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Das Leben ist ein Kitschroman

Das Leben ist ein Kitschroman

Titel: Das Leben ist ein Kitschroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophie Benning
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anfängliche Enttäuschung sich in Vorfreude gewandelt. Wir hatten uns für ein kleines französisches Restaurant in der Innenstadt entschieden, und während ich zur Straßenbahn zurückging, überlegte ich, was ich anziehen würde. Die Entscheidung war schnell getroffen, aber die Sache hatte einen Haken. Einen großen Haken: Sowohl Oberteil als Hose hingen im Schrank bei meinen Eltern. Shit. Ich schaute auf die Uhr. Mittlerweile halb neun. Ich rechnete schnell nach und kam zu dem Ergebnis, dass meine Eltern, bis ich da war, das Haus sicher schon verlassen hatten. Außerdem war heute Freitag. Ein Tag, an dem sie den Vormittag normalerweise in Sitzungen verbrachten, und ich beschloss, mein Glück zu versuchen.
    Aber als ich mich meinem Elternhaus näherte, stellte ich fest, dass es heute mit dem Glück nicht weit her war. Sowohl das Cabrio meiner Mutter als auch der Benz meines Vaters standen in der Garage. Und da sie öffentliche Verkehrsmittel mieden, konnte man aus dieser Tatsache nur einen Schluss ziehen: Sie waren beide noch zu Hause. Es blieben mir zwei Möglichkeiten. Entweder entschied ich mich für ein anderes Outfit, oder ich wählte den Schleichweg, den ich schon während meiner Schulzeit benutzt hatte, um das Haus unbemerkt zu betreten und zu verlassen: durch die Waschküche im Keller.
    Ich beschloss, es drauf ankommen zu lassen, und als ich die Luft rein glaubte, rannte ich über die Straße und schlüpfte an der Doppelgarage vorbei in den Garten. Erste Etappe geschafft.
    Ich wollte schon weitergehen, als ich die Stimme meiner Mutter hörte.
    »Das dürfte kein Problem darstellen, Helmut«, sagte sie. »Charlotte freut sich doch schon so auf die Stelle.«
    Hallo?! Was tat Charlotte?
    Ich stellte mich direkt neben das gekippte Fenster und lauschte gebannt, was meine Mutter sonst noch für Märchen verbreitete.
    »Ich werde schauen, dass ich sie heute erreiche. Richtig. Ja.«
    Gut, dass ich vorgewarnt war. Ich langte in meine Hosentasche und schaltete mein Handy aus.
    »Das ist auch eine einmalige Chance für sie«, quatschte meine Mutter munter weiter. »Sie sitzt im Augenblick ohnehin nur in der Wohnung einer Freundin herum. Da kann sie euch genauso gut unter die Arme greifen. So ist es.«
    Sollte ich etwa früher bei Krause anfangen? Schon bei dem Gedanken wurde mir kotzübel. Ruhig bleiben, Charli, sie können dich zu nichts zwingen. Sie haben dir das Leben geschenkt! Bei diesen Worten fiel mir Ineke ein. Und das Angebot, bei ihr im Laden zu jobben. Das war eine wunderbare Ausrede und gleich ging es mir etwas besser.
    Ich wartete kurz, ob meine Mutter noch weitere Neuigkeiten von sich geben würde, aber sie beendete das Telefonat und tauschte sich mit der Köchin über das Abendessen aus.
    Abendessen. Richtig. In geduckter Haltung schlich ich an der Hauswand entlang Richtung Kellereingang.
    Zum Glück hatte sich hier seit meinem letzten Ein- bzw. Ausstiegsversuch nichts geändert. Der Schlüssel lag nach wie vor unter einem kleinen Blumentopf und kurz darauf war ich im Haus.
    Ich erreichte das Treppenhaus ohne Aufmerksamkeit zu erregen und blieb dort mit gespitzten Ohren hinter einem schweren Vorhang stehen. Meine Mutter verabschiedete sich von der Putzfrau und verließ munter plaudernd mit meinem Vater das Haus.
    Pffff. Noch mal gut gegangen.
    Als ich mein Mädchenzimmer erreicht hatte, musste ich jedoch einsehen, dass Einbrecher keine berufliche Alternative für mich wäre. Ich war schweißgebadet und zuckte bei jedem Geräusch zusammen. Dabei befand ich mich nicht mal in einem fremden Haus!
    Doch damit nicht genug. Ich hatte just die gewünschte Hose gefunden, als mich vor Schreck fast der Schlag traf.
    »Keine Ahnung, wo die sein kann«, hörte ich meine Mutter direkt vor meiner Zimmertür rufen. »Aber ich nehme einfach solange die Mappe, die ich letzte Woche bei Charlotte im Zimmer gesehen habe!«
    Und während ich fieberhaft überlegte, wo ich mich verstecken konnte, ging die Tür auch schon auf.
    »Charlotte!« Meine Mutter griff sich vor Schreck ans Herz. »Was machst du denn hier?«
    »Ich brauche ein paar Sachen aus dem Schrank«, sagte ich, als wäre es die normalste Sache der Welt, mich ungesehen ins Haus zu schmuggeln.
    »Und deine Eltern begrüßt du nicht mehr?« Sie hatte den Überraschungsschock bereits überwunden und sah mich tadelnd an. »Aber gut, dass ich dich treffe. Dr. Krause hat vorhin angerufen.«
    Sie hat dir das Leben geschenkt – sie hat dir das Leben geschenkt... Wie ein

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