Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
umgekehrt ist: Wenn ich denke, ich kann nichts ausrichten, bin ich besiegt. Einzelne, die kollektiv handeln, können den Unterschied ausmachen. Unsere Tory-Regierung wollte die englischen Wälder verkaufen, also privatisieren. Ein Bürger wurde sauer, dann noch einer, dann hat eine Million Leute dagegen unterschrieben. Dann haben sie die Sache gestoppt.«
»Wie wichtig finden Sie es, den eigenen CO 2 -Ausstoß auf das Gramm genau zu kennen?«
»Es ist wichtig, ihn zu kennen, um ihn reduzieren zu können. Aber unsere Kultur ist besessen von Zahlen, Ergebnissen und empirischen Daten. Ich halte die Fixierung auf Zahlen im Zusammenhang mit CO 2 für zu obsessiv. Weil man auf eine bestimmte Art das Thema verpasst.«
»Wie meinen Sie das?«
Er spricht über den New Yorker Autor Colin Beavan, der versucht hat, ein Jahr ganz ohne CO 2 -Emissionen zu leben. Das Buch heißt Barfuß in Manhattan .
»Das ist ambitioniert, aber eben nicht realistisch, in Manhattan zu leben und überhaupt keine Auswirkungen auf die Umwelt zu haben. Es geht darum, zu zeigen, dass man einen emissionsarmen Lebensstil tatsächlich haben kann, und zwar innerhalb der Gesellschaft. Also wenn ich jetzt mit mir selbst sprechen würde, würde ich sagen: Kenne und verbessere deinen ökologischen Fußabdruck, aber mach ihn nicht zu einer Obsession, sondern konzentriere dich auf die Bewusstseinsveränderung.«
»Wie machen Sie das?«, frage ich. »Ist Ihre Prämisse, möglichst wenig CO 2 auszustoßen oder möglichst viel zu tun, damit es vorangeht, auch wenn das heißt, dass man fliegen muss?«
»Es gibt einen Umweltaktivisten in Großbritannien, der inzwischen nirgendwo mehr hingeht, um kein Kohlendioxid auszustoßen.«
»Das ist konsequent.«
»Ja. Er hat Enkel in den USA, die er nie gesehen hat. Er sagt: Das muss ich in Kauf nehmen, weil ich nicht in die USA fliegen will.«
»Die Enkel könnten nach England fliegen?«
»Es geht ihm um den dramatischen Punkt. Es ist ein großes Opfer, seine Enkel niemals zu sehen. Er ist bereit zu opfern. Aber man muss mit der Gesellschaft arbeiten und nicht jenseits der Gesellschaft. Außerhalb der Gesellschaft wirkt man schnell als Freak, das ist nicht produktiv. Ich denke, es ist die falsche Botschaft, zu Hause zu bleiben. Denn das Ergebnis ist, dass sein Einfluss geringer geworden ist. Ich versuche daher, beides zu machen. Ich lebe auf dem Land, aber ich muss auch Entscheidungen treffen, ob ich irgendwo hinkomme, um mit Managern zu sprechen oder jetzt mit Ihnen für dieses Buch. Da hoffe ich einfach, dass es sich lohnt.«
Das geht mir genauso. Ich bin für das Treffen mit Leo Hickman zusammen mit meinem Koautor Peter Unfried von Berlin nach London-Heathrow geflogen. Dazu mit dem Taxi zum Flughafen hin und zurück. Und in London mit der U-Bahn von Heathrow nach South Kensington. Auch hin und zurück. Den Hin- und Rückflug taxiert der Emissionsrechner des Umweltschutzunternehmens atmosfair.de auf 540 Kilogramm. Bei zwei Personen also 1080 Kilogramm Kohlendioxid. Das ist mehr, als ein Mensch in Indien durchschnittlich im ganzen Jahr verursacht.
Wäre es nicht besser, zu Hause zu bleiben, sich nicht zu bewegen und kein CO 2 zu verursachen? Ich finde, man muss den Kohlendioxidausstoß in Relation setzen zur Relevanz des Termins. Ich bin ja nicht zum Shopping nach London geflogen. Ich fand es wichtig, dass wir uns auf den Weg gemacht und ihn getroffen haben – unabhängig vom CO 2 -Ausstoß. Aber hätte man das Gespräch nicht auch am Telefon oder per E-Mail führen können? Hätte man. Aber ich kannte ihn nicht und halte es für wichtig, eine echte Vorstellung vom anderen zu bekommen. Dafür muss man ihn treffen. Es war wichtig für mich und für dieses Buch. Und ich habe mich wirklich gefreut wie eine Schneekönigin, Leo Hickman kennenzulernen.
Beim zweiten Mal kann man dann ja auch telefonieren.
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Beruf:Wie »öko« ist die Schauspielbranche?
Umweltbewusst leben und der Beruf einer Schauspielerin passen nicht zusammen. Das ist so. Die berufliche Mobilitätsgarantie, die ich geben muss, hat zum Beispiel keinen besonders guten Einfluss auf meine Energiebilanz.
Bei der Frage, welche Filme man dreht, spielen viele Faktoren eine Rolle. Aber ökologische Gesichtspunkte werden dabei kaum beachtet. Wenn ich mich entschieden habe, einen Film zu drehen, der in Namibia spielt, dann muss ich eben nach Afrika. Aber soll ich deswegen ganz aufhören, mich mit dem Thema zu beschäftigen? Das sehe ich nicht ein.
Ich
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