. Alex könnte dafür alles kriegen, was er will. Aber er will nur mich.«
»Und wo befindet sich dieses Paradies auf Erden?«, fragte Mom. »Wo ihr in der Nähe einer Stadt mit Krankenhäusern und Schulen leben wollt?«
»Tennessee«, sagte ich. »Die Sexton University in McKinley, Tennessee. Alex meint, dass wir dort sicher Arbeit finden. Du kannst mich nicht davon abhalten, Mom, genauso wenig, wie du Matt davon abhalten konntest, sich zu verlieben. Ich werde gehen. Zusammen mit Dad. Bei ihm kann mir nichts passieren.«
»Du tust das doch nicht, um bei deinem Vater zu sein«, sagte Mom. »So ehrlich solltest du wenigstens sein.«
»Ich bin immer noch ehrlicher, als du es warst«, sagte ich. »Als du letzten Sommer verhindert hast, dass Dad mich mitnimmt.«
»Ich musste diese Entscheidung für dich treffen«, sagte Mom. »Du warst noch nicht alt genug, um das allein zu entscheiden.«
»Aber jetzt bin ich alt genug«, sagte ich. »Und ich habe mich entschieden.«
»Weiß dein Vater schon davon?«, fragte Mom.
»Alex will es ihm heute sagen«, antwortete ich.
»Na, da wird er sich aber freuen«, sagte Mom. »Ein sicherer Ort für Lisa und den Kleinen. Kommt Charlie auch mit?«
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Ich hoffe es.«
»Das hoffe ich auch«, sagte Mom. »Denn du wirst jede Hilfe brauchen, die du bekommen kannst, Miranda, wenn das schiefgeht. Du hältst dich für erwachsen, aber das bist du nicht. Du hast keine Ahnung, was Liebe ist. Was du für Alex empfindest, ist Mitleid und Begehren, aber keine Liebe. Jedenfalls nicht die Art von Liebe, auf der sich zwei Menschen ein Leben aufbauen können.«
»Vielleicht gibt es diese Liebe heute gar nicht mehr«, sagte ich. »Vielleicht gibt es nur noch Mitleid und Begehren. Vielleicht kann ich froh sein, überhaupt noch Gefühle zu haben. Ich weiß es nicht. Ich weiß nur, dass ich den Gedanken, Alex zu verlieren, nicht ertrage. Das ist meine Chance, und vielleicht meine einzige, jemanden zu lieben. Ich kann mir keine Sorgen darum machen, worauf wir unser Leben aufbauen werden. Wir haben nur noch heute. Und mit etwas Glück vielleicht noch morgen.«
»Und wenn ihr gar nicht in Tennessee bleibt?«, fragte Mom. »Wie soll ich dann erfahren, wo ihr seid?«
»Wir werden Alex’ Bruder Bescheid geben«, sagte ich. »Carlos Morales. Er ist bei den Marines, die in Texas stationiert sind. Alex kann dir seine Adresse geben.«
»Und nichts, was ich sage, kann dich noch davon abbringen?«, fragte sie. »Du selbst hast keine Bedenken?«
Ich hatte Tausende von Bedenken, Millionen. »Ich liebe Alex«, sagte ich. »Und er liebt mich. Ich gehe mit ihm.«
»Aber nicht vor Dienstag«, sagte Mom. »Und solltest du bis dahin deine Meinung ändern, wird dir niemand böse sein. Alex nicht, und auch dein Vater nicht. Versprich mir, dass du es dir durch den Kopf gehen lässt. Ich liebe dich, Miranda, und ich will nur dein Bestes. Überleg dir, was du aufgibst, wenn du gehst. Überleg dir das ganz genau.«
»Das habe ich«, sagte ich. »Und ich verspreche dir auch, noch mal drüber nachzudenken. Aber, Mom, ich werde gehen. Ich weiß, was ich aufgebe, wenn ich gehe. Aber ich weiß auch, was ich aufgebe, wenn ich bleibe.«
Mom nahm meine Hand. »So war das alles nicht gedacht«, sagte sie. »Eigentlich solltest du jetzt auf der Highschool sein und dein ganzes Leben noch vor dir haben. Nicht das hier.«
»Für Alex war das alles auch nicht so gedacht«, sagte ich. »Und für Matt. Und Jon. Man muss um sein Glück kämpfen, Mom. Früher war das vielleicht anders, aber jetzt ist das eben so. Ich werde mich nicht mit der Trauer abfinden. Das würdest du doch auch nicht wollen, oder?«
»Ich will dich beschützen«, sagte Mom. »Ich will wissen, dass du in Sicherheit
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