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Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Das Leben ist eine Oeko-Baustelle

Titel: Das Leben ist eine Oeko-Baustelle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Paul
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Schwester und geht Richtung Küche.
    Ich rufe ihr nach: »Ah, was gibt es denn?«
    Simone ruft zurück: »Eine Art Eintopf.« Pause. »Mit Garnelen.« Pause. »Tut mir leid.«
    Bald darauf essen wir zu Mittag. Es schmeckt super.
    Ich frage sie: »Ist ein Leben ohne Fleisch für dich vorstellbar, Simone?«
    »Komplett ohne Fleisch? Ich könnte es noch mehr einschränken, aber …«, sie zögert, »ganz auf Fleisch verzichten möchte ich nicht.«
    »Wenn der Staat Fleisch verbieten würde, würdet ihr dann auswandern?«
    »Ne.«
    »In einen Fleischstaat?«
    Mone schaut mich an, als sei ich ein kleines Kind. Nicht unzärtlich, aber als könne selbst ihre Geduld irgendwann an ein Ende kommen.
    »Ich weiß ja ganz genau, dass das nicht passieren wird. Zigaretten sind auch furchtbar ungesund, aber der Staat verbietet sie nicht.«
    »Der Staat könnte Dinge regulieren.«
    »Macht er ja nicht. Das fand ich gut in der Talkshow, in der du neulich warst, dass du gesagt hast, dass der Staat bestimmte Sachen machen muss.«
    Nach diesem NDR-Talkshowauftritt habe ich Briefe und E-Mails bekommen, in denen sich Leute beschwert haben, weil sie den Eindruck hatten, die Gastgeber Barbara Schöneberger und Hubertus Meyer-Burckhardt machten sich über mein Klima problembewusstsein lustig. Ich kenne und schätze Barbara und habe das überhaupt nicht so empfunden. Aber ich wurde sogar auf der Straße darauf angesprochen. Leute sagten: »Toll, dass Sie das so ernsthaft gemacht haben, das war ja eine Unverschämtheit.« Offensichtlich gibt es doch eine ganze Reihe Leute, die sehen, dass wir wirklich vor einem ernsthaften Problem stehen.
    »Empfindest du vegetarische Küche als Verlust?«
    »Irgendwie fehlt mir immer irgendwas.«
    »Soll ich dir ein vegetarisches Kochbuch schenken?«
    »Dieses Herzhafte fehlt mir.«
    »Hast du mal Tofu probiert?«
    »Ne. Ich esse einfach gerne herzhaft.«
    »Könnte ich dich überreden, Tofu auszuprobieren?«
    »Ich kann das gern mal kosten, aber …«
    »Es gibt so Räuchertofu, der ist ganz lecker, den kann man in Salat schneiden, und Tofubratlinge, die musst du unbedingt mal probieren.«
    Sie hmt.
    »Ich hatte zum Grillen mal Tofu für Herberts Tochter Christina. Die ist ja auch Vegetarierin. Ganz scheußlich. Das war wie Gummi.«
    » Warum ist sie eigentlich aus der Ernährungsart geschlagen?«
    »Weiß ich nicht. Herberts Enkelin Sarah isst auch ganz normal. Am Anfang gab es hier auch Diskussionen, als Christina Vegetarierin wurde. Es gab Spaghetti bolognese, und sie hat uns unseren Wurst- und Fleischverzehr vorgeworfen. Sie war damals ziemlich dünn, und deshalb meinte Herbert zu ihr, sie soll sich mal richtig ernähren, alte deutsche Schule. Diese ewigen Streitereien ums Essen fand ich so schrecklich! Da kocht man für alle und dann …! Deshalb habe ich gesagt, wenn jetzt hier nicht Ruhe ist am Tisch, dann schmeiße ich euch beide raus. Sie hat schließlich Tomatensoße gekriegt zu den Spaghetti. Und ein Ei obenauf. Ausnahmsweise.«
    »Das aß sie dann?«
    »Das war in Ordnung.«
    Ich kann mich erinnern, dass ich in meiner vegetarischen Phase mit 18 oder 19 auch ständig Diskussionen mit meinen Eltern hatte, ob ich auch richtig und genug esse.
    »Wie wären drei Tage in der Woche komplett fleisch- und fischfrei?«
    Simone überlegt. »Schwierig, da müsste ich … also … ich denke, das ist ein Prozess.« Sie schaut mich an. »Das wäre ein langer Prozess.«
    »Wäre das eine Motivation für dich, wegen der Umwelt auf gewisse Dinge zu verzichten?«
    »Ich denke natürlich darüber nach, zum Beispiel über den Thunfisch. Ich kaufe gern Thunfischbrötchen an den Tagen, an denen ich arbeite.«
    »Und jetzt kaufst du kein Thunfischbrötchen mehr?«
    »Doch.«
    Wie wäre es mit Gemüsepfannen?
    »Gemüsepfannen? Das könnte man ausprobieren. Ob es mir am Ende schmeckt, weiß ich nicht.«
    Ich komme noch mal mit meinem Tofubratling.
    »Ach«, seufzt Mone resigniert, »du weißt ja gar nicht, was richtig gut schmeckt.«
    »Was denn?«
    »Essen ist mein Leben. Kochen ist mein Leben.«
    In diesem Moment wird mir klar, dass Simone ihre Liebe und Zuneigung auch durch Kochen ausdrückt. Dass sie sich geliebt fühlt, wenn den anderen ihr Essen schmeckt, wenn es andere glücklich macht. Und ich stelle das infrage.
    »Es nervt, wenn die kleine Schwester so klugscheißerisch daherkommt, ich weiß, ich weiß. Nervt es?«
    »Ja, manchmal nervt das. Manchmal denke ich, dass ökologische Sachen teurer sind, und dann

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