Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
Vom Netzwerk:
höchst Anziehendes, dachte ich. Wenn man es freudianisch sehen wollte, musste man von einer Vaterfixierung ausgehen, weil mein Vater zu Hause immer irgendwas repariert hat, während Mama ihm Tee brachte und Keir und ich ihm in die Quere kamen.
    Die Männer bei B&Q erinnerten mich an die Männer aus Kippax - keine Strategen, die die Zukunft formten, auch keine markant gutaussehenden, Herzen verspritzenden Teufelskerle, sondern nette Jungs von nebenan, in Jeans und Pullover mit bequemen Schuhen, die Maßbänder und Zettel mit selbst gezeichneten Diagrammen in den Hosentaschen hatten, und manchmal einen kleinen Bauch, oder sogar eine Tätowierung hier und da. Wen störte es? Solange sie nicht ständig wie besessen herumsprangen, um die Welt zu verändern. Wenn ich lange genug blieb, würde vielleicht einer von ihnen zu mir kommen, mich ausmessen, mir zu meiner guten Substanz gratulieren und sich an meinen wunderbaren historischen Details erfreuen.
    Ich sollte öfter herkommen, beschloss ich, als ich durch die geheimnisvollen Gänge schlenderte. Zu meiner Linken öffnete sich eine ganze Abteilung nur für Dübel. Mein Blick glitt über die Regale. Die Dübel wirkten außerirdisch, gruselig, mit ihren knubbeligen Plastikpanzern, ihren komplizierten Farben und Nummern: Spreiz-Dübel, Kipp-Dübel, Hohlraum-Dübel, Holz-Dübel. Es lief mir kalt über den Rücken - diese brachiale Machbarkeit. Doch das Schlimmste war, dass man erst mit dem Akutbohrer ein Loch in die Wand bohren musste, mit dem richtigen Bohraufsatz, und dann musste man den richtigen Dübel in der richtigen Größe in das richtige Loch hämmern, und man konnte nicht einfach irgendeine Schraube nehmen - sie musste genau die richtige Größe haben und der richtige Typ sein. Ich hielt die Luft an und ging schnell weiter.
    Schließlich fand ich die Abteilung mit den Türschlössern - es gab Dutzende. Ich nahm aufs Geratewohl ein paar aus dem Regal, während ich mich zu erinnern versuchte, wie Mrs. Shapiros Tür aussah. Jedenfalls war es kein Yale-Sicherheitsschloss gewesen; es war die andere Sorte - die Sorte mit den großen Schlüsseln. Ja, ein Einsteckschloss. Das Problem war, es gab so viele verschiedene Modelle und Größen.
    Am Ende des Gangs sah sich ein Mann die Türangeln und Klinken an - ein kleiner pummeliger Orientale. Ich fing seinen Blick auf und lächelte ein Fräulein-in-Nöten-Lächeln. Er kam sofort herüber.
    »Brauchen Sie Hilfe?«
    Seine Augen funkelten dunkel. Mit dem ordentlich gestutzten Vollbart wirkte er wie ein gepflegter Hamster.
    »Ich suche nach einem Schloss. Einem Einsteckschloss. Mit einem großen Schlüssel. Leider habe ich den Schlüssel verloren.«
    »Wissen Sie, welch Typ? Union? Chupp?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Das wissen Sie nicht? Das müssen Sie wissen. Sonst austauschen unmöglich.«
    »Es ist für die Hintertür.«
    »Wie sieht aus? Können Sie beschreiben?«
    »Ich weiß es nicht mehr genau. Ich glaube, es sieht so ähnlich aus wie das hier. Oder das da.« Ich zeigte willkürlich auf Schlösser.
    »In meinem Land haben wir Sprichwort: > Wissen ist Schlüssele Aber Sie haben kein Wissen und kein Schlüssel.« Er seufzte, kramte in seiner Hosentasche und reichte mir eine kleine verknickte Visitenkarte, die Sorte, die man sich am Bahnhof aus dem Automaten ziehen konnte.
     
    HANDWERKER Mr. Al Ali Telefon 07711733106 Kein Job zu klein
     
    Rentierfleisch

und

Trockenfisch
Als ich nach Hause kam, klingelte das Telefon. Ich hörte es, als ich nach dem Hausschlüssel suchte, doch bis ich drin war, hatte es aufgehört. Auf dem Anrufbeantworter war eine Nachricht: »Hallo, Mrs. Sinclair. Hier ist Cindy Bad Eel vom Sozialamt. Ich sollte Sie zurückrufen.«
    Ich rief sofort zurück, doch erreichte wieder nur den Anrufbeantworter. Ich hinterließ eine Nachricht, in der ich sie bat, mich anzurufen, sobald sie wieder da war.
    Am nächsten Tag hatte sie immer noch nicht zurückgerufen, und so versuchte ich es noch einmal beim Sozialamt. »Senioren!«
    »Könnte ich bitte Mrs. Bad Eel sprechen?« »Sie ist
Ms.,
nicht Missis.«
    »Gut, könnte ich trotzdem mit ihr sprechen?« »Einen Moment.«
    (»Eileen, wo ist Ms. Bad Eel?« - »Die war grad hier. Warte. Wer isses denn?«) »Darf ich fragen, wer Sie sind?«
    »Ich bin Georgie Sinclair. Ich habe wegen der alten Dame angerufen, die ins Heim soll.«
    (»Es ist die Frau wegen der alten Frau.« - »Sie sagt, sie ruft gleich zurück.«) »Sie ist in einem Meeting. Sie ruft zurück,

Weitere Kostenlose Bücher