Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Ölfilm und von Stund an war ich ein Öko. Ich weiß aber, dass sich das irgendwann im Laufe des Jahres 2006 bei mir so weit entwickelt hatte, dass ich dachte: So geht es nicht weiter.
Richtig alarmiert haben mich dann die Zahlen und Berichte über den Klimawandel, die Ende 2006 und Anfang 2007 veröffentlicht wurden. Das war für mich die ökologische Wende. Der Bericht des ehemaligen Weltbank-Chefökonomen Nicholas Stern machte zum einen das Ausmaß der ökologischen Be drohung klar, und er erklärte zum anderen die ökonomische Bedrohung. Mit dieser Aussage rüttelt er an den Grundfesten des kapitalistischen Systems, dem dauernden Vermehren von Profit, der Vorstellung vom unerschöpflichen Wachstum und ständiger Expansion. Sein Bericht zeigt auf, dass die ökologische Krise zu immensen Finanzverlusten und die Bekämpfung ihrer Folgen teurer als die Behebung der Ursachen sein wird. Vereinfacht gesagt: Wenn wir handeln, kommt uns das viel billiger, als wenn wir nicht handeln. Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Stern mit dieser klugen, fast schon listigen Aussage die Ökonomen der Welt zur Einsicht, zum Umdenken und Handeln bewegen kann. Aber ein deutliches Signal in diese Richtung blieb aus.
Ich fing an, alles zu lesen, was ich in die Hände kriegen konnte. Darüber, welche Arten aussterben, was an den Polen passiert, wie sich die Atmosphäre seit der industriellen Revolution verändert hat. Es verfolgte mich bis in meine Träume. Ich konnte nicht mehr beim Informieren, beim Nachdenken und Reden stehen bleiben und begann, mich intensiv mit den Veränderungsmöglichkeiten meines Lebensstils, meines Konsums zu beschäftigen und zu sehen, was ich wie verändern und verbessern könnte.
»Es geht nicht darum, was die Leute in China tun, sondern erst mal darum, was wir hier tun«, sagte ich zu meiner Schwester.
Sie antwortete: »Was können wir schon tun?«
»Es geht darum, die Dinge zu tun, die wir tun können. Und das versuche ich gerade herauszubekommen.«
Wir können nicht erwarten, dass sich anderswo was tut, ehe wir etwas tun.
Manche Frauen erzählen, die Geburt des ersten Kindes habe den Wunsch ausgelöst, Dinge zu verändern. Wegen der Kinder. Meine Kinder sind eine starke Motivation. Aber noch stärker treibt mich eine andere Frage um. Ich denke weniger: Was für eine Welt hinterlasse ich denen? Ich denke: Was tun wir der Welt, was tun wir dem Planeten, was tun wir uns an?
Was ist das für ein Wunder, dass wir existieren! Das Leben hat sich entwickelt, langsam, über Jahrmillionen, und wir, der Homo sapiens des 21. Jahrhunderts, besetzen alles. Ich bin kein Naturfreak, ich liebe auch nicht die Tiere mehr als die Menschen, alles Blödsinn. Aber wenn ich bestimmte Bilder sehe, wie der Mensch alles gnadenlos abholzt und ausbeutet und nichts mehr übrig lässt, da frage ich mich dann auch: Werden meine Kinder 50, 60 Jahre alt? In welcher Welt?
Jugend in der DDR
Ich bin im Osten aufgewachsen, also in der DDR. Eigentlich habe ich immer das Bedürfnis gespürt, einen Sinn und Ziele über mein Privatleben hinaus zu haben. Das ist so geblieben, und ich glaube, das hängt mit meiner Kindheit in der DDR zusammen.
Ich wurde 1974 in Berlin geboren. Mein Vater war Chirurg, später Orthopädieprofessor an der Berliner Charité, meine Mutter Anästhesistin im Krankenhaus in Berlin-Pankow. Wir lebten in Wilhelmsruh im Nordosten von Pankow. Man kann sagen, dass meine Eltern werteorientiert sind. Sie waren von der Grundidee des Sozialismus überzeugt. Allerdings nicht von der gelebten Realität. Und obwohl wir dem System zum Teil sehr kritisch gegenüberstanden, waren wir dennoch Teil dieses Systems. Diese Widersprüche haben wir zu Hause auch offen diskutiert. Die daraus folgende Einstellung habe ich oft in die Schule mitgenommen , was sicher nicht unproblematisch war. Vor allem für meine Eltern.
Die vorherrschende Meinung ist heute, dass das DDR-System ein diktatorisches Regime war, das seine Bevölkerung unterdrückt, belogen und ihr Vertrauen missbraucht hat. Das ist sicher nicht von der Hand zu weisen. Bedauerlich ist aber, dass damit auch alle in der DDR vermittelten Werte entwertet wurden. Sie spielen so gut wie keine Rolle mehr in unserem heutigen westlichen Alltag. Gleichzeitig gibt es eine sentimentale, durchaus auch von den Medien betriebene Rückbesinnung, dass es ja doch auch viel Gutes gegeben habe: Man erinnert sich in großen Samstagabendshows an Ost-Popsongs und Konsummarken oder benutzt die
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