Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
Amerikaner, die weiter weg waren, brauchte es sogar noch zwei Jahre und den japanischen Überfall auf Pearl Harbor, also auf ihr eigenes Terrain, bis sie aufwachten. Pearl Harbor oder auch der 11. September zeigen: Du musst selbst verletzt werden, sonst wirst du nicht aktiv.«
Ich sage: »Was ist mit dem Hinweis des Weltökonomen Stern, dass die sofortige Bekämpfung des Klimawandels am Ende billiger ist, als weiterhin nichts zu tun? Wird uns das Geldargument nicht Beine machen?«
»Wir Menschen denken nicht so. Wir können glänzend mit aktuellen Problemen umgehen. Aber wir können überhaupt nicht mit Problemen umgehen, die in der Zukunft liegen oder zu liegen scheinen.«
Das Kinderbuch, das Hickman über den Klimawandel ge schrieben hat, ist in Deutschland nicht erschienen. Der Titel lautet: Will Jellyfish rule the World? Wird die Qualle die Welt regieren? Darin erklärt er, wie die Welt entstand, was Klimawandel ist und worin das Problem besteht. Und am Ende sagt er, was Kinder dagegen tun können. Ich stelle mir auch die Frage, wie ich mit meinen Kindern über den Klimawandel sprechen soll und kann und ob und wie ich sie einbeziehe.
Das Buch ist zumindest für Erwachsene sehr verständlich und außerdem lustig.
Hickman lacht: »Viele Erwachsene sagten, sie verstünden nach der Lektüre den Klimaschutz viel besser als vorher. Es ist also nicht nur für Kinder.«
»Ich finde, es ist eine schwierige Balance, Kindern zu sagen, wie schlimm der Klimawandel ist und warum wir deshalb dringend handeln müssen, ohne ihnen Angst zu machen.«
»Stimmt«, sagt Hickman. »Wenn man Kindern sagt, dass das ein riesiges Problem für Erwachsene ist, dann fühlen sie sich hilflos und schwach und nutzlos und sie kriegen Angst. Daher ist es wichtig, dass die Kinder bei den Lösungen einbezogen werden. Dass man ihnen sagt, was sie tun können, zu Hause und in der Schule.«
Experten sagten ihm, mit fünf oder sechs Jahren könnten Kinder Konzepte verstehen, wie Menschen auf dem Planeten leben. Aber man solle mit ihnen nicht über Klimawandel und Kohlendioxid reden. CO 2 ist ein unsichtbares Gas, das sich nicht mal Erwachsene richtig vorstellen können. Damit solle man warten, bis sie elf sind.
Hickmans Buch richtet sich an Elf- und Zwölfjährige. Es steht auch in Schulbibliotheken. In England gehört der Klimawandel zum vorgeschriebenen Lehrplan.
Er sagt, es habe einige Schreibversuche gebraucht, um den richtigen Tonfall zu finden. »Man darf nicht wie ein Erwachsener klingen, der den Zeigefinger hebt. Das ist ja immer ein Problem bei Umweltthemen. Menschen hassen es, wenn man ihnen sagt, was sie tun sollen. Das gilt vor allem für Kinder. Räum dein Zimmer auf, räum dein Zimmer auf, räum dein Zimmer auf: Solche Ansagen hassen sie total.«
Er sagt, Lesungen vor Kindern seien komplett anders als Lesungen vor Erwachsenen.
»Was ist alles anders?«
»Man muss seine Sprache verändern, sich Einstiegspunkte überlegen. Kinder lieben Tiere. Sie mögen die Qualle auf dem Buchcover. Ich gebe einem Kind einen Wasserball und dann einem anderen Kind einen Tennisball. Dieses Kind schicke ich an die andere Seite des Raums. Der Wasserball ist die Sonne, der Tennisball ist die Erde. Das zu sehen hilft ihnen, zu verstehen, wie die Erde um die Sonne kreist, warum wir Licht haben und Sommer und Winter.«
Ich stelle auch Hickman eine meiner Grundsatzfragen: Wie sinnvoll ist es, Kinder zu agitieren, wenn die entscheidenden Dinge bis 2020 vorangebracht oder verändert werden müssen?
»Es ist ein gutes Argument, zu sagen: Wir müssen das in unserer Generation erledigen. Also konzentrieren wir uns auf die Politiker und Macher von heute. Aber meine Haltung ist, dass Kinder ihre Eltern beeinflussen können. Sogar meine Kinder schimpfen mich, wenn ich ein Licht anlasse. Quengelmacht nennen wir das, was Kinder tun, wenn sie ihre Eltern am Rockzipfel packen und stundenlang quengeln: ›Ich will ein Spielzeug, Mami!‹ Kinder haben große Quengelmacht. Ich hoffe, sie wenden es auch bei diesem Thema an und beeinflussen ihre Eltern.«
»Dass Sie jetzt für Kinder schreiben, heißt aber nicht, dass Sie die Erwachsenen aufgegeben haben?«
»Nein. Ganz und gar nicht. Ich schreibe für Kinder, für Erwachsene, für jeden, der mir zuhört. Manche haben ein großes Publikum, andere ein kleineres. Der britische Premierminister hat eine riesige Zuhörerschaft, andere haben ihre Facebook-Freunde. Vielleicht auch nur die Eltern, die Freunde, die Lehrer.
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