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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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geführt hatte, kauften wir den Spaniern eine Flasche ab.
Vier Euro für einen besonders guten Wein! Okay. So eine originelle Bodega
(Weinstube) hatten wir noch nicht gesehen und die zwei alten Männer hätten am
liebsten gleich eine Flasche mit uns zusammen getrunken! Schade, dass wir uns
kaum verständigen konnten! Es wäre bestimmt lustig und interessant am
Kaminfeuer geworden. Aber langsam wurden wir natürlich auch hungrig und so
verabschiedeten wir uns und setzten uns dann mit unserer Flasche Wein zu den
anderen Pilgern in den Speiseraum. Wir kamen genau richtig zur Begrüßung durch
das holländische Ehepaar, das sich noch einmal vorstellte und uns dann alle
bat, uns ebenfalls kurz vorzustellen. Dabei staunten wir wieder einmal, aus wie
vielen verschiedenen Ländern die Pilger heute kamen. Mit mir war noch ein älteres
Ehepaar aus Deutschland anwesend, was mich in dieser einfachen Herberge
verwunderte, da ich die beiden meist murrend über die Unterkünfte kannte.
Wahrscheinlich hatten sie es wohl heute nicht weiter geschafft...
    Die
anderen Pilger kamen aus Finnland, Dänemark, Norwegen, Kanada, Australien,
Frankreich, Italien, Spanien und Österreich. Eine schöne bunte Mischung und
eine herzliche, lustige Stimmung! An langen Holzbänken saßen wir zusammen mit
dem holländischen Ehepaar und ließen uns die würzige Gemüsesuppe, die
Tomatennudeln, den bunten Salat und das Obst gut schmecken. Wir fühlten uns als
eine Gemeinschaft und das waren wir ja auch. Eine große Pilgergemeinschaft mit
dem gleichen Ziel!
    Das
Essen, die Getränke und selbst der Wein wurden redlich geteilt und er schmeckte
wirklich gut! Als alle fertig waren, gab es noch eine Überraschung! Wir Frauen
durften ab jetzt nicht mehr in der Küche helfen, sondern nun wurden nur die
Männer angestellt! Sie mussten abwaschen, abtrocknen und den Boden fegen, was
ein Heidengaudi auslöste. Wir Frauen saßen als Zuschauer auf dem alten Sofa
unter dem Fenster und gaben unsere Kommentare ab. Natürlich fotografierten wir
auch gern die Handtuch und Besen schwingenden Ehemänner als Beweis für ihre
Frauen zu Hause.
    Später
lud das christliche Gastgeberehepaar noch zu einem Abendgebet in einen kleinen
Gebetsraum ein. Dies war natürlich freiwillig, so wie alles auf dem Weg, und es
fand sich etwas über die Hälfte der Pilger zusammen. Wir stellten uns im Kreis
auf und fassten uns an den Händen. Piet sprach in Englisch und Spanisch einige
Worte der Besinnung und jeder ließ in Gedanken den heutigen Tag an sich
vorbeiziehen. Zusammen lasen wir ein Dankgebet und sangen ein Danklied nach
vorgegebenem englischem Text. Danach konnte jeder, der es wollte, noch etwas
Persönliches sagen. Ich fand es sehr beeindruckend und feierlich, dass sich in
irgendeinem kleinen Dorf in Spanien völlig unbekannte Menschen aus so vielen
verschiedenen Ländern zu einer Gemeinschaft zusammenfanden. Dass sie zusammen arbeiteten,
aßen und tranken und dann gemeinsam und offen ihrer Dankbarkeit Ausdruck
verliehen.
    Dankbarkeit;
ja, das war das, was ich jeden Abend tief in meinem Herzen empfinden wollte. Es
gab jeden Abend so viele Gründe, dankbar zu sein, und besonders auf diesem Weg.
Danke, dass ich schon so weit laufen konnte. Danke für die interessanten
Erlebnisse, die neuen Erkenntnisse, die netten Menschen und das gute Wetter.
Danke für jede kleine Freude, dass ich sehen kann, hören kann, empfinden kann,
laufen kann! Danke, lieber Gott!
    Die
Nacht in der Scheune war kalt und von Schnarchen geprägt. Wie immer stand ich
irgendwann auf und versuchte die Schnarcher zu stören. Diesmal waren es vor
allem die zwei älteren Italiener, die zwar sehr freundlich waren, aber keine
andere Sprache als ihre eigene verstanden. Nicht mal im Traum! Ich beneidete
Carol, die es auf irgendeine Weise geschafft hatte, im Krankenzimmer zu
schlafen.
    Aber
das waren alles keine wirklichen Probleme. Ein bisschen konnte man immer
schlafen, wenn man sich die Decke richtig über die Ohren drückte und in den
Schlafsack atmete. Auch am Morgen löste sich der Stau vor dem
Toilettenwaschraum schneller auf, als ich gedacht hatte. Zum Glück für uns gab
es immer Frühaufsteher — meistens die Schnarcher, die natürlich gut geschlafen
hatten —, die das Feld schon früh räumten.
    Carol,
die allein im Krankenzimmer sehr gut geschlafen hatte, und ich ließen uns
lieber Zeit und so waren wir wieder mal bei den Letzten, die um 7.30 Uhr
frühstückten. Es gab Marmeladenbrot, Kaffee und Tee und wir

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