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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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Zustimmung verkaufen.« Oder doch?
    »Natürlich hat er auch ein Interesse daran, was aus dem Besitz wird - der Sohn.« Sie beobachtete mich mit ihren Reptilienaugen. »In der Zwischenzeit kümmert sich der Sozialdienst um sie. Übrigens hat sie gesagt, dass sie nicht will, dass Sie sie weiterhin besuchen.«
    Ein Schauer lief mir über den Rücken. Hatte Mrs. Shapiro wirklich so etwas gesagt? Es war möglich - stur genug war sie -, doch irgendwie glaubte ich es nicht.
    »So.« Mrs. Goodney streckte die Hand nach dem Schlüssel aus. »Ab jetzt kümmere ich mich um die Katzen.«
    Wie aufs Stichwort tauchte Violetta auf, schnurrte und rieb sich an Mrs. Goodneys Beinen, und ich sah, wie Mussorgski auf die Treppe zuschlich und auf den richtigen Moment wartete, hinauf ins Schlafzimmer zu huschen. Erst jetzt wurde mir klar, dass Mrs. Shapiros Bett ihr Liebesnest war. Außerdem wurde mir klar, als ich Mrs. Goodneys Blick sah, dass ihre Vorstellung von Fürsorge für die Katzen ein Anruf bei der Schädlingsbekämpfung war.
    »Ich gebe Ihnen den Schlüssel nicht ohne Mrs. Shapiros schriftliche Erlaubnis.« Ich versuchte hochnäsig zu klingen, und das machte sie nur noch aggressiver.
    »Ich kann jederzeit mit einem Gerichtsbeschluss zurückkommen«, zischte sie.
    »Schön. Tun Sie das.«
    Konnte sie wirklich?
    Nachdem sie fort war, schloss ich das Haus sorgfältig ab, hängte den neuen Schlüssel zur Hintertür an meinen Schlüsselbund und nahm die Tasche mit Mrs. Shapiros Sachen (die natürlich einen guten Grund darstellten, mich im oberen Stockwerk umzusehen, aber solche Sachen fallen einem immer erst hinterher ein) und machte mich gleich auf den Weg zum Krankenhaus. Ich hetzte durch das antiseptische Labyrinth der Gänge, bis ich die ISIS-Station wiederfand. Doch als ich ankam, war sie fort. Jemand anders lag in ihrem Bett. Ich suchte die ganze Station ab, aber sie war nirgends zu finden.
    Die diensthabende Schwester - schon wieder eine, die kaum älter als ein Teenager wirkte - war dünn und überfordert.
    »Wo ist Mrs. Shapiro? Sie lag dort.« Ich zeigte auf das Bett.
    Das Mädchen sah sich ratlos um. »Ich glaube, sie ist im Altersheim.«
    »Können Sie mir sagen, wo? Ich habe ihr ein paar Sachen mitgebracht.«
    »Da müssen Sie bei der Sozialstelle nachfragen. Das ist im selben Trakt wie die Physio.«
    Sie zeigte in die falsche Richtung. Allein der Gedanke an Mrs. Goodneys selbstgefälliges Grinsen, wenn ich dort auftauchte, brachte mein Blut zum Kochen.
    Vielleicht wusste die Übergeschnappte Bescheid. Ich hatte sie beim Hereinkommen nicht gesehen, und auf der Station, wo Mrs. Shapiro sie kennengelernt hatte, hatte ich auch kein Glück. Vielleicht war sie unten am Eingang und schnorrte Zigaretten? Aber auch da fand ich sie nicht. Als ich beim Empfang fragen wollte, fiel mir ein, dass ich nicht einmal ihren Namen kannte. Dann, ich wollte gerade gehen, entdeckte ich sie doch noch, draußen vor dem Ausgang unter dem »Rauchen verboten«-Schild. Sie schien sich mit ein paar Halbwüchsigen mit Baseballkappen herumzustreiten, von denen einer ein Gipsbein hatte. Als sie mich sah, packte sie mich am Arm.
    »Die haben mir die Zigaretten abgenommen.«
    »Wer? Die Schwestern?« Wird auch Zeit, dachte ich.
    »Nein, die da.« Sie zeigte auf die Jugendlichen, die angestrengt rauchten, den Kopf über die Hand mit der Zigarette gebeugt, als hinge ihr Leben davon ab. Ich ging zu ihnen rüber. »Habt ihr ...?«
    »Die hat sie nicht mehr alle«, sagte der Junge mit dem Gipsbein. Sie ignorierten mich und rauchten weiter.
    »Seien Sie froh«, versuchte ich sie zu trösten. »Zigaretten sind nicht gut für Sie.«
    Sie starrte mich schweigend an, mit einem Blick, der zugleich verzweifelt und verächtlich war.
    »Na gut. Ich besorge Ihnen welche. Wissen Sie, wo meine Freundin ist? Mrs. Shapiro? Die Dame mit dem rosa Morgenmantel?«
    »Die haben sie heut Morgen weggebracht. Heut Morgen. Die hat sie schön beschimpft. Das hätten Sie mal hören sollen, wie die geflucht hat. Und ich hab gedacht, sie war eine Dame.« Sie schnalzte empört mit der Zunge.
    »Wissen Sie, wo sie ist?«
    »So was hab ich noch nie gehört. Die hat vielleicht ein schmutziges Mundwerk. Wollten sie in ein Heim stecken. Da gehört sie auch hin.«
    »Wissen Sie, wie das Heim heißt? Wo ist es?« »Nightmare House.«
    »Nightmare House?« Alptraumhaus. Das klang nicht gut.
    »Da gehen sie alle hin. Bin selber da gewesen. Bei der Lea Bridge. Kommt kaum einer lebendig wieder

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