Das Leben ist ein Kitschroman
auf.«
Ich ging zur Wohnungstür und linste hinaus.
»Ich wusste gar nicht, dass du so lecker kochen kannst!« Ineke hing leicht angesäuselt im Treppenhaus. »Gibt's noch was davon?«
Grinsend machte ich die Tür auf und ließ sie hinein. »Es ist noch ein kleiner Rest da.«
»Hoppla, du hast Besuch!« Ineke musterte Andrea mit sichtlichem Wohlgefallen und setzte sich an den Tisch.
»Ineke, Andrea. Andrea, Ineke«, stellte ich die beiden vor. »Andrea wohnt vorübergehend in Christians Zimmer.«
»Aha«, machte Ineke. »Daher strahlst du so.«
Andrea lachte. »Nein, das hat einen anderen Grund.« Er holte einen sauberen Teller aus der Küche und stellte ihn vor Ineke hin. »Charli ist in die Tiermedizin eingestiegen.«
»Was?« Meine Nachbarin verstand Bahnhof, und während sie sich über die Reste hermachte, berichtete ich im Schnelldurchlauf, was in der Zwischenzeit passiert war.
»Lieber Gott«, seufzte sie. »Da sieht man sich mal zwei Tage nicht und schjon geht die Post ab!« Sie langte über den Tisch und drückte meine Hand. »Glückwunsch!«
Dann drehte sie sich zu Andrea. »Mit die Namen wird es aber langsam verwirrend. Charli ist weiblich, Andrea ist männlich ... Bist du eine richtige Italiener? Du hast gar keine Aksent!«
»Ich bin zweisprachig aufgewachsen. Und meine deutsche Mutter hat immer genau aufgepasst, dass ich alles richtig ausspreche und keine Grammatikfehler mache.«
»Da kann ich mich ein Stück van abschneiden«, seufzte Ineke. »Aber egal. Hauptsache, man kann sich verstehen.«
Sie wischte den Teller mit einem Stück Brot sauber und schob ihn anschließend mit einem zufriedenen Seufzer in die Mitte. »War das gut! Bist du ein Koch?«
Nun war Andrea an der Reihe, seine Geschichte zu erzählen.
Ineke hörte zu und nickte. »Dann sind wir also schon drei Umsteiger! Willkommen in unse Klub!«
16
Obwohl ich nicht lange geschlafen hatte, sprang ich am nächsten Morgen so munter aus dem Bett, als hätte ich zehn Stunden durchgeratzt. Summend hüpfte ich unter die Dusche, und als ich mich anschließend im Spiegel betrachtete, musste ich feststellen, dass sich ein dämliches Grinsen in meinem Gesicht festgesetzt hatte.
Ich föhnte mir schnell die Haare, schminkte mich leicht und stieg in meine älteste Jeans. Wenn ich den Terminkalender richtig im Kopf hatte, kamen heute ein paar Riesenköter in die Praxis und ich war nicht gewillt, meine besten Klamotten für sie zu opfern.
Als ich aus der Straßenbahn stieg, sah ich, dass etwas Sensationelles geschehen war: Im Gegensatz zu sonst war ich viel zu früh dran! Aber auch Carstens Vorfreude war anscheinend groß, denn er war schon in der Praxis zugange.
»Charli!« Mit großen Schritten kam er auf mich zu und schloss mich in die Arme. »Ich habe dich so vermisst!«
»Ich dich auch«, wollte ich sagen, doch im nächsten Moment küssten wir uns so leidenschaftlich, als würde die Welt jede Sekunde untergehen können.
Als wir wieder zu Atem gekommen waren, sah er mich mit ernster Miene an.
Mir wurde ganz komisch. »Ist was passiert?«
»Nicht direkt, aber es gibt eine Neuigkeit, die mir zwar nicht gefällt, die wir aber akzeptieren müssen«, sagte Carsten und zog mich auf den Stuhl neben sich. »Ich war gestern noch bei Herrn Meier im Krankenhaus und wir haben darüber gesprochen, wie es nun mit der Praxis weitergehen soll. Und wir sind übereingekommen, dass ich eine neue Fachkraft brauche.«
»Warum das denn?«
»Der Praxisbetrieb muss weitergehen, Charli, und das schaffen wir beide beim besten Willen nicht.«
Hm. Das stimmte natürlich. Dennoch war ich enttäuscht. »Ich kann mich hier aber trotzdem nützlich machen, oder? Am Empfang, am Telefon.«
Carsten holte tief Luft. »In Prinzip schon, aber Meier macht sich Gedanken über die Versicherung. Und da hat er nicht ganz unrecht. Wenn dir hier bei der Arbeit etwas zustößt, wird es teuer für ihn. Und für mich auch.«
Mist.
»Außerdem ist es dann bestimmt nicht mehr so lustig hier«, fuhr er fort. »Wie ich von einem Kollegen erfahren habe, soll die Frau, die einspringt, ein ziemlicher Drache sein.« Er hauchte mir einen zarten Kuss auf die Lippen. »Und sie fängt in einer Stunde schon an.« Wieder ein Küsschen. »Aber was hältst du davon, wenn wir heute Abend schön essen gehen?«
»Davon halte ich sehr viel«, sagte ich und kuschelte mich in seine Arme. »Wann sollen wir uns treffen? Und wo?«
Als ich eine halbe Stunde später die Praxis verließ, hatte die
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