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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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bei ihr einen Stempel für einen Euro (wobei es
die Stempel sonst kostenlos gab) und zusätzlich noch einen kleinen Glücksstein
mit einem gelben Pfeil darauf, womit wir ihr faltiges Gesicht wieder zum
    Strahlen
brachten. Nun durften wir auch auf der alten Holzbank, die dem Häuschen
gegenüber stand, Platz nehmen und unter einem lila blühenden, herrlich
duftenden Fliederbaum noch einmal kurz in eine ländliche Oase eintauchen, ehe
uns die Stadt zu verschlingen drohte.
    Aber
keine Bange, unsere Wegweiser, die gelben Pfeile und Muscheln, würden uns schon
sicher in die Stadt hinein- und auch wieder hinausführen!
    Nachdem
wir den Fluss Ebro mit einer wunderschönen Brücke überquert hatten, gelangten
wir auf der ältesten Straße von Logroño, der originalen Pilgerstraße, bis mitten
in die Altstadt hinein, wo uns eine große Herberge in einem alten mehrstöckigen
Bürgerhaus empfing. Die Pilger standen schon Schlange und ließen mich Schlimmes
ahnen.
    Es
gab drei große Schlafsäle mit je 24 Betten, je einen Waschraum mit zwei
Toiletten, nach Männern und Frauen getrennt, eine Küche und einen schönen
Innenhof, wo man seine Sachen waschen und aufhängen konnte. Als ich endlich
unter der Dusche stand, nachdem ein Platz frei geworden war, und meinen Kopf
und meinen Körper eingeseift hatte, kam plötzlich nur noch kaltes Wasser aus
dem Hahn. Ob ich wollte oder nicht, ich musste das erste Mal in meinem Leben
meine Haare mit kaltem Wasser waschen. Für andere war das wahrscheinlich kein
Problem, aber für mich, der niemals kalt duscht, stellte das schon eine Härte
dar.
    Nach
diesem Schock ging ich mit Charlotte und Madlen den
Busbahnhof suchen, was sich als ziemlich schwieriges Unterfangen erwies.
Entweder verstanden uns die Menschen nicht, oder sie schickten uns in die
falsche Richtung. Selbst im Tourismusbüro, das wir schließlich gefunden hatten,
konnte man uns nicht richtig weiterhelfen. Wir streiften bestimmt eine Stunde
kreuz und quer durch die Stadt, kamen an verschiedenen Bushaltestellen vorbei,
bis wir endlich den richtigen Hinweis erhielten und in einer großen Halle
ähnlich wie in Pamplona landeten. Auch hier kam man mit Englisch schlecht
weiter. Eine weitere halbe Stunde verging, bis Madlen endlich den richtigen Schalter und die richtige Information hatte. Es gab nicht
einfach einen Busfahrplan, so wie wir uns das vorgestellt hatten, sondern es
wurde alles mit der Hand aufgeschrieben, man sollte es nicht glauben. Der Mann
hinter dem Schalter war freundlich, aber bestimmt schon siebzig Jahre, so wie
man überhaupt in Spanien öfter wirklich alte Leute arbeiten sieht, besonders in
kleinen Geschäften oder Restaurants. Wahrscheinlich brauchen sie das, um ihren
Lebensunterhalt zu verdienen.
    Mit
jedem Schritt auf dem Asphalt spürte ich meine Füße mehr. Obwohl ich nun meine
ausgelatschten, leichten Turnschuhe und keinen Rucksack trug, waren meine Füße
so geschwollen, dass mir die Schuhe viel zu klein erschienen. Ich ärgerte mich
schon, mit den anderen mitgelaufen zu sein, anstatt mich auszuruhen. Aber so
konnte ich wenigstens in einer Apotheke meine Vorräte an Klebebinden und Fußcreme auffüllen, was mir als die wichtigste Grundlage
für meinen weiteren Weg erschien.
    Die
Stadt Logroño selbst wirkte auf mich bis auf einige alte Kirchen nicht sehr
sehenswert. Vielleicht lag das aber auch nur an meinen wunden Füßen. Auf einem
schönen Platz vor der Santiagokirche mit dem
imposanten Standbild des heiligen Jakobus als
„Maurentöter“ über dem Portal ließen wir uns auf die Stühle einer Pizzeria
fallen. Hier löschten wir erst einmal unseren Hunger und Durst, während unsere
Füße und Beine vor Freude über die Erholung nicht aufhören wollten, zu summen!
Währenddessen beobachteten wir die vielen Menschen in der angrenzenden
Einkaufsmeile beim Shoppen und Bummeln. Plötzlich standen Simone und Christian
vor uns, die ich in Zubiri beziehungsweise auf dem Weg nach Los Arcos getroffen
hatte. Ich war überrascht, sie wiederzusehen, weil ich gedacht hatte, dass sie
inzwischen schon viel weiter gelaufen wären. Die beiden setzten sich zu uns und
wir unterhielten uns über den Weg. Simone hatte es doch tatsächlich geschafft,
ihr Gepäck um fünf Kilo zu verringern und die vermutlich unwichtigen Dinge nach
Hause zu schicken. Auch von dem Tagebuch mit Ledereinband hatte sie sich
schweren Herzens getrennt.
    Sie
erzählte, dass sie sich eine dreimonatige Auszeit von ihrer Arbeit genommen
hatte und nach

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