Das Leben in 38 Tagen
die
Pilgerherberge von Trinidad de Arre ein. Am liebsten
wäre ich dort eingekehrt, aber wir hatten uns nun mal die deutsche Herberge als
Ziel gesetzt und das hieß: noch fünf Kilometer laufen.
Ich
war so fertig, dass wir im nächsten Café noch eine Pause einlegten. Wir mussten
erst einmal einen Kaffee trinken, den Rucksack absetzen und die Schuhe
ausziehen. Gerade verließ eine Gruppe hübscher junger Norweger das Café, die
mir mit ihrem typischen skandinavischen Aussehen; hochgewachsen, blond und
freundlich, schon mehrmals aufgefallen waren. Schade, dass sie gerade gehen
wollten, so wie eigentlich fast immer, wenn wir sie trafen. Ich hätte mich gern
mit ihnen unterhalten. Aber vielleicht sieht man sich ja noch ein anderes Mal!
Wieder
einmal stellte ich fest, dass der Weg das Ziel ist: Man traf sich und trennte
sich wieder. Das Wiedersehen war offen und spannend...
In
dem Café saßen zwei ältere deutschsprachige Frauen und ein Mann mit ihren
Rucksäcken. Anscheinend waren wir nicht die Einzigen, die erst einmal eine Rast
einlegen mussten. Wir tauschten die Erfahrungen des zurückliegenden,
hauptsächlich schlammigen Weges aus und hörten mit Genugtuung, dass die drei
erst in Roncesvalles gestartet und schon ziemlich fertig waren. Als es ans
Bezahlen ging, schien es Probleme zu geben. Sie wollten, wie in Deutschland
üblich, getrennt bezahlen, aber der Wirt wollte das nicht verstehen. Martin
konnte mit seinem Spanisch helfend eingreifen und erklärte uns, dass die
Spanier das nicht gewohnt sind. In Spanien wird eine Summe pro Tisch gezahlt
und die Gäste müssen sich untereinander einigen. Wir verstanden im Übrigen
nicht, dass die drei, die anscheinend zusammengehörten, so ein Problem daraus
machten, oder ist das typisch deutsch?
Später
trafen wir sie auf dem Weg zur Pilgerherberge immer wieder, bis wir uns am
Abend im gleichen Zimmer wiederfanden. Der Weg durch die betonharten Straßen
der Vorstädte, die mit Pamplona schon zusammengewachsen waren, verlangte uns
noch einmal alles ab nach dem langen Tag, aber der Blick auf die Altstadt von
Pamplona mit ihrer gewaltigen Stadtmauer, der Kathedrale und der Zitadelle im
Hintergrund versetzte uns in eine freudige Erregung. Wieder ein großes Ziel
geschafft! Wir würden uns das berühmte Pamplona, die Hauptstadt Navarras, das
früher sogar ein eigenes Königreich gewesen war, mit seiner weltbekannten
Stierkampfarena ansehen können! Als wir endlich die mittelalterliche Magdalenenbrücke überquerten, lag gleich dahinter an meinem
Lieblingsflüsschen Arga neben einem schönen Park mit
alten Bäumen die deutsche Pilgerherberge.
Es
war ein liebevoll restauriertes altes Einfamilienhaus mit braunen Fensterläden
und bunten Blumen vor den Fenstern. Als wir dann auch noch ein freies Bett von den freundlichen deutschen Hospitaleros erhielten, war ich
erst einmal wunschlos glücklich. Man fühlte sich gleich heimisch und Alfred und
einige andere Deutsche hatten wir auch schon gesehen! Nur schade, dass Martin
heute Nacht noch nach Madrid fahren wollte. Ich hatte gehofft, dass er sich
noch einen Tag Zeit mit mir in Pamplona nehmen würde, aber ihm war die Zeit in
Madrid mit den Kumpels wichtiger und er hatte schon Karten für ein Fußballspiel
am Nachmittag!
Ich
kannte ja meinen Sohn und war froh, dass er sich überhaupt so viel Zeit für
seine alte Mutter genommen hatte! Das würden bestimmt nicht alle Söhne tun,
denke ich.
So
wollten wir die letzten Stunden noch zusammen genießen, schön essen gehen,
Stadtbummel, Fahrkarte kaufen, mal sehen. Aber es sollte uns anscheinend nicht
zu gut gehen, denn ich bekam, wie schon erwähnt: Durchfall, mein Albtraum jeden
Urlaubs. Klar, das war die fettige Knoblauchsuppe und das Olivenöl am Salat
gestern in Zubiri. Ich hatte natürlich genügend Erste Hilfe dabei, aber mit dem
schönen Essen war es erst mal nichts.
In
einer deutschen Herberge ist es fast wie in Deutschland; alles sehr sauber und
ordentlich. Es gab sogar einen Brunnen im Garten, wo man seine Schuhe endlich
einmal abwaschen und nicht nur abklopfen konnte. Gleich neben dem Eingang stand
ein Schuhregal, es gab warmes Wasser zum Wäschewaschen, eine Schleuder und
Trockenmöglichkeiten. Wolfgang aus Bremen, der hier als Hausmeister und
„Mädchen für alles“ arbeitete, baute gerade eine Sitzgruppe aus Holz für den
kleinen Garten und unterhielt sich dabei mit mir, während ich Schuhe wusch. Ich
war überrascht über die große Herzlichkeit, die uns hier
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