Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
zahlt immer. Wer fliegen will, wer Ferrari fahren will, soll zahlen. Die Steuer wird immer höher, je weiter jemand fliegt, und dieses Geld kommt in einen Topf. Wer nicht fliegt und das grüne Leben lebt, wird aus diesem Topf mit Steuererleichterungen belohnt.«
»Was ist mit Leuten, die wenig verdienen?«
»In der Regel ist es so: Je weniger du verdienst, desto weniger schmutzig ist dein Lebensstil.«
»Was ist, wenn die hohen Steuern dazu führen, dass nur noch die Reichen fliegen?«
Er nickt. »Das ist ein schwieriges Thema«, sagt er dann. »Ich habe eine Lösung, aber nur in meiner Fantasiewelt: Jeder Bürger bekommt die gleiche Kohlendioxidration für ein Jahr. Wenn Sie, Christiane, einmal nach Australien fliegen, ist alles weg. Ich dagegen fliege nirgendwohin. Wenn Sie also noch mal fliegen wollen, müssen Sie mir meine Ration abkaufen.«
»Das werden die Lobbys der Fluggesellschaften zu verhindern wissen.«
»Ja, politisch ist das derzeit unmöglich, aber es wäre fair. Und man könnte immer noch nach Spanien fliegen in Urlaub. Vielleicht wird sich aber nach einigen echten Energie-Albträumen unsere Einstellung zu Energie verändern.«
»Was meinen Sie?«
»Ich denke, der Sturz des Regimes in Ägypten ist, zum Beispiel, zum Teil auf Klimawandel zurückzuführen. Schlechte Ernten hatten die Lebensmittelpreise hochgetrieben. Das war ein Auslöser des ägyptischen Aufstands. Viele Leute sehen die Verbindung noch nicht, aber das wird sich ändern, je schlimmer es wird. Dann werden wir über die Rationierung von Energie nachdenken müssen. Es ist genau das, was wir im Zweiten Weltkrieg gemacht haben.«
»Das ist für viele Menschen immer noch schwer vorstellbar.«
»Wir hatten jetzt 40 Jahre, in denen Benzin und Energie sehr billig waren, Nahrung auch, wir erleben die freieste Periode der Geschichte. Und nun gibt es ein großes Fragezeichen. Der Druck wird steigen, und irgendwann werden verschiedene Dinge uns erkennen lassen, dass wir nicht immer tun können, wonach uns gerade zumute ist. Es braucht noch etwas Zeit, aber es passiert.«
»Wir haben aber keine Zeit.«
»Stimmt. Unglücklicherweise haben wir keine Zeit. Auf der anderen Seite können sich soziale Haltungen auch sehr schnell ändern.«
Er nennt die kulturelle Veränderung beim Thema Rauchen. Dass heute viel weniger Leute rauchen und es viel kritischer betrachtet wird als vor zehn oder zwanzig Jahren.
Ich sage: »Aber dafür machen sie draußen die Heizpilze an, wenn sie vor der Tür rauchen.«
Er schaut mich fragend an. Kann ja nicht wissen, dass »Patio Heating« ein Reizthema für mich ist. Ich erzähle ihm mein Erlebnis mit dem Heizpilz-Kellner, der sagte, in 50 Jahren seien doch eh alle tot.
»Das Sprechen darüber ist schwierig«, sagt Hickman. »Zum einen darf man nicht rumrennen und sagen: Ich bin besser als du. Zum anderen hat jeder eine andere Realität und andere Umstände. Man kann dennoch für sich selbst denken, dass man glücklicher mit dem Leben ist, das man jetzt hat, und mit der Art, wie man die Welt sieht und mit ihr interagiert. Es geht nicht darum, ob ich in 50 Jahren tot bin. Es geht um das Heute:
Wofür bin ich hier? Worum geht es?
Bin ich hier als Konsummaschine, manipuliert von Firmen, Werbung und Regierung?
Bin ich auf der Welt, um Produkte zu kaufen, von denen Firmen wollen, dass ich sie kaufe, bis ich sterbe? Und dann sterbe ich?«
Ich denke, im Grunde sieht das die Wirtschaft genauso. Das sage ich ihm auch.
»Ja. Die Wirtschaft schon. Schon deshalb muss ich mich fragen, ob ich nicht aus anderen Gründen hier bin. Bin ich eine negative Kraft oder kann ich auch eine positive Kraft in dieser Welt sein?«
»Für mich ist es unmöglich, nicht zu fliegen«, sage ich.
»It’s a trade-off«, sagt Hickman, »es ist eine Kosten-Nutzen-Frage. Dass Sie fliegen, ist notwendiger Teil Ihrer Karriere als Schauspielerin. Es führt zu Emissionen, aber es führt auch dazu, dass Sie einen großen Einfluss haben, weil viele Menschen Sie kennen.«
Danke, Leo, das ist schön gesagt.
»Oder nehmen Sie Al Gore.«
Lustigerweise kommt ein solches Gespräch irgendwann immer auf Al Gore.
»Er lebt nicht wie Milliarden anderer Menschen. Er fliegt viel und hat ein großes Haus in Tennessee. Also können Leute sagen, er sei ein Heuchler und lebe ja gar kein grünes Leben.«
»Tut er ja wohl auch nicht.«
»Aber er kann sagen, und ich denke, das kann er zu Recht: Ich bin Politiker, das ist die Realität. Das bringt mich nicht
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