Das Leben kommt immer dazwischen: Stationen einer Reise
Verwandtschaft vorstellen. Da ich Michelle noch nicht sehr gut kannte, freute ich mich sehr auf die Zeit mit ihr. Sie strahlte eine Ruhe und Gelassenheit aus, die es sehr einfach machte, sich mit ihr zu unterhalten.
Abongo plante in dieser Zeit nach Luo-Tradition die Obamas – konkret war das nur meine Mutter – vom Hof unseres Großvaters auf seinen eigenen Hof zu holen, der direkt daneben lag. Bei diesem Brauch mussten bestimmte Riten vollzogen werden. Dazu gehörte auch, dass die Ältesten der Familie Obama anwesend sein mussten, also die Brüder meines Großvaters, die noch in Karachuonyo lebten. Wir wollten auch an dieser Zeremonie teilnehmen.
Wegen komplizierter Flugverbindungen kamen Barack, Michelle und ich leider erst einen Tag nach dem Ende des Rituals in Alego an und fanden nur noch einige der angereisten Verwandten vor. Der neue Hof war noch kahl, nur zwei gerade fertig gebaute Hütten standen dort, eine für meine Mutter und eine für ihren ältesten Sohn Abongo. Daher war ich froh, dass der Hof meines Großvaters nur wenige Meter entfernt lag. Dort wollte ich – wie immer seit Kindertagen – bei meiner Großmutter übernachten, diesmal mit Barack und Michelle.
In den wenigen Tagen unseres Aufenthalts in Alego pendelten wir zwischen den Höfen hin und her. Seitdem Abongo in Amerika lebte, war er sehr traditionell geworden. Anders als ich es bisher von ihm gekannt hatte, schien er nun großen Wert zu legen auf die Befolgung der Sitten und Gebräuche der Luo. Und so wünschte er sich auch, dass wir so viel Zeit wie möglich auf dem neuen Hof der Obama-Familie verbrachten.
Vor dem Hintergrund der Hofeinweihung stellte Barack der Familie Michelle als seine zukünftige Frau vor. Alle hießen sie herzlich willkommen, und unsere Großmutter ließ es sich nicht nehmen, zur Feier ihres Kommens nur das Beste auf den Tisch zu bringen.
Von Alego aus kehrten wir nach Nairobi zurück. Ich hatte uns über Freunde eine Wohnung gemietet, die Michelle sicher sehr »alternativ« vorgekommen sein muss – Barack war ja schon einmal bei uns in Kenia gewesen und kannte die Verhältnisse –, da sie vollkommen unmöbliert war. Alles, was wir brauchten, mussten wir uns borgen oder kaufen. Eine andere Option wäre ein Hotel gewesen, das sich aber keiner von uns für vier Wochen – so lang sollte unser Aufenthalt dauern – hätte leisten können.
Während Barack und Michelle dies alles gelassen hinnahmen, gab es allerdings ein Erlebnis, auf das die beiden gern verzichtet hätten.
Meinen alten Käfer hatte ich, als ich nach meinem einjährigen Aufenthalt in meiner Heimat wieder nach Deutschland zurückkehrte, Tante Zeituni verkauft. Nun lieh sie mir das Auto, damit Barack, Michelle und ich uns unabhängig von den öffentlichen Verkehrsmitteln fortbewegen konnten. Es gab nur eine Schwierigkeit: Der Wagen war sehr wartungsbedürftig.
Als wir eines Tages den dreispurigen Uhuru Highway entlangfuhren, neben mir Barack, auf dem Rücksitz Michelle, sah ich mich plötzlich gezwungen, abrupt anzuhalten und alle aus dem Käfer zu scheuchen.
»Raus! Raus!«, schrie ich, riss die Fahrertür auf und sprang aus dem Wagen. Danach klappte ich den Fahrersitz vor, damit Michelle aussteigen konnte. Die beiden sahen mich nur verständnislos an.
»Raus! Es brennt!«, rief ich.
Bei dem Wort »brennt« stürzten sie augenblicklich aus dem Auto. Zusammen liefen wir an den Straßenrand.
»Das Auto brennt«, wiederholte ich. »Ich kann es riechen!« Qualm war allerdings nicht zu sehen.
Plötzlich standen, wie aus dem Nichts aufgetaucht, zwei Mechaniker mit Werkzeug neben uns.
»Wo brennt es?«, fragte der eine der beiden Männer freundlich.
»Unter der Motorhaube«, sagte ich, während mein Herz noch immer klopfte.
»Das bekommen wir schon hin.«
Die beiden Männer gingen zum Wagen, klappten die Motorhaube auf und schauten sich den Motor an. In meiner Aufregung hatte ich den Zündschlüssel stecken lassen.
»Was war denn das?«, fragte Barack entsetzt.
»Ich weiß es nicht«, antwortete ich.
Barack setzte sich etwas beklommen zu Michelle, die sich auf der Bordsteinkante niedergelassen hatte.
»So was kann ja mal passieren«, sagte Michelle, die ihre Gelassenheit längst wiedergewonnen hatte und ihren Arm um die Schultern meines Bruders legte.
»Ich muss zurück zum Auto«, sagte ich zu Barack. »Ich weiß nicht, was die beiden Mechaniker da machen. Wenn wir nicht aufpassen, stehlen sie vielleicht Autoteile. Dann haben wir
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