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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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noch immer nicht verkauft. Später wurde mehrmals ohne Erfolg versucht, das Riesenwerk durch Kürzung zugänglicher zu machen, ein letztes Mal 1913 durch Hermann Hesse, der mit schlechtem Gewissen ein Viertel des von ihm geliebten Textes für eine Ausgabe des Insel-Verlages herausstrich, aber auch das trug wenig zur Erweiterung der Leserschaft bei. Der Roman blieb ein Lieblingskind nur der Literaturwissenschaft.
    Schon während der Arbeit an den beiden letzten Bänden, die Jean Paul enorme Anstrengungen abverlangt hatten, war in ihm der Wunsch lebendig gewesen, von der Darstellung der oberen Gesellschaftsschichten zu der ihm näheren der kleinen Leute zurückzukehren und damit auch zum humoristischen Roman. Otto gegenüber, dem der »Titan« auch nicht zusagte, hatte er schon im Herbst 1800 zugegeben, dass die »Wahl des vornehmen Standes« , die eine »Abweichung« von seiner »Siebenkäsischen Manier« veranlasst hatte, ein Fehler gewesen war. Der Einbildung aber, sich unter den Adligen auf Dauer wohl fühlen zu können, war er nicht erlegen. Der »Titan«, der ihn veranlasst hatte, in die vornehme Welt einzudringen, war noch nicht ganz zu Ende geschrieben, als er, die erträumte Frau an seiner Seite, sich zu einer Heimkehr auf Umwegen entschloss. Am 30. Mai 1801 konnten die Berliner in der »Vossischen« und der »Haude und Spenerschen Zeitung« folgende Annonce lesen:
»Unsere Verbindung und unsere Abreise nach Meiningen machen wir unseren Freunden mit dem Dank für die vorige Liebe und mit der Bitte um die künftige bekannt.
Jean Paul Fr. Richter Legationsrat
Leopoldine Karoline Richter geb. Mayer«
    Über Wörlitz und Dessau führte die Hochzeitsreise nach Weimar, wo die Erwählte Herder und Wieland vorgestellt wurde, dann ging es weiter nach Meiningen in die erste eheliche Wohnung, die von der Gräfin von Schlabrendorff schon eingerichtet worden war. Am 20. Juni 1801 meldete Jean Paul dem Freund Christian Otto: »Die Ehe hat mich so recht tief ins häusliche feste stille runde Leben hinein gesetzt. Gearbeitet und gelesen soll jetzt werden. Das Verlieben kann ausgesetzt werden.«

Abb.36: Jean Paul 1804. Kupferstich
von Friedrich Wilhelm Nettling
    Während er noch rasch den letzten Band des »Titan« beendete und mit Freuden an den »Flegeljahren« weiterarbeitete, war Karoline darum bemüht, der Wunschfrau zu gleichen, sich für ihn also aufzuopfern oder, wie sein Lob lautete, »gar mit keinem Ich behaftet« zu sein. Kurz vor ihrer ersten Niederkunft, schon »mitten in den Wehen« , fühlte sie sich noch verpflichtet, ihm sein »Frühstück von Pflaumenkuchen« an den Arbeitstisch zu bringen; die Poesie, meinte er dazu, »zieht Zinsen davon« . Und der Schwiegervater in Berlin bekam zu erfahren: »Wir beide sind selig durch uns und für uns, wir brauchen nichts als die Fortsetzung« .
    Mit den einfacheren Lebensumständen fand die Tochter aus gutem Hause sich klaglos ab. Sie wohnten erst in einem lichtarmen Hinterhaus, später ein paar Häuser weiter in der Georgstraße in einer Mietwohnung, deren Mobiliar seinen Grundsätzen entsprechend so einfach wie möglich war. Spiegel und Vorhänge, die ihm schon als überflüssiger Luxus galten, billigte er seiner Frau aber zu. Außer dem schwarz bezogenen Kanapee, auf dem er beim Arbeiten saß, gab es in seinem Zimmer nur den Tisch aus Kiefernholz, einige harte Stühle und das altbewährte Regal, aus dem er seine Exzerptensammlungen und Studienhefte entnehmen konnte, ohne dazu aufzustehen. Hier wurde ihm schon morgens, nachdem er um halb sieben aufgestanden war, erst der Morgenkaffee und später das zum Arbeiten nötige Bier serviert. Erst zur Mittagszeit ging er zum gemeinsamen Essen zu seiner Frau hinüber, las in der Verdauungspause den »Reichsanzeiger« und arbeitete dann weiter bis fünf. Abends wurden Besuche gemacht oder empfangen. Der Mineraloge Johann Ludwig Heim, Bruder des berühmten Berliner Arztes Ernst Ludwig Heim, der auf der anderen Straßenseite wohnte, war ein gerngesehener Gast, und auch die Gräfin Schlabrendorff, die 1803 den Meininger Kabinettssekretär Friedrich Christian August Schwendler heiraten sollte, stellte sich manchmal ein. An Abenden ohne Besuch wurde um 9 Uhr gegessen und gleich danach das Bett aufgesucht. Auch mit Georg I., dem Herzog von Sachsen-Meiningen, einem Mann mit »Kenntnis und Güte« , aber ohne »Poesie und Philosophie« verkehrte er, wie er Otto gegenüber versicherte, wie mit seinesgleichen, wurde auch aufs Schloss

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