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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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war so langweilig, dass Sie eingeschlafen sind.«
    Sie sah mich an und lachte kurz.
    »Sie haben von Ihren Eltern erzählt. Das ist ein bisschen langweilig, nich wahr? Aber was ist mit Ihrem Mann? War er ein guter Mann? Waren Sie glücklich verliebt?«
    »Zuerst waren wir glücklich. Aber dann ... Ich weiß nicht... Er hat sich immer mehr in seine Arbeit vergraben. Und ich habe die Kinder bekommen. Zwei - ein Mädchen und einen Jungen.«
    Und dazwischen eine Fehlgeburt. Dann begann ich ein Buch zu schreiben.
    Nach der Fehlgeburt hatte ich meine Stelle aufgegeben und freiberuflich weitergearbeitet. Rip beendete sein Referendariat, doch er fand die Arbeit als Rechtsanwalt langweilig und bewarb sich um einen Job bei einer nationalen Stiftung. Er war überzeugt und engagiert, und immer unterwegs, und einer von uns musste zu Hause bleiben. Doch der Job als freie Journalistin war nicht leicht mit den Kindern zu vereinbaren, und deshalb versuchte ich mich, von meinem frühen Einstieg in Mamas Lieblingslektüre inspiriert, selbst im Schreiben von Romanzen. Ein paar meiner Kurzgeschichten wurden sogar in einer Frauenzeitschrift veröffentlicht, und nach diesem ermutigenden Start werkelte ich an einem Liebesroman - es ging um eine mutige junge Heldin, die sich auf unerklärliche Weise von einer großen, düsteren Villa angezogen fühlt, in der ein schöner, launischer, unglaublich reicher Dichter wohnt (ich weiß, aber es war ja ein Roman), der sich in sie verliebt, doch leider am Abend vor der Hochzeit einem geheimnisvollen Leiden erliegt, was furchtbar tragisch ist, aber dann verliebt sie sich in den Lehrer der Dorfschule, der in einem hübschen, mit Rosen bewachsenen Cottage lebt und keinen Pfennig auf der Weste hat, aber dafür hat er Humor und ist ein toller Liebhaber.
    Ich dachte, genremäßig hätte ich genau ins Schwarze getroffen, und war sehr bekümmert, dass es kein Verlag veröffentlichen wollte. Ich versuchte, die Schriftart zu ändern, die Tintenfarbe zu ändern, ich änderte auch mein Pseudonym, doch die Ablehnungsschreiben rissen einfach nicht ab.
    »Das verspritzte Herz.
Ein schöner Titel für ein Buch, Georgine. So kraftvoll.«
    »Danke. Rip fand es zu melodramatisch.«
    »Ach! Er ist ein Mann. Was weiß er schon?«
    »Er fand, ich soll es
Das zersprungene Herz
oder
Das gebrochene Herz
nennen, aber das war mir zu abgedroschen.« »Haargenau. Ist es veröffentlicht worden?« »Nein. Noch nicht.«
    »Sie dürfen nicht aufgeben.«
    »Ich überarbeite es gerade völlig. Schreibe eine ganz neue Fassung. Aber es ist schwer, Zeit dafür zu finden. Ich habe noch einen anderen Job. Ich schreibe für ein Onlinemagazin, Fachzeitschriften.«
    »Leinmagazin? Was ist das?«
    »Eigentlich ist es eine Gruppe von Zeitschriften:
Klebstoffe in der modernen Welt, Bau-Keramik in der modernen Welt, Fertigbauweise in der modernen Welt,
solche Dinge. Ich arbeite für alle, aber hauptsächlich für
Klebstoffe.
Das mache ich seit neun Jahren.«
    »Das klingt hochinteressant!«
    »Naja, es geht hauptsächlich um Baustoffe. Nicht gerade welterschütternd.« »Heutzutage wird ohnehin viel zu viel erschüttert, Georgine. Bauen ist viel besser.«
     
    Bei meinem flüchtigen Vorstellungsgespräch am Telefon hatte Nathan unter anderem gefragt, was meine Lieblingsnachspeise sei (Bakewell-Pudding), ob ich je in Prag war (nein) und für welche Fußballmannschaft ich sei (natürlich für die Kippax Killers), und dann sagte er nach fünf Minuten, ich sei genau die Richtige für den Job.
    »Kleber«, sagte er. »Keine Sorge, damit freunden Sie sich schon an.«
    Romantisch war es nicht, aber es zahlte die Miete, und es bedeutete, dass ich zu Hause bei den Kindern sein konnte. Und seltsamerweise freundete ich mich wirklich damit an.
    »Das ist meine Geschichte bis jetzt. Nicht sehr aufregend.«
    »Na, wir müssen zusehen, dass wir Ihnen ein Heppy End basteln.« Sie hob die Teetasse. »Auf Heppy Enden.«
     
    Auf dem Heimweg vom Krankenhaus ging ich bei Canaan House vorbei, um die Katzen zu füttern und ein bisschen aufzuräumen für den Fall, dass Bad Eel sich zu einem Besuch herabließ. Der Wind heulte immer noch um die Ecken und fegte Laub und Abfall von den Bürgersteigen in die Luft. Ich zog den Mantel enger um mich, als ich am Totley Place um die Ecke bog. Sofort fiel mir auf, dass etwas anders war - am Anfang des gepflasterten Weges, der zum Haus führte, stand etwas Leuchtendes, Buntes, halb verborgen im Gebüsch. Als ich näher kam, raste

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