Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
allein als das Mittel, welches sie in den Stand setzte, der gebieterischen Neigung ihres Herzens zu folgen. Sie gab ein großes Fest, zu welchem ihr Vater und ihre übrigen Verwandten, sowie Mohammeds Oheime, Abu Taleb und Hamza, nebst etlichen andern Koreischiten eingeladen waren. Bei diesem Gastmahle wurde Wein in Ueberfluß aufgetragen und bald herrschte frohe Laune rings um die Tafel. Die Einwürfe gegen Mohammeds Armuth wurden vergessen; Reden wurden von Abu Taleb auf der einen, und von Waraka, einem Verwandten Khadidschahs, auf der andern Seite zum Preise der beabsichtigten Verheirathung gehalten; die Ausstattung wurde ins Reine gebracht und das Ehebündniß förmlich geschlossen.
Mohammed ließ vor seiner Thüre ein Kameel schlachten und das Fleisch unter die Armen vertheilen. Das Haus stand allen Ankommenden offen; die Sclavinnen Khadidschah’s tanzten nach dem Schalle der Pauken, und Alles war Heiterkeit und Freude. Abu Taleb, sein Alter und seine gewöhnliche Schwermuth vergessend, machte sich bei der Gelegenheit lustig. Aus seiner Börse erlegte er baar zwölf und eine halbe Unze Gold zum Brautgeschenk als Aequivalent für zwanzig junge Kameele. Halema, welche Mohammed in seiner Kindheit aufgezogen hatte, wurde geladen, sich bei dieser Vermählung zu freuen, und wurde mit einer Heerde von vierzig Schafen beschenkt, mit welchen sie, bereichert und zufrieden, in ihr heimathliches Thal in der Wüste der Saaditen zurückkehrte.
Sechstes Capitel.
Mohammeds Verhalten nach seiner Verheirathung. – Denkt ernstlich an eine Religionsverbesserung. – Seine Neigung zu einsiedlerischer Zurückgezogenheit. – Die Vision (Gesicht) in der Höhle. – Seine Ankündigung als Prophet.
Die Vermählung mit Khadidschah stellte Mohammed unter die Reichsten seiner Geburtsstadt. Sein sittlicher Werth verlieh ihm auch großen Einfluß auf das Gemeinwesen. Allah, sagt der Geschichtsschreiber Abulfeda, hatte ihn mit jedem Talente ausgerüstet, welches zur Vollendung und zum Schmucke eines rechtschaffenen Mannes nothwendig ist; er war so unbescholten und aufrichtig, daß er allgemein unter dem Namen Al Amin, oder der Treue bekannt war.
Das in seinen Verstand und in seine Rechtschaffenheit gesetzte Vertrauen wurde die Veranlassung, daß er bei Streitigkeiten zwischen seinen Mitbürgern häufig zum Schiedsrichter aufgerufen ward. Eine Anekdote wird als Beleg seines Scharfsinnes bei dergleichen Vorfällen erzählt. Die Kaaba hatte durch Feuer Schaden gelitten und erfuhr eine Ausbesserung, in deren Verlauf der heilige schwarze Stein versetzt werden mußte. Unter den Häuptlingen der verschiedenen Stämme erhob sich darüber Streit, welchem von ihnen das Recht zustünde, eine so heilige Pflicht zu erfüllen, und sie beschlossen, die Entscheidung der ersten Person, welche durch das Thor Al Haram eintreten würde, abzuwarten. Diese Person war zufällig Mohammed. Nach Anhörung ihrer verschiedenen Ansprüche befahl er, daß ein großes Tuch auf dem Boden ausgebreitet und der Stein darauf gelegt werden, und daß ein Mann aus jedem Stamme den Rand des Tuches anfassen sollte. Auf diese Art wurde der heilige Stein gleichmäßig und zu derselben Zeit von ihnen Allen bis zu gleicher Höhe mit dem bestimmten Platze erhoben, an welchem ihn Mohammed mit seinen eigenen Händen befestigte.
Vier Töchter und ein Sohn waren die Frucht der Ehe mit Khadidschah. Der Sohn hieß Kasem, weshalb Mohammed, der arabischen Namenertheilung gemäß, öfters Abu Kasem, d.i. Vater Kasems, genannt wurde. Dieser Sohn starb jedoch in der Kindheit.
Nach seiner Verheirathung setzte er die Handelsgeschäfte noch mehrere Jahre fort, indem er die großen arabischen Märkte besuchte und mit den Karavanen weite Reisen machte. Seine Expeditionen waren nicht so gewinnreich wie in den Tagen, wo er als Geschäftsführer arbeitete, und der mit seiner Gattin erlangte Wohlstand verminderte sich im Verlaufe seiner Unternehmungen eher, als er sich mehrte. Dieser Wohlstand hatte ihn in der That der Nothwendigkeit überhoben, für sein Bestehen sich abzumühen, und ihm Muße verschafft, dem ursprünglichen Hange seines Geistes zu fröhnen, nämlich einer Neigung zur Grübelei und zur religiösen Betrachtung, welche er von seinen frühesten Jahren an gezeigt hatte. Diese war während seiner Reisen durch den Umgang mit Juden und Christen genährt worden; sie waren ursprünglich Flüchtlinge der Verfolgung halber, jetzt aber zu Stämmen vereinigt und bildeten einen Theil der
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