Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot
annahm, ein Berufsmusiker, der ihr Talent erkannte und sie auf die Bühne brachte. Heute, mit 30, ist Steffi Denk Berufssängerin, Mezzosopran zwischen Jazz, Gospel, Pop und Soul, die Spaß am Singen und am Witzigsein hat.
Der berühmte Big-Band-Leiter Max Greger hörte sie bei einem Konzert in München und engagierte sie vom Fleck
weg für eine Tournee mit Paul Kuhn und Hugo Strasser, die sie u.a. in den Friedrichstadt-Palast in Berlin, ins Leipziger Gewandhaus und die Alte Oper in Frankfurt führte. »Auf der Bühne, wenn du singst, interessiert es niemanden, ob du dick bist. Aber wenn ich baden gehe, dann hatte ich lange Probleme«, erzählt Steffi Denk, die heute weit über 100 Kilo wiegt. »Im Badeanzug sieht niemand, dass du eine tolle Sängerin bist.«
Sie ist ausgeglichener, erzählt sie, seit sie 2008 über ein Internet-Portal für Rubensfrauen einen Mann kennengelernt hat. »Ich gewinne so viel dadurch, dass er mich akzeptiert und mag, wie ich bin.« Ihm ist egal, wie viel sie wiegt. Er liebt sie.
»Ich weiß nicht, wie es ist dünn, zu sein«, sagt Steffi Denk am Ende unseres Interviews, »ich war es noch nie.« Und dann sagt sie: »Ich würde nichts aus meinem Leben fürs Dünnsein hergeben. Ich definiere mich ja auch über meinen Körper. Wer bin ich denn dann, wenn ich dünn wäre?«
Wie gesagt, auf der Bühne spielt das alles sowieso keine Rolle. Wie schreibt die Mittelbayerische Zeitung 36 in Regensburg über einen Auftritt von ihr: »Große Stimme und niederbayerischer Charme. Als verdammt ehrliche Haut kommt sie rüber, als eine, die tatsächlich authentisch ist und bei der sich Stimme, Können und Charme zu einer unwiderstehlichen Bühnenpräsenz mischen.«
Das erinnert mich an etwas, was ich von der Psychologin Ellen Langer gelesen habe. Sie sagt von sich, dass sie sehr gerne, sehr oft und nicht besonders gut singt. Ist ihr das peinlich, dass andere Menschen sie nicht für Maria Callas oder Madonna halten?
»Nein«, sagt sie. »Ich bin nicht beschämt über mein mangelndes Talent. Ich akzeptiere meine Art zu singen. Weil ich sie akzeptiere, bewerte ich mich nicht selbst. Und deshalb
denke ich auch nicht darüber nach, wie toll mich die anderen finden«.
Das ist gelebte Selbst-Liebe. Das ist die pure Lust am Leben und heißt erkennen: »So viel kann ich. Das zeige ich. Das setze ich ein. Denn wenn ich mein Talent verberge, kann ich nichts dazulernen.« Wenn Sie Ihre Lust-Sensoren hinter allen »Ich-bin-zu-dick-Mauern« freilegen, können Sie erkennen: Was wollten Sie immer schon mal machen? Wofür ist jetzt die Zeit gekommen?
Ist Ihnen das auch schon mal aufgefallen: Wenn Sie sagen, dass Sie eine Diät machen und abnehmen wollen, fragt Sie niemand, warum. Das scheint allen vernünftig zu sein. Wenn Sie sich aber fröhlich hinstellen und verkünden, dass Sie gerne dick sind, dann müssen Sie mit unterschiedlichen Reaktionen rechnen: von Überraschung, Spott, Unverständnis bis zum offenen Angriff. »Wie kann eine solche Dicke einfach essen, was sie will, und dabei glücklicher sein als ich?« Das ist eine Provokation. Wissen doch alle Deutschen, dass Dicksein schlimmer ist als seine Eltern belügen oder bei der Steuer schummeln.
Marilyn Wann, eine amerikanische Kämpferin für das Recht auf Dicksein, selbst 130 stolze Kilo wiegend, hat in ihrem Buch »Fat! So?« Frauen gefragt, warum sie gerne dick sind. Hier ein paar Antworten:
› Meine Freunde mögen mich, so wie ich bin.
› Ich bin einzigartig, nicht so eine Ausstechform.
› Ich schaue jünger aus, als ich bin - keine Falten.
› Menschen umarmen gerne einen weichen Menschen.
› So sehe ich aus wie eine Fruchtbarkeitsgöttin.
› Die Leute gehen mir aus dem Weg, wenn ich es eilig habe.
› Ich bin nicht winzig und hilflos.
› Ich habe mehr Fläche für Tattoos.
› Es ist ein Teil von mir und ich mag es.
› Ich habe Gewicht hinter allem, was ich tue.
Wie geht es Ihnen, wenn Sie diese Antworten lesen? Ehrlich: Ich habe beim erstmaligen Lesen bei mir folgende reflexartige Reaktionen registriert: Das sind alles Ausflüchte - Selbstbetrug - Schönrederei - Entschuldigung - Militanz. In mir war anfangs nichts als Abwehr. Und dann habe ich mich einmal hingesetzt und überlegt, was würde ich aufschreiben, warum ich gerne dick bin, wenn ich gerne dick wäre:
Warum ich gerne dick bin
› Ich bin nicht zu übersehen.
› Ich habe viel Energie.
› Ich schaffe vieles, was Dünne nicht schaffen.
› Ich bin
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