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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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ihm 1804 noch einmal vergeblich erinnert worden, und auch 1805, als das Königspaar Wunsiedel besucht hatte und Jean Paul sich zum Fest der Umbenennung der Luxburg in Luisenburg einen »Wechselgesang der Oreaden und Najaden« in reimlosen Versen abgerungen hatte, war er zwar dem König vorgestellt worden, aber in den Genuss der Präbende gekommen war er nicht. Als nun nach der napoleonischen Neuordnung Deutschlands aus dem preußischen Schriftsteller ein bayerischer wurde, der sich, um zu Geld zu kommen, mit dem Verfassen von Zeitschriftenartikeln und Rezensionen verzetteln musste, wandte er sich 1808 mit der Bitte um eine Pension an die nun für ihn zuständige Obrigkeit.
    Der Mann, der für ihn mehr Verständnis als der Preußenkönig hatte, hieß Karl Theodor Reichsfreiherr von und zu Dalberg, war katholischer Bischof und Staatsmann, dabei aber auch ein Freund von Kunst und Literatur. Er hatte sich schon als Unterstützer Georg Forsters und der Dichter in Weimar betätigt, und da er wie Goethe Napoleon verehrte, hatte dieser ihn zum Fürst-Primas des Rheinbundes ernannt. Er war also eine Art Ehrenpräsident dieses von Napoleon beherrschten Staatenbundes, zu dem bald alle deutschen Staaten mit Ausnahme Preußens und Österreichs gehörten, und hatte seinen Amtsitz in Frankfurt am Main. Dort hatte er eine »Museum« genannte wissenschaftliche Gesellschaft gegründet, zu deren Ehrenmitglied er Jean Paul machte und ihm eine Pension von 1000 Gulden im Jahr aussetzte, die er aus seinem Privatvermögen beglich.

Abb.43: Karl Reichsfreiherr von Dalberg.
Gemälde von Johann Friedrich August Tischbein
    Schon davor, nämlich 1808, war Jean Pauls »Friedenspredigt an Deutschland« erschienen, die im Rheinbund begrüßt wurde, bei den antinapoleonischen Patrioten in Preußen jedoch, wie Varnhagen in seinen Erinnerungen berichtet, auf Ablehnung stieß. Als Varnhagen im Oktober 1808 Jean Paul in Bayreuth besuchte, fand er ihn aber »deutsch bis in die kleinste Faser hinein« . Und tatsächlich ließ es Jean Paul an Liebe zu Deutschland nicht fehlen, es war aber ein Liebe ohne Hass auf andere. Die damals verbreiteten antifranzösischen Vorurteile, die übrigens auch Varnhagen ablehnte, waren ihm völlig fremd. Als Fichte in seinen »Reden an die deutsche Nation« die angebliche Überlegenheit der Deutschen mit der Urtümlichkeit ihrer Sprache begründete, wurde das in Jean Pauls Rezension der »Reden«, die darüber hinaus sehr respektvoll gehalten war, unsinnig genannt. »Es wäre eben so schlimm für die Erde, wenn es lauter Deutsche, als wenn es keine gäbe, und kein Volk ersetzt das andere.«
    Trauer über den Zusammenbruch des alten Reiches, dessen Zustand er in seinen Büchern immer beklagt hatte, empfand Jean Paul nicht. »Das Alte hatten wir früher verloren als unsere Schlachten« , heißt es in der »Friedenspredigt«, »und das Neue ist mehr Gegengift als Gift«. Jetzt könne das von ärgster Kleinstaaterei befreite Deutschland ohne Preußen und Österreich, die nie ganz zum Reichsverband gehört hatten, in der Gestalt eines »von Napoleon und einem langen Frieden beschützten Fürstenbundes« neu erstehen. Das Neue war für ihn also der Rheinbund, dessen Mitgliedsstaaten auf französischen Druck fast alle Verfassungen erhielten, die Privilegien des Adels abschafften, die Gewerbefreiheit und die allgemeine Wehrpflicht einführten und die Gleichheit aller Bürger, einschließlich der Juden, vor dem Gesetz verkündeten. Diese Segnungen der Revolution, die der Eroberer nach Deutschland gebracht hatte, waren Grund für Jean Paul, der immer stärker sozial als national dachte, zeitweilig in Napoleon nur den Wohlstands- und Friedensbringer zu sehen. Später kam auch bei ihm die Erkenntnis, dass Napoleon den Fortschritt nicht diesem oder den Deutschen zuliebe gebracht hatte, sondern weil sich mit ihm sein Kriegspotential stärken ließ. Als sich die Reformen als Kriegsvorbereitungen enthüllten, wurden die Vorteile, die sie gebracht hatten, schnell von den Lasten des Krieges abgelöst. Mit den Zehntausenden von sächsischen, bayerischen, württembergischen und westfälischen Soldaten, die in Russland für Napoleon sterben mussten, waren auch für ihn die Reformen zu teuer bezahlt.
    Die spätere Erkenntnis, dass Napoleon nicht der Friedensfürst war, für den er ihn zeitweilig gehalten hatte, konnte Jean Paul aber nicht dazu bringen, dem nationalistischen Rausch zu verfallen, der als Folge der napoleonischen Unterdrückung in

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