Das Leben der Wünsche
nicht. Es –
Wäre auch sehr unwahrscheinlich, so selten, wie wir uns sehen. Wenn ich das anmerken darf.
Jonas, was soll das? Wir sehen uns genauso oft wie – wie früher! Nein, öfter!
Mag stimmen. Aber mir kommt es viel seltener vor.
Verständlich, du schläfst allein. In unserer Beziehung herrscht im Gegensatz zu früher Asymmetrie. Das ist nicht gut.
Was meinst du damit? fragte er. Willst du mir etwas mitteilen?
Ich sage nur, das ist nicht gut.
Soll ich mir etwa irgendeine Frauensperson zulegen, damit wir wieder da sind, wo wir waren? Ich würde es vorziehen, wenn wir die Symmetrie auf andere Weise wiederherstellten.
Sie drehte ihr Handy auf dem Tisch wie einen Kreisel. Der Ausdruck in ihrem Gesicht machte ihm Sorgen, ebenso, dass sie ihn nicht ansah.
Na? machte er.
Sie zog die freie Hand, die auf seiner gelegen hatte, zurück.
Marie, etwas mehr Zeit! Statt einmal die Woche zweimal! Das muss doch möglich sein. Theoretisch kann ich dich den ganzen Tag treffen. In der Agentur kann ich immer mal weg, und abends schulde ich niemandem Rechenschaft darüber, wohin ich gehe. Wo liegt das Problem?
Wo das Problem liegt? Willst du wissen? Möchtest wissen, warum ich dich nicht jeden Tag treffe? Ich werde es dir erklären!
Wer spricht denn von jedem Tag?
Du hörst jetzt mir zu! Ich kann dich nicht so oft treffen, wie du gern würdest und wie verdammt noch einmal ich gern würde, weil ich eine Familie habe! Weil ich ein Kind habe, weil ich einen Beruf habe, weil ich ein Leben habe! Weil ich einen Beruf ausüben muss, um genug Geld für mich und meine Familie zu verdienen und nebenbei bemerkt auch das Geld für unsere Hotelbesuche!
Was redest du da? rief er. Ich wollte immer allein bezahlen, und das werde ich auch in Zukunft wollen!
Aber ich nicht! Ich will meinen Anteil bezahlen, ich will, will, will! Und dafür muss ich Geld verdienen wie für so vieles andere! Ich habe einen Vater, der gepflegt werden muss, und eine Mutter, die es nicht alleine schafft! Ich habe Eltern, die eine Putzfrau brauchen, die sie sich nicht leisten können, und die mich brauchen als jemanden, der ihnen vertraut ist und der sich gern um sie kümmert! Zudem habe ich eine Schwester, die mit Drogenexperimentiert, als wäre sie achtzehn, und die ich alle vier Wochen aus dem Krankenhaus abholen muss. Und ich habe auch die eine oder andere Freundin, die ich gern sehen würde. Ab und zu zumindest! Zweimal die Woche gehe ich schwimmen, und das soll auch so bleiben, denn mein Körper braucht das! Ich habe einen Mann. Ich habe ein Kind! Ich habe ein Leben, Jonas, ein Leben, das nicht nur aus dir besteht, sosehr ich mir wünschte, du würdest darin eine noch größere Rolle spielen!
Die Kellnerin brachte nacheinander die Teller, erst den Salat, dann Maries Huhn. Gleichzeitig wurde die Musik lauter gedreht. Marie schickte die Kellnerin mit der Bitte weg, wieder leiser zu machen.
Gefällt dir thailändischer Pop nicht? fragte er.
Das hältst du für Thailändisch?
Jonas langte über den Tisch und stach Marie mit einem Essstäbchen in die Seite. Sie krümmte sich, hob jedoch nicht den Kopf, geschweige denn lachte sie. Er begann zu essen.
Jetzt verrate mir doch, was mit dir los ist, sagte er.
Marie legte die Stäbchen weg.
Ich sagte doch: mild. Sagte ich nicht mild? Ich habe ja keine Hornhaut auf der Zunge, was servieren die denn hier?
Zum Glück hast du keine Hornhaut auf der Zunge.
Ja, ja, schon gut.
Du hast nicht gesagt: mild. Ich erinnere mich genau. Du sagtest: Bitte nicht scharf!
Na und?
Das ist ein Unterschied, sagte Jonas. Die Kellnerin versteht keine Negationen.
Da kenne ich noch jemanden!
Eine Weile ließ sie wieder ihr Handy auf dem Tisch kreisen und sah zum Fenster hinaus.
Ach du liebe … das hätte ich ja beinahe …
Sie grub in ihrer Handtasche und förderte ein Geschenkspäckchen zutage, das sie vor ihn hinlegte. Er wickelte es behutsam aus. Es war eine kleine Figur aus Glas, die aussah wie ein fernöstlicher Mönch.
Das ist ein Daruma, sagte Marie.
Ein Glücksbringer? fragte Jonas, während er die Figur vorsichtig zwischen den Fingern drehte.
Sie nickte. Er stellt den buddhistischen Mönch – ich habe den Namen vergessen, aber ich kann ihn nachschlagen. Er stellt einen Mönch und Zen-Meister dar. Lider hat er keine, weil sich dieser Mönch einmal aus Ärger darüber, bei der Meditation eingeschlafen zu sein, die Lider abgeschnitten haben soll.
Radikaler Bursche!
Ich möchte, dass du weiterhin so viel
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